RoMed Klinikum Rosenheim Energieeffizient trotz ­veralteter Baustruktur

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Bislang sind Krankenhäuser ihrer Verantwortung gegenüber dem Klima nur sehr lückenhaft nachgekommen. Zentrales Problem dabei: die meist stark veraltete Gebäude- und Technikinfrastruktur und die entsprechend niedrige Energieeffizienz. Doch es gibt Auswege.

Energiemanagement Energieeffizient Energieverbrauch
Der Klimawandel ist die größte Herausforderung aktuell – nicht nur für Gesundheitseinrichtungen. Das RoMed Klinikum Rosenheim zeigt, dass man mit einem konsequenten Energiemanagement und innovativen Ansätzen den Energieverbrauch senken kann. – © Parradee (stock.adobe.com)

Der Klimawandel ist die größte Herausforderung, der aktuell nicht nur Gesundheitseinrichtungen gegenüberstehen. Schneller und heftiger als zunächst erwartet, sind die Auswirkungen zu spüren. Alleine die Hitzewelle des Sommers 2022 hat eine deutliche Zunahme der Hitzetoten in Europa bewirkt (van Daalen et. al. Lancet, October 2022).

Dem Gesundheitssystem kommt hier eine duale Rolle zu. Einerseits muss es die Versorgung der durch den Klimawandel und andere Umweltveränderungen verursachten Erkrankungen sichern. Andererseits verursacht der Gesundheitssektor vier bis fünf Prozent des weltweiten CO2-Aus­stoßes. In Deutschland liegt dieser Anteil mit mehr als fünf Prozent sogar noch etwas höher und ein relevanter Teil dieser Emissionen stammt aus dem stationären Sektor (Health Care’s Climate Footprint, HCWH, September 2019). Der Energieverbrauch eines durchschnittlichen deutschen Krankenhauses entspricht dem einer kleinen Gemeinde – der Verbrauch pro Krankenhausbett dem von vier Einfamilienhäusern (Stiftung Viamedica). Dies liegt nicht zuletzt an der veralteten Infrastruktur und Bausubstanz. Aber von den etwa 50 bayerischen Kliniken mit mehr als 600 Betten werden in den kommenden Jahren maximal eine Handvoll neu gebaut. Neubau allein ist also keine Lösung für das Problem. Gleichzeitig steuert man im stationären Sektor aktuell auf eine wirtschaftliche Krise von historischen Ausmaßen zu und die Staatskasse ist auf Grund vieler anderer Verpflichtungen (Pandemie, Rüstung etc.) bereits jetzt völlig überstrapaziert. Es ist kaum Geld für Investitionen da, die Zukunft vieler Häuser ist nach den Regeln der derzeit diskutierten Krankenhausvergütungsreform unklar. Der Spielraum für Maßnahmen ist also extrem eng und diese müssen schnell greifen.

Auch das RoMed Klinikum in Rosenheim hat die genannten infrastrukturellen Probleme. Der Standort besteht aus einer Vielzahl von Gebäuden aus den letzten 120 Jahren. Dabei sind mehr als die Hälfte der Gebäude circa 60 Jahre alt. Trotz dieser ungünstigen Ausgangsituation konnten die Energieverbräuche durch konsequentes Energiemanagement und innovative Ansätze bei gleichzeitiger Leistungsausweitung über die letzten 20 Jahre um ein Drittel gesenkt werden. Damit liegt das Klinikum jetzt bei einem Gesamtenergiebedarf von circa 27 Megawattstunden pro Bett – also fast ein Viertel unter den aktuellen Durchschnittszahlen deutscher Krankenhäuser. Dies ist deswegen umso bemerkenswerter, weil der Schwerpunktversorger mit mehr als 600 Betten und hohem Technologieanteil (MRT, Strahlentherapie etc.) eigentlich einen überdurchschnittlichen Verbrauch haben müsste. Das unterstreicht, wie viele Einsparungen auch ohne einen Neubau erzielt werden können.

Zusammen haben die aufgeführten Maßnahmen die Senkung der Energieverbräuche um fast ein Drittel in den letzten Jahren bewirkt. Neben der Emissionsreduktion werden dadurch auch Betriebskosten im mittleren sechsstelligen Bereich pro Jahr eingespart. Die extreme Energiekostensteigerung der letzten Jahre hat die ohnehin meist schnelle Amortisationszeit solcher Maßnahmen dabei noch weiter gesenkt.

Entwicklung einer Nachhaltigkeitsstrategie

Natürlich ist man beim RoMed Klinikum mit dem Erreichten noch lange nicht am Ziel angekommen. Es müssen weiterhin Anstrengungen unternommen werden, um die Kliniken in Deutschland Schritt für Schritt CO2-neutral zu machen. RoMed möchte hier eine führende Rolle einnehmen und entwickelt aktuell mit verschiedenen Partnern (KLUG, Health Care Without Harm) eine umfassende Nachhaltigkeitsstrategie für den Klinikverbund. Neben den internen Ansatzpunkten müsse der Fokus zudem noch viel stärker auf die Lieferketten gerichtet werden, da dort mit mehr als 70 Prozent der größte Teil der durch die Krankenhäuser verursachten Emissionen liegt (Health Care’s Climate Footprint, HCWH, September 2019).

Das Beispiel RoMed Klinikum soll aufzeigen, dass man mit Engagement und Innovationskraft, trotz dezidierten personellen Ressourcen schon einen großer Schritt in die richtige Richtung gehen kann – auch ohne einen modernen Neubau.

Energiemanagement-Team

Seit 20 Jahren werden systematisch die Energieverbräuche analysiert und Reduktionsmaßnahmen entwickelt:

1. Die Flusskühlung: Das Haus liegt direkt am Inn, einem großen und kalten Alpenfluss. Über Wärmetauscher wird das Flusswasser genutzt, um damit die Kühlsysteme zu betreiben. Dadurch wird mehr als 70 Prozent der gesamten jährlichen Kühlenergie nachhaltig und CO2 neutral erzeugt. Das waren im ver-gangenen Jahr circa 1,6 GWh. Durch die im Vergleich zum Gesamtvolumen des Inns geringe Menge des entnommenen und wieder rückgeführten Wassers führt dies auch nachweislich nicht zu einer relevanten Erwärmung des Flusses.

2. Steigerung der Effizienz der Lüftungssysteme: Die OP-Lüftung ist einer der größten Einzelverbraucher in einem Krankenhaus. Durch den Einbau von Systemen zur Steigerung der Motoreneffizienz und einem streng bedarfsangepassten Betrieb der Lüftungen (z.B. nachts/Wochenende) konnte die hier benötigte Energie in den letzten 15 Jahren um etwa die Hälfte gesenkt werden. Dies bewirkt jährliche Einsparungen im GWh-Bereich, trotz einer gleichzeitig deutlichen Ausweitung der OP-Leistung.

3. Nutzung von Wetterdaten und einer eigenen Wetterstation zur Steuerung der Heizungs- und Enteisungssysteme. Auf Basis prospektiver Wetterdaten in Verbindung mit aktuellen eigenen Messungen aus der Wetterstation kann der Heiz- und Kühlbedarf antizipiert und entsprechend genau und behutsam gesteuert werden. In Verbindung mit der Betonkernaktivierung in den neueren Gebäuden wird so die Energie zum Heizen und Kühlen gezielt eingesetzt. Die genannten Wetterdaten erlauben darüber hinaus eine deutliche Nutzungsreduktion der Enteisungsanlage für den Hubschrauberlandeplatz. Zusätzlich wird die zur Enteisung benötigte Wärmeenergie dem Rücklauf des Kühlkreises der Flusskühlung entnommen. Zusammen genommen haben diese Maßnahmen einen Effekt von vielen hundert MWh im Jahr.

4. Neben diesen großen infrastrukturellen Hebeln haben eine Vielzahl kleinerer Maßnahmen z.B. in der Steuerung der Beleuchtung und der Einsatz von LED-Leuchtmitteln die gezeigte Reduktion des Energiebedarfs ermöglicht.

Literatur

  • Kim R. van Daalen et al.: The 2022 Europe report of the Lancet Countdown on health and climate change: towards a climate resilient future. https://www.thelancet.com/journals/lanpub/article/PIIS2468-2667(22)00197-9/fulltext [15.02.2023]
  • Health Care Without Harm: Health Care’s Climate Footprint. https://noharm-global.org/sites/default/files/documents-files/5961/HealthCaresClimateFootprint_092319.pdf [15.02.2023]
  • Stiftung Viamedica: Energiesparfibel. https://www.viamedica-stiftung.de/projekte/energiesparfibel [15.02.2023]

Kontakt zum Autor

Dr. Max von Holleben, Kaufmännischer Leiter, RoMedKlinikum Rosen-heim, Kontakt: max.holleben@ro-med.de