In seiner aktuellen Kolumne beschäftigt sich Eckhard Eyer mit einem wertorientierten Gesundheitswesen und beleuchtet neue Entwicklungen in diese Richtung.

Die Gesundheitsversorgung der Menschen in der Bundesrepublik Deutschland stößt an ihre Grenzen. Die Innovationen der 2000er Jahre, mit Fallpauschalen im Krankenhaus und der zunehmenden Ökonomisierung der Gesundheitswirtschaft, haben sich nicht bewährt. Ein Nachsteuern im Sinne einer Reform, wenn nicht gar eine Revolution im Gesundheitswesen, ist notwendig. Neue Ideen und wertvolle Erfahrungen haben Konjunktur und stehen miteinander im Wettbewerb.
Aus Erfahrungen lernen
Es scheint als müssten wir in der Gesundheitswirtschaft den Mangel verwalten. Waren in meiner Kindheit Ärzte als „Götter in Weiß“, sei es im Krankenhaus oder als niedergelassene Ärzte und Freiberufler, geschätzte Berufe und Menschen so hat sich das Berufsbild stark geändert. Ich erlebe Ärzte, die sich in den frühzeitigen Ruhestand verabschieden und ihre Praxis aufgeben, weil sie sich nicht mehr als Ärzte, sondern als Verwaltungsfachangestellte, fühlen. Und das wollen sie nicht sein, das entspricht nicht ihrem Berufsbild und -ethos.
Medizinische Versorgungszentren ein Ausweg?
Ein Trend der sich immer mehr abzeichnet ist die Gründung von Medizinischen Versorgungszentren (MVZ), die nicht selten von – internationalen – Investoren gegründet werden und die ihre angestellten Ärzten und Ärztinnen die Administration weitgehend abnehmen, damit diese sich auf ihre Profession, das Heilen und die Gesundheit ihrer Patienten, fokussieren können. In den MVZ können Medizinerinnen und Mediziner auch Familie und Beruf verbinden und ihre Work-Life-Balance leben. Ärzte und Ärztinnen in Teilzeit sind dort nicht selten. Die MVZ erinnern mich an ein ähnliches Modell in der Vergangenheit, die Erfahrungen mit Polikliniken in der DDR, die in einer Mangelwirtschaft erfolgreich arbeiteten. Parallelen tun sich auf, auch durch den schnellen Zugriff auf die – damals noch nicht digitalisierten – Patientenkarteien.
Der kleine Unterschied
Die Erfahrung zeigt, dass Investoren die Praxen übernehmen dafür circa 50 Prozent mehr zahlen als die „marktüblichen Preise“. Die Frage stellt sich was in einer Marktwirtschaft das primäre Motiv der Investoren ist, um MVZ zu gründen und zu betreiben. Es ist bekannt, dass Ärzte und Ärztinnen die Nachfrage ihrer Patienten, aufgrund ihres Expertenwissens als Machtbasis, steuern können. In MVZ sind – wie in Krankenhäusern – Zielvereinbarungen mit Ärzten über die von ihnen zu erreichenden Umsätzen und Gewinne nicht unüblich.
Werteorientiertes Gesundheitswesen
In diesem Kontext gibt es auch spannende Entwicklungen und Initiativen bezüglich eines werteorientierten Gesundheitswesens. Diese Initiativen stehen im Wettbewerb zu einer gewinnorientierten Gesundheitswirtschaft, deren Ertragspotential internationale Investoren entdeckt haben. Es wird interessant sein diese Initiativen, die den Kundennutzen, d h. die Gesundheit der Patienten und die Arbeitsbedingungen der Mitarbeitenden in den Vordergrund stellen, zu beobachten. Purpose:Health e.V. ist eine solche Initiative. Die Ärzte und Pflegefachkräfte werden entscheiden ob und welchen Erfolg diese Initiativen haben und ob sie im marktwirtschaftlichen Umfeld bestehen und der Gesundheitswirtschaft wichtige Impulse geben können.
Kontakt zum Autor
Eckhard Eyer, Perspektive Eyer Consulting, info@eyer.de