Fernschulung Einweisung in Medizingeräte online: Was gilt?

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Immer mehr Anbieter bieten die Einweisung in Medizingeräte auch online an. Serious Games lautet das Schlagwort. Für Krankenhäuser ergeben sich immer wieder Rechtsunsicherheiten zur Zulässigkeit von Online-Schulungen. Anwältin Dr. Susann Bräcklein klärt auf.

Online education Medizintechnik
Was ist rechtlich zu beachten, wenn die Einweisung von Medizinprodukte digital erfolgt? – © Who is Danny (stock.adobe.com)

Die Einschränkung persönlicher Kontakte während der Corona-Pandemie hat zu einer intensiven Nachfrage und Nutzung von Fernschulungen und Webinaren geführt. Immer mehr Anbieter bieten auch Einweisung in Medizingeräten online an. Hier werden zunehmend interaktive und simulationsgeführte Fernschulung eingesetzt, die beim Lernen auf einen Gaming-Ansatz bauen, wie man ihn von Videospielen kennt. Serious Games ist das Schlagwort, das im Zusammenhang mit simulationsgesteuertem Lernen auch in der Gesundheitsbranche Einzug hält. Im Online-Format erübrigt sich der persönliche Kontakt von Lehrpersonen. Hinsichtlich der Zulässigkeit dieser Online-Schulungen für rechtlich vorgeschriebene Einweisung bei Medizingeräten besteht in vielen Krankenhäusern noch Rechtsunsicherheit, welche die Einweisung „Schulter an Schulter“ gewöhnt sind. Der Beitrag stellt den rechtlichen Rahmen vor.  

Rechtlicher Rahmen von „Seroius Games“ in der Medizingeräte-Schulung

Die Pflichten der Betreiber von Medizinprodukten richten sich nach Medizinbetreiberverordnung (MPBetreibVO). Gemäß § 4 dürfen Medizinprodukte nur ihrer Zweckbestimmung entsprechend, den Vorschriften der Verordnung sowie den allgemein anerkannten Regeln der Technik betrieben und angewendet werden. Sie dürfen nur von Personen betrieben oder angewendet werden, die die dafür erforderliche Ausbildung oder Kenntnis und Erfahrung besitzen. Grundsätzlich ist eine Einweisung in die ordnungsgemäße Handhabung des Medizinproduktes erforderlich. Dies erübrigt sich nur dann, wenn das Medizinprodukt selbsterklärend ist oder eine Einweisung bereits in ein baugleiches Medizinprodukt erfolgt ist. Insoweit muss eine Einweisung geeignet sein, den Anwender in die Lage zu versetzen, das Medizinprodukt sicher und bestimmungsgemäß zu verwenden. Dies gilt auch für Online-Schulungen, die in die Handhabung eines bestimmten Medizinprodukts einweisen. Außerdem wird eine geeignete Prüfung des über die Online-Einweisung erworbenen Handlungswissens vorauszusetzen sein. 

„Serious Games“ ja, aber mit Rückfragemöglichkeit

Allerdings stellt sich für die Betreiber von Medizinprodukten wie Krankenhäuser die Frage, ob die Einweisung einen persönlichen Kontakt des Einweisenden vor Ort erfordert oder die Einweisung mittels einer geeigneten Online-Umgebung erfolgen darf. Konkrete Angaben regelt die Verordnung nicht. Hieraus folgt, dass ein virtuelles bzw. simuliertes Training ohne eine räumliche-persönliche Anwesenheit einer Lehrperson grundsätzlich zulässig ist. Das Bundesgesundheitsministeriums (BMG) bestätigt dies auf seiner Website in den ergänzenden Informationen zur MPBetreibVO: https://www.bundesgesundheitsministerium.de/faq-mpbetreibv.html.
Mit einer kleinen Einschränkung: Das BMG weist darauf hin, es müsse eine einfache Möglichkeit für Rückfragen der einzuweisenden Personen geben, z.B. eine kostenlose Telefonnummer. Die angemessene Einweisung setzt daher voraus, dass eine Person entweder in der Online-Schulung anwesend oder zumindest für Schulungsteilnehmer erreichbar ist.  Es genügt demnach nicht, dass der Hersteller ein Anwendungs-Video zur Verfügung stellt oder automatisierte Antwortsysteme, wie Chat-Bots.

In Bezug auf die einweisende Person gibt es keine Vorgaben in § 4 MPBetreibVO. Das BMG empfiehlt, sich hier nach den Regelungen des § 10 für Medizinprodukte der Anlage 1 zu richten. Danach sollen einweisende Personen entweder vom Hersteller selbst eingewiesen worden sein oder im Einvernehmen mit dem Hersteller handeln. Die einweisende Person muss natürlich über die entsprechende Kompetenz hinsichtlich des Medizinprodukts verfügen.

Simulationsgeführte Fernschulungen entsprechen grundsätzlich den Vorgaben des § 4 MPBetreibV.

Kontakt zur Autorin

Dr. Susann Bräcklein, Jorzig Rechtsanwälte, susann.braecklein@jorzig.de