KRINKO-Neufassung 10/2022 Immer noch unverbindlich?

Die Übertragungswege von kontaminierten Flächen zu Patientinnen und Patienten müssen durch eine desinfizierende Oberflächenreinigung unterbrochen werden. Doch was heißt das für die konkrete Umsetzung bei der täglichen Krankenhausreinigung auf der Station und im Patientenzimmer? Das Robert Koch-Institut schreibt den patientennahen Flächen wie Bett oder Nachtschrank ein erhöhtes Risiko als Infektionsquelle zu. Die Unverbindlichkeiten der Empfehlungen der KRINKO standen schon öfter in der Kritik. Dies hat sich auch nach den im September veröffentlichten „Anforderungen an die Hygiene bei der Reinigung und Desinfektion von Flächen – Empfehlung der Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention (KRINKO) beim Robert Koch-Institut“ nicht grundlegend geändert. Hinzu kommt, dass die Umsetzung der Anforderungen an die Hygiene nach wie vor mit einem zeitlichen und finanziellen Aufwand verbunden ist. Mit Einführung des DRG-Fallpauschalen-Systems wurden die Kosten der Hausreinigung v.a. für freie Dienstleistungsanbieter teilweise drastisch reduziert, dass bereits die Ziele aus den vorhergehenden Anforderungen der KRINKO von 2004 betriebswirtschaftlich nicht umzusetzen waren. Dies betrifft zum einen die Qualität der Flächendesinfektion, die bislang im Multibarrierensystem der Infektionsprävention zwar einen Stellenwert hatte, aber die Reinigungsqualität und -konformität dem Zufall überließ, weil raum- und gegenstandsbezogene Leistungsverzeichnisse für das Hygieneteam, die Pflege sowie die Unterhaltsreinigung fehlten. Zum anderen sank mit den Fallpauschalen das Ansehen und die Attraktivität des Berufsbildes der Reinigungskraft, die eigentlich „Reinigungsfachkraft im Krankenhaus“ heißen sollte. Dies hat dazu geführt, dass die Kliniken unter Personalmangel leiden und die Abwanderung der Mitarbeitenden in andere Bereiche der Dienstleistung anhält. Die Kliniken stehen mit der Neufassung der KRINKO und den gestiegenen Anforderungen an den Reinigungsdienst, die sich aus den Forderungen der Empfehlungen unter Einbeziehung der DIN 13063:2021-09 „Krankenhausreinigung – Anforderungen an die Reinigung und desinfizierende Reinigung in Krankenhäusern und anderen medizinischen Einrichtungen“ ergeben, nun vor der Aufgabe, einen kritischen Blick auf vorhandene Verfahrensweisen zu werfen, die die Struktur-, Prozess- und Ergebnisqualität sicherstellen. Revolution der Flächendesinfektion? Die gute Nachricht: Die Blaupause für eine Challenge in Bezug auf die Oberflächendesinfektion liegt mit der Neufassung der KRINKO vor. Das Robert Koch-Institut unterscheidet in seiner Risikobewertung erstmals zwischen patientennahen Flächen wie Bett oder Nachtschrank sowie patientenfernen Flächen und schreibt den patientennahen Flächen ein erhöhtes Risiko als Infektionsquelle zu. Ebenso wird Flächen mit häufigem Hand- und Hautkontakt wie Lichtschalter oder Türgriffe ein erhöhtes Übertragungsrisiko attestiert. Einer fach- und sachgerechten desinfizierenden Reinigung dieser Flächen kommt nun eine Schlüsselrolle innerhalb der Basishygiene, u.a. zur NI-Prävention, zu. Die Verantwortung für die Reinigung und Desinfektion von Flächen liegt bei der Abteilung Hygiene, dem Reinigungsdienst und der Krankenhausgeschäftsführung. Eine desinfizierende Oberflächenreinigung verhindert die Übertragung von Krankenhauskeimen und fällt damit in die Kategorie der Präventionsmaßnahmen. Die scheinen in der Medizin einen großen Haken zu haben: „There is no glory in prevention.“ Vor dem Virologen Christian Drosten war es der ungarisch-österreichische Chirurg und Geburtshelfer Ignaz Semmelweis, der diese Erfahrung vor fast 200 Jahren machen musste. In Bezug auf eine gute Krankenhaushygiene, die präventiv und interdisziplinär agiert, könnte die Rechnung jedoch aufgehen. Denn der Schutz der Patientinnen und Patienten durch eine Reduzierung von nosokomialen Infektionen führt zur Absenkung von Kosten für die Klinik. Die in vielen Publikationen bezifferten Kosteneinsparungen einer verlängerten Krankenhausverweildauer, Kosten erweiterter therapeutischer Maßnahmen, Opportunitätskosten sowie der intangiblen Kosten reichen aus, um den Satz „Hygiene kostet Geld. Keine Hygiene kostet mehr Geld“ zu beweisen. To-dos für Krankenhäuser Um die Anforderungen der Neufassung der KRINKO zu erfüllen, ergeben sich folgende To-dos: Risiken analysieren und Hygienelücken benennen.Qualitätsziele definieren, Maßnahmen erkennen und priorisieren, ein umfassendes, schriftlich niedergelegtes Qualitätsmanagementsystem etablieren.Standardarbeitsanweisungen entwickeln, in Praxis und Theorie vermitteln und auf dem jeweiligen Stand der Wissenschaft halten..Schulungs- und Qualifizierungsprogramme für Fach- und Führungskräfte im Reinigungsdienst erarbeiten und durchführen.Kontinuierliches Prozessmonitoring entwickeln und dessen Überwachung sicherstellen. Gute Fachkraftausbildung gefordert Die Desinfektion und Reinigung im Krankenhaus bleibe ein „people’s business“. Darüber können auch die guten Entwicklungen im Bereich der Robotik zur Unterstützung von Reinigungstätigkeiten nicht hinwegtäuschen. Ohne die Reinigungsfachkräfte ist eine Umsetzung der Anforderungen nicht machbar. Der Mensch steht hier tatsächlich im Mittelpunkt der Transformation und des Changemanagements. Je mehr der Wert der anspruchsvollen Arbeit als Reinigungsfachkraft im Krankenhaus durch Qualifikation, gute Arbeitsorganisation, Prozessorientierung, Wahrnehmung und Wertschätzung in den Mittelpunkt gerückt wird, desto besser sind die Kosten für diese Dienstleistung zu rechtfertigen und die Erfolge in der Umsetzung messbar, weil z.B. Stationsschließungen wegen Noroviren nicht mehr vorkommen sollen. Wann wird den hohen Anforderungen an die Arbeit und den dafür notwendigen Befähigungen der Reinigungskräfte durch eine Fachkraftausbildung endlich Rechnung getragen? Dies wäre ein guter Weg, um das Berufsbild aufzuwerten und den immensen Kosten für die Personalrekrutierung zu begegnen und die Fluktuationskosten einzudämmen. Eine Reinigung und Desinfektion, die nach den Kriterien eines erprobten Qualitätsmanagementsystems erfolgt, wird nicht nur beim Arbeitsschutz und beim Rückgang von Krankentagen punkten, sondern zu betriebswirtschaftlichen Effekten führen, die die notwendige Investition nicht nur rechtfertigen, sondern vollständig auffangen. Kontakt zum Autor: Thomas Meyer, thomas.meyer@hysyst.com

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