Pflegereform Holetschek dringt auf „Pakt für die Pflege“

Bayerns Gesundheits- und Pflegeminister Klaus Holetschek hat die Bundesregierung aufgefordert, einen „Pakt für die Pflege“ auf den Weg zu bringen. Am Sonntag, 17. September hat er hierzu fünf Kernpunkte vorgelegt.

Klaus Holetschek
Bayerns Gesundheits- und Pflegeminister Klaus Holetschek. – © StMGP/Andi Frank

Bundeskanzler Olaf Scholz übersehe bei seinem Vorschlag für einen ‚Deutschlandpakt‘, dass insbesondere bei der Pflege rasch und gemeinsam gehandelt werden müsse. „Dafür muss das Bundeskabinett an einem Strang ziehen. Das ist bislang offensichtlich nicht der Fall“, wird Holetschek in einer Mitteilung des Ministeriums zitiert. Ohne Unterstützung der gesamten Bundesregierung gelinge keine wirksame Pflegereform.

Holetschek kritisierte: „Bislang hat der Kanzler den Gesundheitsminister im Ringen mit Finanzminister Christian Lindner nicht ausreichend unterstützt. Das zeigen die geplanten Etat-Kürzungen des Bundesgesundheitsministeriums um mehr als acht Milliarden Euro. Aber die Herausforderungen in der Pflege sind eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe – und müssen deshalb auch vom gesamten Kabinett ernst genommen werden.“

Die fünf Kernpunkte des „Pakt für die Pflege“

Bayerns Gesundheitsminister hatte bereits am 7. September bei einer Rede im Deutschen Bundestag die Idee eines „Pakts für die Pflege“ aufgeworfen. Er schlug nun konkret fünf Kernpunkte für den Pakt für die Pflege vor, deren Umsetzung auf Bundesebene erforderlich ist:

  1. Attraktive Gehaltsstrukturen
    „Es braucht steuerfreie Gehaltsbestandteile für Pflegekräfte. Die Steuerfreiheit für Zulagen muss ausgeweitet werden, erklärt Holetschek. Dies mache nicht nur den Pflegeberuf finanziell attraktiver und drücke eine größere gesellschaftliche Wertschätzung aus. Es soll auch die Pflegebedürftigen vor weiteren finanziellen Belastungen bewahren.
  2. Attraktive Arbeitsbedingungen
    Erforderlich seien flächendeckend verlässliche Arbeitszeiten durch die Finanzierung von Springerkonzepten und die Ermöglichung einer unbürokratischen Umsetzung. Darum soll zum einen der einrichtungs- und trägerübergreifende Einsatz von Springerkräften unbürokratisch möglich sein. Zum anderen so finanziert werden, ohne die Pflegebedürftigen weiter zu belasten. Die Vereinbarkeit von Job und Familie sei ein zentraler Punkt, wenn es darum gehe, den Pflegeberuf attraktiver zu machen. Die Pflegekräfte fordern zurecht verlässliche Dienstpläne und Erholungszeiten – und damit auch Planbarkeit für ihr Privatleben. Dazu gehöre auch die Eindämmung der Ungleichheit, die z.B. durch das Zunehmen der Leiharbeit in der Mitarbeiterschaft entsteht. Es dürfe nicht sein, dass jemand aus einer Leiharbeitsfirma bessere Arbeitszeitmodelle hat als jemand, der fest in einer Einrichtung arbeitet. Bayern fördert deswegen ein Modellprojekt mit bis zu 7,5 Millionen Euro, das Springerkonzepte erprobt.“
  3. Mehr (und nicht weniger!) Bundesmittel
    Die Bundesregierung müsse ihrer Ankündigung nachkommen, versicherungsfremde Leistungen mit Bundesmitteln zu finanzieren, anstatt sie den Beitragszahlern der Pflegeversicherung aufzubürden. Dies gelte insbesondere für die Kosten der Rentenversicherung für pflegende Angehörige und die Kosten der Pandemiebekämpfung, die noch immer die Pflegeversicherung belasten. Auch die Ausbildungsumlage müsse als gesamtgesellschaftliche Aufgabe aus der Pflegevergütung herausgenommen werden.
  4. Strukturreform
    Das Leistungsrecht der pflegerischen Versorgung sollte konsequent vereinfacht und flexibilisiert werden. Nachhaltige Entbürokratisierung könne nur gelingen, wenn
    – der gesetzliche Rahmen der Leistungserbringung vereinfachten und
    – es Pflegeanbietern ermöglicht werde, ihre Angebote konsequent an den Bedarfen der Pflegebedürftigen auszurichten und nicht an Abrechnungsmöglichkeiten.
    Dafür brauche es eine echte Strukturreform der Pflegeversicherung inklusive der Aufhebung der Sektorengrenzen im Leistungsrecht und Schaffung von flexibel nutzbaren Budgets.
  5. Lohnersatzleistung für pflegende Angehörige
    „Nicht vergessen dürfen wir pflegende Angehörige. Wenn wir den Familien es nicht ermöglichen, ihren pflegebedürftigen Angehörigen zur Seite zu stehen, wird die pflegerische Versorgung zusammenbrechen“, betonte Holetschek. Kinderbetreuung und Pflege müsse gesellschaftlich gleichzustellen sein. Dafür brauche es eine Lohnersatzleistung für pflegende Angehörige analog zum Elterngeld. Dies bedeute, dass in der Regel 65 Prozent des Nettoeinkommens gezahlt werden sollten, wenn jemand eine pflegebedingte Auszeit aus dem Beruf nimmt.