G-BA
Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) hat seine Mindestvorgaben zur Personalausstattung von psychiatrischen und psychosomatischen Einrichtungen in mehreren Punkten angepasst. Kritik kommt von Seiten der Psychotherapeuten, die nicht einmal minimale Verbesserungen erkennen können.

Eine zentrale Änderung der Richtlinie zur Personalausstattung in Psychiatrie und Psychosomatik zielt darauf, den Dokumentationsaufwand für die Kliniken zu verringern. Die 2020 eingeführten stations- und monatsbezogenen Nachweispflichten werden ab 2023 für drei Jahre ausgesetzt. Der G-BA will erproben, ob die benötigten Erkenntnisse auch über eine repräsentative Stichprobe in fünf Prozent der Einrichtungen gewonnen werden können.
Die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) begrüßt die Aussetzung. In der Debatte spricht Dr. Thilo Grüning von einem „unerträglich hohen Aufwand“ für die Krankenhäuser, außerdem sei die stationsbezogene Dokumentation „schädlich“ für die Patienten und Patientinnen. Die Versorgung finde nicht mehr stationsbezogen statt. Die Kassenseite in Person von Gernot Kiefer widerspricht vehement: Nach eigenen Erhebungen der DKG finde 95 Prozent der Versorgung über Stationen statt.
Ziel der Richtlinie ist u.a. die Stärkung der Psychotherapie. Im Moment hätten Patientinnen und Patienten nur an einem Tag pro Woche eine psychotherapeutische Einheit, bemängelt Psychiater Dr. Arno Deister. Es müssten aber mindestens an vier Tagen eine Einheit stattfinden. Außerdem hätten diese Patienten pflegerischen Bedarf, der bei den Mindestvorgaben berücksichtigt werden müsste, ergänzt Psychologe Timo Harfst. Der Beschluss des G-BA habe hier einen zentralen Punkt verfehlt. „Die Patienten haben Zeit verloren“ und „es macht die Arbeitsplätze nicht attraktiver“. In dieselbe Kerbe schlägt auch die Bundespsychotherapeutenkammer. „Selbst zehn Minuten mehr Psychotherapie pro Wochentag waren dem G-BA des Guten zu viel“, kritisiert ihr Präsident Dr. Dietrich Munz in einem Statement. „Damit hat der G-BA erneut eine dringend notwendige Reform der psychiatrischen Kliniken abgewürgt.“
„Ein Kompromiss, der Chancen bietet“
Mit der Entscheidung werde sowohl der Forderung der DKG nach grundsätzlicher Überarbeitung, als auch den Bedenken der Gesundheitsministerkonferenz (GMK) Rechnung getragen, heißt es seitens der DKG. Der GMK und der DKG war es besonders wichtig zu verhindern, dass starre und kleinteilige Vorgaben die Weiterentwicklung der Versorgung psychisch erkrankter Menschen in Krankenhäusern erschwerten. Zudem sollte die gemeindenahe stationäre Versorgung durch die Vorgaben der Richtlinie nicht gefährdet werden. „Unser Hauptkritikpunkt an den PPP-RL war immer der starre Stationsbezug. Dieser macht moderne Therapiekonzepte schier unmöglich und führte aus Sicht der Praktiker zu einer Verschlechterung der Versorgung. Es ist von großer Bedeutung, dass hier ein Umdenken eingesetzt hat und wir mit der dreijährigen Aussetzung ein klares Zeichen für moderne therapeutische Konzepte bekommen haben“, sagte Dr. Gerald Gaß, Vorstandsvorsitzender der DKG. Insgesamt sei die Neuerung aber „ein Kompromiss, der Chancen bietet, die psychiatrische und psychosomatische Versorgung zu sichern, zu verbessern und weiterzuentwickeln.“ Auch wenn man sich mehr gewünscht habe, sei die Abkehr vom Stationsbezug und die Aussetzung der Sanktionen ein großes Anliegen gewesen.