Digitalisierung
Mit elektronischer Zutrittskontrolle lassen sich Räume und Bereiche in Gebäuden und Liegenschaften klar strukturieren und nur für berechtigte Personen zugänglich machen. Sie bietet aber noch mehr, wenn man sie mit Drittsystemen verknüpft.

Ein großer Vorteil von elektronischen Zutrittskontrollanlagen insbesondere auch für Einrichtungen des Gesundheitswesens sind die Optionen der Verknüpfung mit Drittsystemen. Hier besteht heute zunehmend der Bedarf, dass Systeme der Sicherheits- und Gebäudetechnik nicht nur parallel nebeneinander arbeiten, sondern interagieren. Auslöser ist häufig der Wunsch nach einheitlichen und nachvollziehbaren digitalen Prozessen, die Mitarbeiter entlasten und das Sicherheitsniveau heben sollen.
Die Anwendungsgebiete hierfür sind vielfältig. Die Palette reicht von klassischen Sicherheitsgewerken wie Videoüberwachung, Fluchtwegsteuerung und Physical Security Information Management (PSIM) über Raummanagement und Zeiterfassung bis hin zu Unterweisungssystemen für Arbeitsschutz, Präsenzmeldung und Gebäudemanagement.
Elektronik ersetzt Mechanik
Häufige Schnittstellen für die Zutrittskontrolle sind Flucht- und Rettungswegsysteme sowie Einbruchmeldeanlagen (EMA), deren Bedienung z.B. über Schlüsselschalter erfolgt. Die Integration findet dabei über die Kombination der Hardware und das Hinterlegen entsprechender Berechtigungen in der Zutrittsmanagementsoftware statt.
Bei Flucht- und Rettungswegsystemen steht eine reibungslose Funktion im Notfall im Vordergrund. Häufig liegen Flur- oder Treppenhaustüren in Fluchtwegen und müssen somit bei einem Brand in Fluchtrichtung frei begehbar sein. Im Normalbetrieb hingegen sollen diese Zugänge nicht für alle Personen zugänglich sein, gleichzeitig sollen berechtigte Personen keinen Alarm auslösen. Um das zu gewährleisten, werden nach EN 179 oder EN 1125 sowie EN 1634 zertifizierte elektronische Beschläge an der Außenseite der Türen und ggf. Panikstangen an der Innenseite installiert. In den Schlüsselschaltern des Flucht- und Rettungswegsystems kommen elektronische Halbzylinder zum Einsatz, die den mechanischen Zylinder zum Schalten ersetzen.
Ähnlich lassen sich EMA und Zutrittskontrolle verknüpfen. Auch hier werden die Schlüsselschalter mit elektronischen Halbzylindern ausgestattet, wodurch diese dann mit dem Identmedium bedient werden können. Zugleich besteht die Option, EMA über Wandleser und Türsteuerungen direkt scharf und unscharf zu schalten. Über in der Software hinterlegte Zeitprofile ist zudem eine automatische Aktivierung und Deaktivierung der Einbruchmeldeanlage möglich.
Mehr Effizienz durch Integration in IT-Systeme
Die Verknüpfung mit IT-Systemen vereinfacht die Bedienung der Zutrittskontrolle. Um die Struktur der Berechtigungsgruppen nicht komplett neu erarbeiten zu müssen, bietet sich eine Integration mit dem Active Directory an. Dadurch erspart man sich nicht nur viel Arbeit, sondern erreicht zudem eine homogene Berechtigungsstruktur über mehrere interne Systeme hinweg. Außerdem lassen sich beispielsweise die Stammdaten mit dem ERP-System synchronisieren, um sie in der Zutrittssoftware nicht doppelt eintragen zu müssen und sie immer auf dem aktuellen Stand zu halten. Dabei kann man weitere Parameter berücksichtigen, um z.B. bei einem Funktions- oder Standortwechsel von Mitarbeitenden diese automatisch einer neuen Zutrittsgruppe hinzuzufügen. Diese Funktion ist für Krankenhäuser nützlich, wenn Gebäudeteile oder Bereiche in Intensivstationen umgewidmet und mit entsprechenden Zutrittsbeschränkungen ausgestattet werden sollen. Im Gegensatz zu mechanischen Schließsystemen, bei denen Schließzylinder ausgetauscht, Schlüssel eingesammelt und ausgegeben werden müssen, erledigen das Zutrittslösungen mit ein paar Mausklicks.
Zutrittskontrollsysteme verwenden heutzutage üblicherweise IP-Infrastruktur für die Datenübertragung. Entsprechend können sie darüber mit Drittsystemen interagieren. Ein Beispiel sind Webhooks. Diese ermöglichen es, einer Server-Software mitzuteilen, dass ein bestimmtes Ereignis eingetreten ist, und eine Reaktion auf das Ereignis auszulösen. Wenn eine Anwendung über ein eingetretenes Ereignis mittels Webhook informiert, müssen an dem Ereignis interessierte andere Anwendungen kein Polling betreiben, um von dem Ereignis Kenntnis zu erlangen. Das reduziert das Nachrichtenaufkommen zwischen den Anwendungen. So werden in der Praxis z.B. Ticketsysteme angebunden.
Wirtschaftlichkeit steigern
Die Zutrittskontrolle lässt sich auch in klassische Gebäudetechnik integrieren. Hier ist das Ziel eine effizientere Bewirtschaftung von Gebäuden, indem das Zutrittsmanagement als Aktuator fungiert. Es werden z.B. Stromverbraucher nur dann angeschaltet, wenn eine berechtigte Person anwesend ist. Das können Licht, Heizung oder Jalousien sein, aber auch jedes weitere vernetzte Gerät. Die Integration von Zutrittskontrolle und Gebäudetechnik trägt so zu Kosteneinsparungen bei. Zugleich gewährleistet sie eine selektive, effiziente und nachvollziehbare Nutzung von Ressourcen.
Anwendungsbeispiele
Hirslanden AG: Das größte medizinische Netzwerk der Schweiz nutzt die Stammdaten aus SAP über eine Synchronisation auch in der Zutrittsmanagementsoftware und spart sich damit doppelte Datenpflege. In einigen Kliniken der Gruppe ist die Ausgabe von gewaschener Dienstkleidung mit in die Zutrittskontrolle eingebunden. Und dank Multiapplikation auf der Karte lassen sich zudem mit dem Identmedium nicht nur Türen öffnen, sondern auch in der Cafeteria bargeldlos bezahlen, Druckaufträge abholen („Follow me printing“) und das Parkplatzmanagement der Mitarbeiter steuern. In einigen Häusern ist obendrein die Zeiterfassung auf diese Weise integriert.
Evangelisches Krankenhaus Mülheim: Die Einrichtung profitiert insbesondere von Prozessoptimierungen: Die externen Dienstleister, welche die zahlreichen elektronisch gesicherten Arzneimittelschränke und mobilen Pflegewagen regelmäßig nachbestücken, besitzen eigene Zutrittsausweise. Dadurch ist diese Arbeit jetzt unangekündigt und ohne Anwesenheit eines Krankenhausmitarbeiters möglich. Zugleich sparen sich die Krankenhausmitarbeiter das zeitaufwändige Suchen nach den passenden Schlüsseln für die mobilen Medizinwagen, die über mehrere Abteilungen hinweg genutzt werden.
Kantonsspital Baden: In dem Krankenhaus werden die automatischen Türsysteme an den Außeneingängen für die Verriegelung über die Zutrittskontrolle angesteuert. Überdies wurde die Zutrittslösung mit der Fluchtwegsteuerung und der Alarmanlage der Apotheke integriert. Zusätzlich dienen die Mitarbeiterausweise der Multiapplikation von Zutrittskontrolle, Zeiterfassung, bargeldlosem Bezahlen und dem PC-Login.
Estrel Berlin: In Deutschlands größtem Hotel sind die Reinigung der Kleidung, Zutrittskontrolle und Umkleiden miteinander verknüpft. Die Mitarbeiter geben am Dienstende ihre Uniform in die Reinigung und können sie zum Dienstantritt am nächsten Tag mit ihrer Zutrittskarte automatisiert aus der Reinigung abholen. Die Spinde, die mit elektronischen Schrankschlössern gesichert werden, sind dadurch frei zuordenbar und nur während der Arbeitszeit belegt. Auf diese Weise spart das Hotel nicht nur heute Platz und Kosten, sondern hat noch Erweiterungspotential in der Zukunft.
Industrielle Werke Basel: In den Basler Stadtwerken wurde die Zutrittskontrolle mit der Unterweisungssoftware für Arbeitsschutz integriert. Externe Mitarbeiter müssen eine obligatorische Online-Schulung absolvieren, wenn sie das Betriebsgelände betreten wollen. Über eine Standardschnittstelle ist diese Software mit dem Zutrittsmanagement verbunden, wodurch nur dann ein Ausweis ausgestellt wird, wenn der/die Betreffende die Schulung tatsächlich durchlaufen hat.
Connext Campus Paderborn: Die Zutrittskontrolle ist u.a. mit automatischen Türsystemen, um Zugänge deaktivieren zu können, sowie mit Brandschutz- und Fluchtwegtüren verknüpft. Da auf dem Campus einige Bereiche besonders gesichert sind, wurde zugleich eine Anbindung an die Alarmanlage umgesetzt, die über Wandleser scharf- oder unscharf geschaltet wird.Aiglon College Chesières: Die Schweizer Internatsschule übernimmt die Stammdaten aus ihren IT-Systemen und nutzt eine Prozessintegration mit dem ERP. Wenn ein Schüler z.B. sein Haus wechselt und das im ERP-System hinterlegt wird, werden automatisch die neuen Zutrittsrechte zugewiesen. Das betrifft Lehrer und andere Angestellte ebenso.