Das Digitale Gesundheitsnetzwerk der AOK Eine Infrastruktur offen für alle

Alles andere als ein „Closed Shop“ ist die Gesundheitsdaten-Plattform aller AOK-Regionen. Realisieren wird sie ein Konsortium mit den Firmen x-tention, soffico und ICW. Charakteristika, Nutzenpotenziale und die mögliche bundesweite Realisierung werden im Folgenden dargestellt.Offen für die Vernetzung von Behandlern und Versicherten bzw. Patienten: das Gesundheitsnetzwerk der AOK. Auf der DMEA: Heike Nowotnik, Geschäftsführerin IT-Steuerung beim AOK-Bundesverband, und Michael Noll, Projektleiter Digitales Gesundheitsnetzwerk und Programmleiter Digitalisierung.Digitalisierung beginnt bei der AOK mit den internen Prozessen, erläuterte Heike Nowotnik auf der DMEA 2019 im April in Berlin: „Wir streben nach einer höheren Effizienz und einer Beschleunigung, aber auch nach einer verbesserten Vernetzung mit unseren Vertragspartnern“, sagte die Geschäftsführerin IT-Steuerung beim AOK-Bundesverband weiter. „All das soll auch unseren Versicherten zugutekommen.“ Das Digitale Gesundheitsnetzwerk der AOK adressiert die Versicherten und Leistungserbringer; auch digitale Versorgungsangebote werden hier ins Spiel kommen. „Patienten haben in unserem Gesundheitssystem derzeit kein Primärsystem für das Management ihrer Daten zur Verfügung“, kommentierte Michael Noll, Projektleiter Digitales Gesundheitsnetzwerk und Programmleiter Digitalisierung bei der AOK. „Wir wollen dieser Zielgruppe die Möglichkeit bieten, im Rahmen der Digitalisierung eine gebührende Rolle einzunehmen. Wir wollen mit dem Gesundheitsnetzwerk die digitale Transformation voranbringen und tragfähige Use-Cases umsetzen – gemeinsam mit Leistungserbringern und ihren bestehenden IT-Systemen.“ Noll nannte Beispiele von Lösungen, von denen Patienten wie Leistungserbringer profitieren werden – darunter das Medikamentenmanagement: „Wir möchten digital eine ganzheitliche Übersicht über die Medikation bieten. Dafür müssen die administrativen Prozesse umgestellt werden.“ Eine zentrale Maxime des AOK-Gesundheitsnetzwerks ist laut dem Programmleiter die konsequente Verwendung internationaler Standards wie IHE und HL7, die in bestehenden Projekten bereits zum Einsatz kommen. „Daher haben wir für unsere Plattform Anbieter mit Erfahrung auf diesem Spielfeld ausgewählt“, betonte Noll. So hat das Konsortium x-tention & Partners, bestehend aus den Firmen x-tention, soffico und ICW, mit der elektronischen Gesundheitsakte (ELGA) und im klinischen Umfeld ein breites Spektrum an Erfahrungen gesammelt. Noll erklärte weiter: „Gemeinsam mit diesen Partnern werden wir versorgungsrelevante Use-Cases aufsetzen. Dabei halten wir die Patientendaten dezentral ebenso vor wie zentral nach Vorgabe laut § 291a SGB V. Diesen gesetzlichen Auftrag nehmen wir wahr – mit einer elektronischen Patientenakte, einer E-PA, die zum 1. Januar 2021 ausgerollt wird.“ Das erste MVP (Minimum Viable Product) mit mobilen Angeboten und integrierten Leistungserbringern soll schon 2020 vorliegen. „Die Zulassungsverfahren für die 291a-E-PA werden uns im Verlauf auch sehr viel Zeit kosten“, ergänzte Noll. „Zu den attraktiven Use-Cases zählt unser Pilotprojekt für Schwangere in Berlin in Kooperation mit den Klinikunternehmen Sana und Vivantes“, fügte Nowotnik hinzu. Diese Lösung bietet Ratschläge, konkrete Hinweise auf Untersuchungen und Termine vor und nach der Geburt. „So wollen wir relevante Informationen zielgerichtet gefiltert an unsere Versicherten geben.“ Auch für Diabetiker und weitere chronisch Erkrankte lassen sich mit solchen IT-Lösungen Hilfestellungen geben – „ein maßgeblicher Mehrwert auch für unsere Versicherten“, verdeutlichte Nowotnik. So funktioniert das Netzwerk„Unsere Lösung bietet die Möglichkeit, über die vom Bund vorgegebene Telematikinfrastruktur – die TI – hinaus in den digitalen Austausch von Patienteninformationen zu gehen“, betonte Harald Wenger, Geschäftsführer des Anbieters soffico. „Somit kann die AOK mittelfristig eine Kommunikationsinfrastruktur für alle Akteure im Gesundheitswesen schaffen … in einem Markt mit E-PA-Anbietern wie u.a. die Techniker Krankenkasse und der vivy.“ „Dieses Netzwerk“, fügte Markus Freudenberger hinzu, „ist offen für alle – für Versicherte, für Leistungserbringer und andere Akteure in der Versorgungskette.“ Der Marketingverantwortliche von ICW beschrieb den dezentralen Ansatz: „Die Daten werden bei den Quellsystemen bleiben, der Zugriff auf die Daten aus Primär- und Subsystemen erfolgt über eine IHE-Struktur – x-tention & Partners bieten eine Anbindung an das Digitale Gesundheitsnetzwerk der AOK an, die Möglichkeiten sind derzeit in Arbeit. Freudenberger: „Internationale Standards haben bei dem Gesundheitsnetzwerk eine Schlüsselrolle.“ Wenger sagte zur Zielsetzung: „Bürger, Patienten, Versicherte – sie sollen wie alle Behandlungsbeteiligten von einer besseren Verfügbarkeit von Patientendaten profitieren – über Sektoren und medizinische Disziplinen hinweg.“ Mehr Daten und Nutzenpotenziale als mit der TI„Natürlich“ dient die Plattform auch für die Marktpositionierung der AOK „als innovative Krankenkasse“, ergänzte Freudenberger. Neben dem Medikationsplan und der Arzneimitteltherapiesicherheit sieht er den elektronischen Impfpass und Notfalldaten als Use-Case: „Insgesamt wird das Digitale Gesundheitsnetzwerk der AOK mit attraktiveren Mehrwerten als die E-PA aufwarten.“ Hierzu können z.B. Diabetologen und Kardiologen künftig auf Daten aus Fitnesstrackern, Wearables und Ernährungsprogrammen zugreifen. Aus Orchestra von soffico und der ICW eHealth Suite ergibt sich eine tragfähige Gesamtlösung für die AOK. Die Infrastruktur wird auch für andere Kassen und deren Einbringung von Informationen offen sein. Datenhoheit für VersicherteDas Digitale Gesundheitsnetzwerk bietet den Usern Datenhoheit. „Sie entscheiden über den Zugriff durch den Leistungserbringer auf ihre Daten“, betonte Wenger. Die Krankenkassen haben keinen Zugriff auf die medizinischen Daten. „Die Bundes-TI ist auf die medizinische Behandlung bezogen“, fuhr der soffico-Geschäftsführer fort. „Aber Gesundheit ist mehr als das, was beim Arzt anfällt – also Diagnose und Therapie. Das AOK-Gesundheitsnetzwerk will die Integration von Daten zur Prävention, etwa Sport und Ernährung in der Schule, zu Lifestyle, für das betriebliche Gesundheitsmanagement, für Pflegeheime, pflegende Angehörige und mehr ermöglichen.“ Bundesweite Realisierung geplantDie Frontend-Ausschreibung läuft zurzeit. Der Zugriff der Versicherten wird webbasiert geschehen sowie über eine dedizierte App. Anbindungen weiterer Mehrwert-Apps sind dank der Schnittstellen des Datenstandars FHIR kein Problem. Bereits jetzt laufen Pilotprojekte, in denen Akteure wie Niedergelassene und Krankenhäuser mit den AOKs eingebunden sind. Wie viele der mehr als 26 Millionen AOK-Mitglieder und -Versicherten das Gesundheitsnetzwerk nutzen werden, wollten die Sprecher noch nicht einschätzen. Zusatznutzen schaffen will die AOK durch Mehrwertanwendungen, die auf existenten Strukturen aufsetzen und sie miteinander vernetzen. Den Einsatz mit Anonymisierung und Pseudonymisierung für Forschung und Entwicklung schließt die Kasse nicht aus, dazu müssen aber noch die rechtlichen und technischen Grundlagen geschaffen werden. Wenger fasste die Sicht der Anbieter zusammen: „Ich finde es essenziell, dass wir in Deutschland eine sichere und agile Möglichkeit des Austausches von Patientendaten bekommen. Die Amerikaner bauen so etwas, wir sollten etwas eigenes Tragfähiges entwickeln – wie das Digitale Gesundheitsnetzwerk.“

Das Digitale Gesundheitsnetzwerk der AOK Eine Infrastruktur offen für alle

Reimbursement im Überblick

Digitale Gesundheit von A bis Z

Themenwelt Pflege: Alles im Blick

Kostenloser Newsletter