Krankenhauszentren – eine Bestandsaufnahme Fehlt eine allgemeingültige Definition von Zentren?

Der Begriff „Zentrum“ an Krankenhäusern wird heterogen benutzt. Teilweise werden damit Besonderheiten im Leistungsspektrum benannt, teilweise fußt die Bezeichnung auf einem Organisations- und Leistungskonstrukt. Warum die Bezeichnung eine so große Relevanz hat.Wenn es um Zentren geht, ist die Begriffsvielfalt eindeutig nachteilig für Patientinnen und Patienten. Sie können aktuell nur vermuten, was gemeint ist, wenn ein Krankenhaus einen bestimmten Leistungsbereich als „Zentrum“ bezeichnet. Auf der anderen Seite müssen Klinikleitungen selbst wissen, welche Möglichkeiten sich ihnen erschließen, wenn sie „Zentren“ ausweisen: Nur die Außenwirkung hervorzuheben oder die Qualität oder einen bestimmten Versorgungsauftrag? Was das Klinikmanagement über die korrekte Verwendung von Zentren wissen sollte und worauf zu achten ist, wird im Folgenden erläutert. „Zentrum“ als Leitidee einer Einrichtung „Wir sind ein Zentrum der Therapie von ...“ Oder: „Wir sind in der Region das Zentrum für ...“ Diese und vergleichbare Aussagen in Leitbildern und auf Webseiten sind ein Dokument des Selbstbildes, der „Vision und Mission“ des betreffenden Hauses. Wenngleich man solche Aussagen zunächst für nichtssagend oder wohlfeil halten möchte, geben sie dennoch potenziellen Patientinnen und Patienten einen Hinweis, welchem Leistungssegment sich Klinikleitung und Klinikpersonal besonders verpflichtet sehen. Ohne Zweifel kann dies z.B. für viele der „Herzzentren“ in Anspruch genommen werden (vgl. „Deutsches Herzzentrum München“). Vergleichbares gilt, wenn an einem Krankenhaus verschiedene Abteilungen räumlich und organisatorisch gruppiert werden: So können z.B. die Frauenklinik, die Kinderklinik und die pädiatrische Radiologie zum „Zentrum für Kinder- und Frauenkrankheiten“ zusammengefasst werden. Das ist dann ein Zeichen besonderer organisatorischer und räumlicher Nähe – mit dem Effekt einer besseren Qualität. Zertifizierte „Zentren“ als QualitätsmerkmalUnter der Federführung von Fachgesellschaften wurden Kriterien entwickelt, denen Klinikabteilungen genügen müssen, wenn sie den Titel eines zertifizierten Zentrums tragen wollen. Für alle diese Zentrumszertifizierungen wurden Kataloge zur Struktur-, Prozess- und Ergebnisqualität entwickelt: Die betreffenden Abteilungen müssen über eine vorgegebene Mindestausstattung an qualifizierten Mitarbeitenden und an äußeren Vorbedingungen (Räume, Technik) verfügen. Sie müssen sich an Verfahren zur Ermittlung der Ergebnisqualität beteiligen, müssen bestimmte organisatorische Bedingungen erfüllen (z.B. interdisziplinäre Konferenzen, Schulungen etc.) und sie müssen die Erfüllung dieser Bedingungen in regelmäßigen Abständen (z.B. alle zwei oder drei Jahre) gegenüber einer Prüfkommission nachweisen. Die gedankliche Basis dieser Zentren ist durchgehend eine rein fachlich-qualitätsorientierte. Die Gestaltung der Anerkennungskriterien liegt in der Hand von medizinischen Fachgesellschaften. Folgende Beispiele seien hier genannt: Organkrebszentren der Deutschen Krebsgesellschaft: Aktuell werden 18 solcher Organkrebszentren ausgewiesen – von „Brust“ über „Darm“ und „Prostata“ bis „Speiseröhre“. Das Zertifizierungssystem wird einheitlich im Auftrag der Krebsgesellschaft durch OnkoZert betreut. Analog gilt dies für fachübergreifende Krebszentren (z.B. die onkologischen Zentren oder die uroonkologischen Zentren), in denen jeweils mehrere Fachdiszi-plinen zusammenarbeiten.Traumanetzwerke und Trauma-Zentren der Deutschen Gesellschaft für Unfallchirurgie (DGU): Zurückgehend auf eine umfassende Sachstandsbeschreibung („Weißbuch“) startete die DGU im Jahre 2008 eine Initiative, Netzwerke der Unfallversorgung in Deutschland zu etablieren. Ziel ist, das Überleben jeder schwerverletzten Person und die bestmögliche Lebensqualität zu sichern. Dazu werden an Abteilungen/Krankenhäuser, die sich beteiligen wollen, je nach Leistungsfähigkeit in drei Stufen unterschiedliche Anforderungen gestellt. Diese schließen sich zu einem Netzwerk mit „eindeutig geografischer/regionaler Zuordnung“ zusammen. Die Zertifizierung erfolgt durch die DGU.Stroke-Units der Deutschen Schlaganfallgesellschaft: Die Deutsche Schlaganfallgesellschaft zertifiziert Sonderstationen für die Akutbehandlung von Schlaganfallkranken („Stroke-Units“).Auch hier werden alle Qualitätsdimensionen geprüft. „Zentren“ für definierte Versorgungsaufgaben Seit 2020 formuliert der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) auf Grund einer gesetzlichen Vorgabe (§ 136 c [5] SGB V) „Regelungen zur Konkretisierung der besonderen Aufgaben von Zentren und Schwerpunkten“. Im Gegensatz zur vorstehend beschriebenen Form steht hier (vorbehaltlich gegebener Qualität) die Versorgung im Vordergrund: „Zentren und Schwerpunkte (…) sind Krankenhäuser oder Teile von Krankenhäusern, die eine besondere Aufgabe (…) wahrnehmen [und] die hierfür festgesetzten Qualitätsanforderungen erfüllen.“ Weiter heißt es vom G-BA: „Keine besondere Aufgabe liegt vor, wenn sie bereits durch Entgelte … vergütet wird.“ Besondere Aufgaben sind z.B. eine überörtliche und krankenhausübergreifende Wahrnehmung oder besondere Vorhaltemaßnahmen. Für diese Leistungen erhalten die Zentren einen Vergütungszuschlag, der im Rahmen der Pflegesatzverhandlungen mit den Kassen vereinbart wird. Voraussetzung ist, dass es sich um ein Zentrum handelt, für den der G-BA Zentrumsregelungen verabschiedet hat, dass das Krankenhaus die dort festgelegten Qualitätsanforderungen erfüllt und dass dem Krankenhaus der Versorgungsauftrag über konkrete besondere Aufgaben durch die Landesplanungsbehörde verbindlich übertragen worden ist. Aktuell sind solche Bedingungen für zehn Formen von Zentren definiert, dazu gehören z.B.: seltene Erkrankungen,Onkologische ZentrenTraumazentrenHerzzentrenNephrologische Zentren und Kinderonkologische Zentren. Wünschenswert: Überschaubare SystemeWie auch an anderer Stelle würden sich Klinikleitungen überschaubare Systeme der Strukturanforderungen wünschen. In der Vergangenheit hat das Nebeneinander der Zertifizierungssysteme (DIN ISO 9001/KTQ/EFQM) dem Prinzip der Zertifizierung mehr geschadet als genützt. Es ist zu hoffen, dass wenigstens bei der Weiterentwicklung des Systems der Zentren eine zügige Angleichung der Anforderungen und v.a. eine wechselseitige Anerkennung der Überprüfungs- und Auditierungsverfahren möglich wird. So weit sind dann ja doch die Ziele der Qualitätsverbesserung und der Übernahme besonderer regionaler Aufgaben nicht voneinander entfernt. Zur Begriffsklärung könnte es dienen, die Begriffe „zertifiziertes Organzentrum“ bzw. „zugelassenes Versorgungszentrum“ jeweils in Klammer hinzuzufügen – also z.B.: „Darmkrebszentrum (zertifiziertes Organzentrum)“ bzw. „Nephrologisches Zentrum (zugelassenes Versorgungszentrum)“.

Krankenhauszentren – eine Bestandsaufnahme Fehlt eine allgemeingültige Definition von Zentren?

Reimbursement im Überblick

Digitale Gesundheit von A bis Z

Newsletter-Anmeldung