LMU Klinikum am Campus Großhadern Gesundheitsstadt mit „grünem Herzen“

Nach dem Modell des dänischen Super-Hospitals in Aarhus entsteht in München eine Krankenhausstadt, die die Menschen in den Fokus stellt. Einblicke in ein neues Krankenhaus, das menschliche, funktionelle sowie technische Anforderungen gleichermaßen erfüllen soll. Das Neubauvorhaben am Campus Großhadern, der zum Klinikum der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) in München, einem der führenden nationalen und internationalen Medizinstandorte gehört, bildet insgesamt sechs neue Klinikzentren. Der aktuelle Siegerentwurf aus dem Planungswettbewerb umfasst im Realisierungsteil den ersten Bauabschnitt des Großprojekts, in dessen Rahmen drei Zentren, das Herz-Lungen-Gefäßzentrum,das Onkologische Zentrum und das Diagnostikzentrum auf einer Fläche von insgesamt rund 70.000 Quadratmetern entstehen. Dieser erste Bauabschnitt deckt rund 60 Prozent des gesamten Bauvolumens des neuen Klinikums ab. Der Freistaat investiert rund eine Milliarde Euro. In weiteren Bauabschnitten werden ein Bauch-, Becken- und Transplantationszentrum, ein Kopfzentrum, ein Muskuloskelettales Zentrum und weitere Einrichtungen für Forschung, Lehre und Logistik errichtet. Insgesamt handelt es sich um das größte staatliche Bauvorhaben Bayerns seit der Errichtung des Klinikums in den 60er und 70er Jahren. Der Entwurf für den Campus Großhadern stammt von den Architekten C.F. Møller Architects und Henn, in Zusammenarbeit mit Sinai Landschaftsarchitekten und den Fachplanern HT Hospitaltechnik, Klett Ingenieure, Wetzel & von Seht, HHP Nord/Ost und Büro Heinekamp. Der Entwurf zeigt starke Einflüsse von den Entwicklungen im skandinavischem Gesundheitsbau – z.B. mit Großprojekten wie dem Universitätsklinikum in Aarhus (siehe HCM-Ausgabe 4/22). Die Idee der „Krankenhausstadt“ als strategische Flexibilität Als erstes und größtes der neuen „Superhospitals“ in Dänemarks ist das Universitätsklinikum Aarhus ein Vorreiter im Bereich der Healing Architecture und der nächsten Generation der patientenzentrierten Versorgung mit umfassender Landschaftsintegration, einem stadtähnlichen Layout für intuitive Wegfindung, Tageslichtversorgung überall, patientenzentrierte Umgebungen und Organisationsprinzipien sowie einem extrem hohen Maß an Zukunftsfähigkeit und Flexibilität in Layouts und Gebäuden. Das Design wurde unter systematischer Anwendung von wissens- und evidenzbasiertem Design erstellt: Das Konzept der Healing Architecture hat jede Entscheidung bezüglich des physischen Designs beeinflusst, von der Gestaltung von Einzelbettstationen über die Nutzung von Tageslicht und Lichteinfall in allen Räumen bis zu Orientierung, flexiblen Funktionen für die künftige Entwicklung und der Gestaltung der Landschafts- und Gartenräume. Das Herz des Komplexes ist ein grüner Park. Die gesamte öffentliche Erschließung erfolgt durch Kolonnaden. Ziel war es, möglichst viele Bedürfnisse, Anforderungen und Erwartungen der Patientinnen und Patienten zu erfüllen, die Einbeziehung der Angehörigen zu fördern und optimale Arbeitsbedingungen und optimierte Arbeitsabläufe für alle Mitarbeitenden zu gewährleisten. So sollte ein Krankenhaus geschaffen werden, in dem die Menschen im Mittelpunkt stehen. Geborgene Umgebung gepaart mit maximaler Funktionalität Für neue Großprojekte wie das neue Universitätsklinikum in Aarhus muss mit dem Entwurf ein Krankenhaus geschaffen werden, das ein hocheffizientes Layout aufweist und als freundlicher und informeller Ort wahrgenommen wird. Das Design kombiniert eine geborgene und kleinmaßstäbliche Patientenumgebung, die eine schnelle Genesung fördert, mit einer effizienten Arbeitsumgebung, die durch integrierte Technologie unterstützt wird, damit das Personal v.a. in der Nähe der Patientinnen und Patienten bleiben kann. Diese Entwurfsentscheidungen bilden die Grundlage des salutogenen Konzepts, das die Umsetzung allgemeiner Entwurfsprinzipien wie die ausschließliche Verwendung von Einzelbettstationen in kleinen, intimen Clustern und eine starke Symbiose zwischen Architektur und Landschaftsgestaltung umfasst, um überall den Blick auf und den Zugang zu grünen Landschaften zu gewährleisten. Ähnlich wie bei der modernen Stadtentwicklung werden auch Zukunftsperspektiven in das Gesamtdesign mit einbezogen. Das Krankenhaus ist so konzipiert und organisiert, dass es zukünftige Anforderungen an Technologien sowie Behandlungs- und Arbeitsmethoden flexibel erfüllen kann. Dies basiert auf mehreren Strategien. So vermeidet die stadtähnliche Organisation bewusst eine feste oder geschlossene Form, sondern lässt stattdessen überall Raum für zukünftige Erweiterungen. Ein Schlüsselkonzept ist außerdem, dass praktisch jeder Bereich im neuen Gebäude Tageslicht hat und der Querschnitt der Gebäude überall gleich ist. Dies bedeutet, dass alle Funktionen de facto austauschbar sind und Standardgrundrisse für z.B. OPs, Intensivstationen, Ambulatorien oder einfache Büroabschnitte verwendet werden können. Jeder Bereich kann so etwaige zukünftige Hauptfunktionen beherbergen, was eine extrem hohe Anpassbarkeit und Zukunftsfähigkeit bedeutet. In vieler Weise erinnert dieser Ansatz an die Qualitäten der Pavillon-Hospitals des frühen 20. Jahrhunderts, wo ebenfalls kleinteilige Baukörper mit viel Tageslicht und nähe zum Grün umgesetzt wurden, was den damaligen Erkenntnissen der Hygiene und Pflege entsprach. Wo die ersten Generationen dieser Typologie oftmals für heutigen klinischen Betrieb zu stark unterteilt waren, konnten spätere Beispiele wie das erste Krankenhaus der Universität Aarhus (von C.F. Møller und Kay Fisker ab 1931 erbaut) sich erfolgreich über 80 Jahre lang wechselnden Bedarfen und Neuerungen anpassen, da hier simple Grundrissformen, Durchleuchtung und grüne Freiräume mit engeren baulichen Verknüpfungen kombiniert waren. Die einfache, aber hochwertige Architektur hat als Inspiration für das Konzept des neuen Uniklinikums gedient und wird nach dem Umzug des klinischen Betriebs von der Universität nachgenutzt. Grüne Ausblicke nach einem Modell in Aachen Ähnliche Prinzipien haben sich bereits in anderen komplexen Projekten wie der Erweiterung des RWTH Klinikums in Aachen bewährt, wo zur Vermeidung von Eingriffen in die vorhandene, ikonische und denkmalgeschützte Architektur große Teile der Erweiterung unter die Erde verlegt werden. Der Erweiterungsbau mit Operationsbereich, Intensivstationen und Empfangshalle ist unter eine grüne und üppige Parklandschaft verlegt. Das niedrige Gebäude erhebt sich in einer geschwungenen Bewegung zur Empfangshalle, die zusammen mit ihrem Ausblick auf die grüne Parklandschaft einen freundlichen und einladenden Eindruck vermittelt und intuitiv auf den richtigen Weg führt.Trotz der versenkten Bauweise sind auch hier alle Funktionen mit Tageslicht und grünen Ausblicken versehen und somit auch spätere Anpassungen in den Nutzungsbildern schon mitberücksichtigt. Campus Großhadern: Auf Wiedersehen, Gesundheitsfabrik! Für den neuen Campus Großhadern sind die Leitgedanken eine komplette Umwandlung der bestehenden Bausubstanz, hin zu einer grünen, vernetzten und freundlichen Umgebung für zukunftsfähige medizinische Versorgung, Forschung und Lehre. Unter dem Motto „von der uniformen Gesundheitsfabrik zu einer abwechslungsreichen und grünen Krankenhausstadt im menschlichen Maßstab“ werden so die Ansätze aus den genannten Beispielen auf dem Standort integriert und verknüpfen sich mit bestehenden Qualitäten wie dem attraktiven, aber wenig genutzten Patientengarten. Grünraum als „Lunge“ verbindet Forschung und Versorgung Während die medizinische Exzellenz im Vordergrund steht, bildet der im Masterplan erweiterte und erschlossene Park das zentrale Motiv des Entwurfs. Er ist Begegnungsraum für Besuchende, Patientinnen und Patienten, das wissenschaftliche Personal und die Studierenden. Die Verflechtung zwischen dem Park – der Lunge des Areals – und der Magistrale – dem logistischen Herzen des Krankenhauses – stellt die Besonderheit des vorliegenden Masterplans dar. Durch die Dachbegrünung der Magistrale und zahlreiche Terrassen im Inneren werden Naturelemente konsequent in das strukturelle Zentrum des Krankenhauses eingeflochten. Das landschaftliche Konzept soll der Entfaltung atmosphärischer Vielfalt, dem Wohlbefinden und dem Genesungsprozess der Patienten dienen. Diese Idee folgt einem Grundprinzip zeitgenössischer Gesundheitsarchitektur: Der Mensch steht im Mittelpunkt. Der Entwurf verfolgt gleichzeitig die Prinzipien einer effizienten und zukunftsorientierten Krankenhausplanung, wo mitarbeiterfreundliches Design, kurze Wege und einfache Orientierung für effizientes Arbeiten durch u.a. die räumliche Nähe von Kernprozessen und Schnittstellen auf einzelnen Ebenen sowie kritische optimierte Wegeführungen kritischer Funktionen wie Notaufnahme, Helikopterlandeplatz, OPs und Pflege-/Intensivpflege priorisiert werden. Auch hier gehen die Maximierung der Tageslichtnutzung, mit Arbeitsbereichen und Wartezonen am Tageslicht und Grün, Hand in Hand mit einem flexiblen Grundaufbau, wo durch Modularität und Austauschbarkeit von Untersuchungs- und Behandlungs-[UB-]Räumen mit Büroräumen jederzeit eine bedarfsgerechte Kapazitätsanpassung und mögliche Erweiterungen gewährleistet sind. Durchlässiges Gebäudeensemble im menschlichen Maßstab Die Bestandsbauten werden nach Fertigstellung des ersten Bauabschnitts sukzessive abgerissen und machen Platz für ein in sich stimmiges und zugängliches Gebäudeensemble. Eine kleinteiligere, stadtähnliche Silhouette wandelt die bestehende uniforme „Gesundheitsfabrik“ in ein abwechslungsreiches, urbanes und menschliches Erscheinungsbild um. Das Gesamtvolumen der neuen Großstruktur setzt sich aus Modulen zusammen, die trotz einer hohen Flächeneffizienz das Bild einer aufgelockerten Bebauung vermitteln. Der modulare Masterplan kann unproblematisch erweitert werden und gewährleistet hohe Flexibilität und Nachhaltigkeit. Innenhöfe, Terrassen und Gärten ermöglichen eine maximale natürliche Belichtung und eine gute Durchlüftung, die zu einer hohen Aufenthaltsqualität führen. Die innere Logistik wird horizontal und vertikal durch eine innere Straße/Magistrale organisiert, die alle medizinischen Funktionen verbindet und eine spannende Raumfolge mit Blick und Zugang zum zentralen grünen Park bietet. Hier finden sich die neuen medizinischen Zentren sowie öffentliche Funktionen, die das tägliche Leben in der Klinik unterstützen. Das Herzstück des Komplexes bildet die großzügig begrünte Parklandschaft, die sich in alle Bereiche des Klinikcampus erstreckt. Der Garten ist für ein gutes Mikroklima und Regenwasseraufnahme bei Starkregen ausgelegt und ist auf allen Seiten von angrenzenden Aktivitätszonen umgeben, die Plätze, Spiel- und Sportbereiche sowie therapeutische Gärten und Gebäudezugänge enthalten. Eine Neuordnung des Grundrisses des Campus ermöglicht eine gleichberechtigte Erschließung von Nord und Süd, verbessert die ÖPNV-Anbindung (u.a. die Anbindung an U-Bahnhöfe) und schafft einen einladenden und großzügigen Eingangsbereich mit einem lichtgefluteten Atrium, das der neuen qualitätsvollen Adressbildung Ausdruck verleiht. Das Bauvorhaben auf einen Blick Der Neubau umfasst sechs neue Klinikzentren.Auf einer Gesamtfläche von 70.000 m2 entstehen drei medizinische Zentren.Im ersten Bauabschnitt sollen etwa 60 Prozent des Bauvolumens mit nur einer Milliarde Euro vom Bauherrn, dem Freistaat Bayern, finanziert werden.Das Bauvorhaben umfasst 140.000 m2 Bruttogeschossfläche in Phase 1 und 280.000 m2 Bruttogeschossfläche in Phase 1 bis 4.Der Baubeginn für den ersten Baustein ist für Anfang 2024 geplant. Sofern die Bestandsbauten für die Erweiterung vorgesehene Flächen besetzen, sollen sie sukzessive abgerissen werden. Weitere Informationen unter: www.neubau-klinikum-grosshadern.de Kontakt zum Autor: Partner, Architekt maa, CF MØller Architects, jw@cfmoller.com

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