Managementwandel im Gesundheitswesen (Teil 2) Führung ist mehr als Buzzword-Bingo

Zugehörige Themenseiten:
Digitalisierung und Personalentwicklung

Rund um New Leadership gibt es viele Meinungen und Mythen. Passt diese Art der Führung in Gesundheitseinrichtungen? Und wenn ja, steckt hinter den Anglizismen auch praktisches Handwerkszeug? Die Autoren von „Generation Hashtag“ räumen mit den wichtigsten Begrifflichkeiten auf.

Um New Leadership ranken sich viele Meinungen und Mythen. Die Generation Hashtag bringt Licht ins Dunkel der Begrifflichkeiten. – © Bild: Cifoart (stock.adobe.com)

In Fachartikeln, Büchern und Vorträgen stolpert man aktuell vor allem über die folgenden fünf Buzzwords.

Mindset

Im Kontext Führung geht es oft um „das richtige Mindset“. Grundsätzlich steht es für die eigene Haltung, Lebensphilosophie, Einstellung oder Denkweise. Geprägt wird das Mindset durch Werte, Glaubenssätze und Erfahrungen, die bestimmen, wie eine Situation bewertet wird – ähnlich wie ein Filter. Als Führungspersönlichkeit formt es die eigenen Entscheidungen, wie etwa den Umgang mit Niederlagen. In der Theorie nach Carol Dweck wird zwischen zwei Formen unterschieden: dem F ixed Mindset und dem Growth Mindset .

Ersteres bedeutet, dass Menschen fest davon überzeugt sind, dass ihr Scheitern auf fehlende Begabungen oder Talente zurückzuführen ist. Im Gegensatz dazu glauben Anhänger des Growth Mindset, sich durch Ausdauer und ständiges Lernen neue Fähigkeiten aneignen zu können. Dadurch haben sie ein verringertes Stresslevel und sind in der Lage, schneller Erfolge zu erzielen. „Richtig“ heißt also offen zu sein für Neues (andere Generationen, Meinungen, Erfahrungen und Kompetenzen), um sich weiterzuentwickeln.

Peter-Prinzip

Eine Möglichkeit Positionen in der Führungsebene zu besetzen, ist die Beförderung von Mitarbeitern aus den eigenen Reihen. Bei der Auswahl wird häufig auf die Person gesetzt, die am längsten im Unternehmen tätig ist und somit scheinbar die höchste Kompetenz besitzt. Aber Führungs- und Fachkompetenz gehen nicht unbedingt miteinander einher. Laurence J. Peter hat es deswegen in seiner These des Peter-Prinzips so formuliert: Jeder Beschäftigte neigt dazu, bis zu seiner Stufe der Unfähigkeit aufzusteigen. Die Konsequenzen sind vielfältig.

Ein Mitarbeiter, der zuvor auf fachlicher Ebene äußerst produktiv und wertvoll für das Unternehmen war, beispielsweise eine Pflegefachkraft, ist nun durch administrative und führungsrelevante Aufgaben ihrer neuen Rolle (z.B. Stationsleitung) gebunden. Vielleicht besitzt sie auch nicht die sozialen Kompetenzen oder den Abstand zu ihren bisherigen Kollegen, um verantwortungsvolle Entscheidungen treffen und kommunizieren zu können. Um dem Peter-Prinzip in der eigenen Organisation entgegenzuwirken ist es wichtig, nicht nur nach Fachkompetenz zu befördern. Möglicherweise ist sogar der fachlich schlechtere Mitarbeiter die bessere Führungspersönlichkeit. Auch ein frisches Gesicht von außen ist oft die bessere Wahl, um einen neuen Impuls zu setzen und von Anfang an mit mehr Akzeptanz im Team zu starten.

Diversity

Ganz ehrlich: bei diesem Begriff denkt – fast – jeder sofort an Quoten und in erster Linie an die Frauenquote. In der Arbeitswelt und auch in der Führung von Mitarbeitern ist Diversity jedoch weit umfassender. Vielfalt im Unternehmen ist hilfreich, um es erfolgreich zu machen, denn die Stärken des einen gleichen die Schwächen des anderen aus. Häufig spricht man von Scheuklappen oder dem Schmoren in der eigenen Suppe, wenn sich Teams immer wieder Mitarbeiter der gleichen Kompetenz oder Persönlichkeit dazu holen. Und hier ist die wichtige Erkenntnis: Es geht bei Diversity um die Persönlichkeit.

Die vier Diversity-Dimensionen nach Gardenswartz und Rowe bringen nicht nur das Geschlecht oder das Alter zur Sprache. Auch Gewohnheiten, die Berufserfahrung und das individuelle Auftreten haben einen Einfluss. Sucht z.B. ein Krankenhaus eine neue Person im Management, ist es zu empfehlen, ein möglichst vielfältiges Team zusammenzustellen. Also auch bei Führungskräften bewusst auf junge Nachwuchskräfte zu setzen, die mit ihrer Agilität und digitalen Kompetenz eine erfahrene und gut strukturierte Führungspersönlichkeit optimal ergänzen. Um Diversity zu erzeugen, sind Quoten natürlich ein wichtiges Instrument – manchmal sogar das einzige. Häufig ist dennoch die Frage der Akzeptanz und der Haltung viel entscheidender, damit die Vielfalt nicht nur gezwungenermaßen ­zustande kommt.

Partizipierendes Management

Unabhängig davon, ob es um die Nachfolgeregelung, die Entlastung des Managements oder die Erhöhung der Mitarbeiteridentifikation geht: Partizipierendes Management ist wichtiger Bestandteil des modernen Leaderships. Dafür zu sorgen, dass die Mitarbeiter sich mit den Zielen identifizieren und sie gleichzeitig intensiv bei wichtigen Entscheidungen einbeziehen, trägt maßgeblich zum Erfolg der Organisation bei. Die entsprechende Führungspersönlichkeit muss aber bestimmte Kompetenzen haben, damit diese Art der Führung gelingt. Empathie, eine hohe Flexibilität und Mut sind wichtige Eigenschaften.

Dazu kommt das Wissen, um alternative Arbeitsstrukturen und Methodiken, die es möglich machen, Verantwortung, Kompetenz und Vertrauen zu übertragen. Viele Mitarbeiter müssen auch erst ermuntert werden, diesen neuen Rahmen für sich und die Organisation zu nutzen. Gerade im Krankenhaus ist es sicherlich eine Herausforderung, klassische Strukturen aufzubrechen. Und am Ende muss klar sein, dass bei all der Delegation die Führungspersönlichkeit die Verantwortung für die Entscheidung und deren Konsequenzen vollumfänglich selbst tragen muss.

Fehlerkultur

In der Arbeit mit Patienten oder Bewohnern wird nicht gerne von Fehlerkultur gesprochen. Im Gegenteil: es dürfen keine Fehler passieren. Wer aber nie Fehler macht, kann auch nicht aus ihnen lernen. Doch Fehlerkultur heißt auch nicht, dass Fehler gemacht werden dürfen, ohne dass es Konsequenzen gibt. Oder dass der gleiche Fehler immer wieder gemacht werden darf. Eine Fehlerkultur definiert, wie die Organisation mit Fehlern umgeht, also wie Mitarbeiter aus ihren Fehlern lernen und diese künftig vermeiden.

Neben Vertrauen schafft ein Qualitätsmanagement den entsprechenden Rahmen. Der persönliche Austausch und regelmäßiges Feedback sind dabei besonders wichtig, damit Mitarbeiter die Tragweite ihrer Fehler begreifen können. Eine gesunde Fehlerkultur ist die Basis für eine lernende Organisation, also ein System, das sich in einem kontinuierlichen Entwicklungsprozess befindet, das innovative Lösen von Problemen erlaubt und den Lernprozess unterstützt. Auch in der Außenwirkung als Arbeitgeber macht eine Fehlerkultur die Marke sympathischer und ­authentischer.