Pharma
Das Bundesministerium für Gesundheit hat heute einen Referentenentwurf für ein Gesetz zur Bekämpfung von Lieferengpässen bei patentfreien Arzneimitteln und zur Verbesserung der Versorgung mit Kinderarzneimitteln (ALBVVG) vorgelegt.

BAH-Hauptgeschäftsführer Dr. Hubertus Cranz erklärt hierzu: „Dass das Thema Versorgungssicherheit bei Generika Beachtung bekommt, finden wir gut. Aber ein umfassender Ansatz zur Verbesserung der Situation sieht anders aus. Punktuelle Korrekturen und zusätzliche Belastungen für die Hersteller sind keine Lösung für die großen Herausforderungen. Sie werden nicht zu einer Verringerung von Abhängigkeiten und zu einer erhöhten Versorgungssicherheit führen. Eine umfassende Überprüfung der Ausschreibepraxis bei Rabattverträgen fehlt völlig. Besonders enttäuschend ist, dass der dringend notwendige Inflationsausgleich für preisregulierte Arzneimittel überhaupt nicht vorkommt.”
Arzneimittelversorgung sicherstellen
Der Bundesverband der Arzneimittel-Hersteller e.V. (BAH) ist der mitgliederstärkste Branchenverband der Arzneimittelindustrie in Deutschland. Er vertritt die Interessen von rund 400 Mitgliedsunternehmen, die in Deutschland ca. 80.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beschäftigen. Die im BAH organisierten Unternehmen tragen maßgeblich dazu bei, die Arzneimittelversorgung in Deutschland zu sichern. So stellen sie fast 80 Prozent der in Apotheken verkauften rezeptfreien und fast zwei Drittel der rezeptpflichtigen Arzneimittel sowie einen Großteil der stofflichen Medizinprodukte für die Patientinnen und Patienten bereit.
Reimann: Erster Schritt für mehr Versorgungssicherheit mit Arzneimitteln
Den Referentenentwurf des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG) zur Bekämpfung von Lieferengpässen bei patentfreien Arzneimitteln und zur Verbesserung der Versorgung mit Kinderarzneimitteln (ALBVVG) kommentiert Dr. Carola Reimann, Vorstandsvorsitzende des AOK-Bundesverbandes, wie folgt:
„Grundsätzlich begrüßen wir den vorliegenden Referentenentwurf, weil damit ein Teil unserer langjährigen Forderungen aufgegriffen wurde und ein erster Schritt für mehr Versorgungssicherheit mit Arzneimitteln gemacht wird. Dass die erweiterte Bevorratungspflicht für Krankenhäuser von bisher vier auf acht Wochen verlängert wird, kann zur Steigerung der Reserven im Arzneimittelmarkt beitragen. Dies gilt auch für die verpflichtende Lagerhaltung bei Rabattverträgen mit einer Rücklage von drei-Monats-Reserven durch den pharmazeutischen Unternehmer. Diese Vorgabe wird bereits in den Rabatt-Verträgen der AOK-Gemeinschaft berücksichtigt und hat sich als versorgungssicherndes Element bewährt. Rabattverträge leisten damit einen wichtigen Beitrag zur Sicherstellung der Lieferfähigkeit, wie sich anhand der geringeren Ausfallquoten rabattierter Arzneimittel gegenüber dem übrigen Markt belegen lässt. Allerdings wäre es wünschenswert, die Lagerhaltungspflicht auch auf Arzneistoffe auszuweiten, für die keine Rabattverträge vereinbart worden sind. Denn auch diese Wirkstoffe sind für gesetzlich Versicherte versorgungsrelevant.“
„Im Grundsatz richtig sei, dass Rabattverträge im vorliegenden Referentenentwurf als versorgungsstärkendes Instrument anerkannt werden. Sie dürfen in ihrer Wirksamkeit allerdings nicht beschädigt werden. Problematisch sind jedoch die möglicherweise rechtsunsicheren Regelungen zur Ausschreibung einer EU-Wirkstoffproduktion. Dass wir diese Maßnahme prinzipiell als sinnvoll erachten, haben wir bereits mit der Ausschreibung zu den Antibiotika-Verträgen in 2020 bewiesen. Wir halten hier eine vergaberechtlich tragfähige Lösung für erforderlich“, betont Reimann.
Manko des Referentenentwurfs: Grundsätzlich erschließe sich nicht, wie insbesondere ökonomische Ansatzpunkte zur Lösung von Lieferengpässen beitragen sollen. Denn die Erhöhung von Festbetragsgrenzen und Preisen werde die globalen Probleme mit Lieferengpässen nicht lösen. Es sei zu befürchten, dass die Regelungen zur nationalen Preisfestsetzung von Reserveantibiotika nicht zur Entwicklung neuer Antibiotika beitragen.
„Darüber hinaus sind sowohl das künftige Aufgabenvolumen als auch die Besetzung des Beirates zu Liefer- und Versorgungsengpässen nicht geeignet, um bei Problemen adäquate Maßnahmen einzuleiten. Die Grundzüge der Regelungen des Frühwarnsystems sollten vom Gesetzgeber konkret definiert werden. Zudem bedarf es einer deutlichen Aufwertung durch eine breitere Besetzung des Beirats. Dies kann nur durch zusätzliche Vertretung der maßgeblichen Krankenkassenverbände auf Bundesebene erreicht werden“, ergänzt Reimann.
Holetschek zum Referentenentwurf zur Bekämpfung von Lieferengpässen bei Arzneimitteln
Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek hat begrüßt, dass Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach jetzt einen Referentenentwurf für ein Gesetz zur Bekämpfung von Arzneimittel-Lieferengpässen vorgelegt hat.
Der Gesetzentwurf habe nach Aussagen von Holetschek noch Mängel: Vorgelegt wurden nur punktuelle Maßnahmen. Notwendig sei z.B.
- eine Reform des Rabattsystems insgesamt – nicht nur bei Onkologika und Antibiotika.
- Notwendige Überprüfung der Regelungen zum Inflationsausgleich.
- Finanzierung der Maßnahmen.
Hier reiche ein Verweis auf künftige Empfehlungen zur GKV-Finanzierung nicht aus. Er sieht im Referentenentwurf die Gefahr zusätzlicher Bürokratie. Notwendig sei es, pragmatische und v.a. unbürokratische Lösungen für das Problem von Arzneimittel-Lieferengpässen zu finden.