Impfverhalten der Risikogruppe Mitarbeiter Influenza-Impfung: Anreize wichtiger denn je

Mitarbeiter von Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen gehören laut STIKO zur Risikogruppe. Doch häufig fehlt die Bereitschaft, sei es aus Zweifel an der Effektivität oder Angst vor Nebenwirkungen. Aktueller wissenschaftlicher Hintergrund kann helfen, Mitarbeiter zur Impfung zu bewegen.Aufgrund von Influenza kommt es jährlich bis zu 7 Millionen zusätzlichen Arztbesuchen, etwa 45.000 Krankenhauseinweisungen und mehr als 20.000 Todesfällen (RKI 2019). Die Ständige Impfkommission (STIKO) des RKI hat auch dieses Jahr wieder zur Impfung von Risikogruppen geraten. Dazu gehören neben z.B. Bewohnern in Alters- und Pflegeheimen und Menschen über 60 Jahren auch Beschäftigte in Gesundheitseinrichtungen (STIKO 2020). Die Impfquote dieser Risikogruppen liegt nach wie vor deutlich unter den von der EU geforderten 75 Prozent, wie auch von der Nationalen Lenkungsgruppe Impfen angemahnt wurde. Um das Impfverhalten des Krankenhaus- und Pflegeeinrichtungspersonals und die Gründe für und gegen eine Impfung besser beobachten zu können, führt das RKI seit 2018 die OKaPII-Studie als anonymisierte Onlinebefragung in teilnehmenden Kliniken durch. So waren in der Saison 2017/18 insgesamt 39,3 Prozent der Befragten gegen Influenza geimpft, wobei die Impfquote der ärztlichen Mitarbeiter (59,4 Prozent) deutlich über der des Pflegepersonals (31,1 Prozent) lag. Dabei wurde der Schutz der eigenen Gesundheit sowie des persönlichen Umfelds und der Patienten als Grund für eine Impfung genannt, dagegen wurden Zweifel an der Effektivität der Impfung, Angst vor Nebenwirkungen sowie organisatorische und zeitliche Gründe angeführt (Bödeker 2019). Schutz des Einzelnen und der EinrichtungDamit zeigt sich: Aufklärung und Sensibilisierung der Mitarbeiter ist die wichtigste Maßnahme zur Steigerung der Impfquote. Den Mitarbeitern gilt es zu verdeutlichen, dass die Impfung dem Schutz des Einzelnen dient und die Weiterverbreitung in der Bevölkerung sowie hausinterne nosokomiale Infektionen reduzieren soll (Bödeker 2019). Die zwei wichtigsten Faktoren für den Verlauf der jährlichen Grippewelle sind die Grundimmunität der Bevölkerung durch die im Vorjahr Geimpften und Infizierten sowie die Variabilität der zirkulierenden Virusstämme, die auch jährlich neue Impfstoffe erforderlich macht. Wie kommt es zur Variabilität der Influenza-Viren? Die Subtypen Influenza A und B zählen zu den Orthomyxoviridae und sind für die saisonalen Ausbrüche der Influenza beim Menschen verantwortlich. Die genaue Bezeichnung der Influenza-A-Subtypen richtet sich nach den vorhandenen Varianten der Proteine Hämagglutinin (HA) und Neuraminidase (NA), die wie Stacheln (Spikes) auf der Virusoberfläche sitzen und für das Eindringen der Viren in die Zellen des Rachenraums von Bedeutung sind. Sie zeigen von Stamm zu Stamm große Variabilität, werden mit Nummern (H1 bis H18 und NA1 bis NA11) unterschieden und sind Zielantigene der Immunantwort. Influenza B-Stämme tragen ebenfalls diese Antigene, werden allerdings nach dem Ort des ersten Auftretens benannt (RKI-Ratgeber). Ursache der vielen Virusvarianten sind Sequenzveränderungen (Mutationen) im Erbgut der Viren. Diese treten auch ohne besondere Einflüsse spontan durch Lesefehler der Replikationsenzyme bei der Virusvermehrung auf und werden mangels Reparaturmechanismen direkt an die Nachkommen weitergegeben. Bei Mutation einzelner Basen (Punktmutationen) und damit kleinen Veränderungen der Virusantigene spricht man von Antigendrift; beim Rearrangement ganzer Abschnitte und damit deutlichen Änderungen der Virusantigene vom Antigenshift (RKI-Ratgeber). Empfehlungen zur Herstellung saisonaler Influenza-ImpfstoffeZur Auswahl der geeigneten Impf-antigene dienen die Empfehlungen der WHO, die weltweit epidemiologische und klinische Daten im Globalen Influenza Surveillance und Response System (GISRS) auswertet. Die Bestimmung der zirkulierenden Virusstämme erfolgt dezentral in den 146 Nationalen Influenza-Zentren der WHO-Mitgliedstaaten, in Deutschland vertreten durch das Nationale Referenzzentrum für Influenza des RKI. Anhand der Ergebnisse prognostiziert die WHO alljährlich (für die Nordhalbkugel im Februar, für die Südhalbkugel im September) die in der nächsten Saison wahrscheinlich auftretenden Virusstämme. Impfstoffe auf Basis der Prognosen werden derzeit mit drei (trivalent) oder vier Antigenen (tetravalent) hergestellt, um eine breite Abdeckung der zirkulierenden Viren zu erreichen. Die STIKO empfiehlt generell seit November 2017 den Einsatz einer Vierfachimpfung als kostengünstige Präventionsmaßnahme mit großer Bandbreite. Darüber hinaus wurde auch vom Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) mit der Schutzimpfungsrichtlinie beschlossen, dass die sogenannte Grippeschutzimpfung ab der Saison 2018/19 mit einem tetravalenten Impfstoff erfolgen soll, der somit zur Pflichtleistung der gesetzlichen Krankenversicherung für Risikogruppen zählt. Herstellung und Parameter der gängigen ImpfstoffeDie meisten Influenza-Impfstoffe sind Totimpfstoffe. Diese enthalten inaktivierte Viren bzw. Virusbestandteile, die nicht vermehrungsfähig sind, aber ausreichend immunogen, um eine Immunantwort mit nachfolgendem Immunschutz auszulösen. Die zur Produktion des Impfantigens benötigten Viren werden in Laborkultur in Hühnereiern oder Zelllinien vermehrt und mithilfe von Hitze oder Chemikalien aufgereinigt. Zu unterscheiden sind Ganzvirus-, Spalt- und Untereinheitenimpfstoffe; letztere sind am stärksten aufgearbeitet und damit besser verträglich, was allerdings auf Kosten von Immunogenität und Wirksamkeit geht. Um die benötigte Antigendosis möglichst gering zu halten, werden vielen Impfstoffen Wirkstoffverstärker (Adjuvantien) zugesetzt, die immer wieder mit Allergien in Zusammenhang gebracht werden und eine ablehnende Haltung gegenüber Impfungen beflügeln. Allerdings sind gerade klassische Adjuvantien wie MF59, Polysorbat oder Aluminiumhydroxid weitreichend untersucht und in Sicherheitsbewertungen des Paul-Ehrlich-Instituts als unbedenklich beschrieben. Für Kinder im Alter von zwei bis 17 Jahren ist in Deutschland ein tetravalenter, attenuierter Influenza-Lebendimpfstoff (Live Attenuated Influenza Vaccine, LAIV) als Nasenspray zugelassen. Lebendimpfstoffe werden – anders als Totimpfstoffe – in speziell kontrollierten Bruteiern hergestellt und zur Abschwächung der Pathogenität über mehrere Kulturpassagen selektioniert (Wagner & Hildt 2019). Alle in Deutschland zugelassenen Impfstoffe sind immer aktuell unter www.pei.de/DE/arzneimittel/impfstoffe/impfstoffe-node.html recherchierbar. Mitarbeiter zur Grippe-Impfung motivierenUm Impf-Bedenken entgegenzutreten, setzen einige Kliniken z.B. auf folgende Werbe- und Informations-Aktionen: die Einrichtung von Impf-stationen, mobile betriebsärztliche Impfteams, betriebsärztliche Impfhotlines und Anreize durch Tombolas und Werbemittel, Fortbildungen durch hausinterne und externe Experten,Flyer und Informationen im Intranet. Hierüber informiert eine Broschüre des RKI (RKI 2019).

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