Berufsrückkehr in die Pflege Ehemalige willkommen

Immer mehr Einrichtungen setzen auf spezielle Programme für Wiedereinsteiger. Damit möchten sie Fachpersonen, die dem Pflegeberuf den Rücken gekehrt haben, zurückgewinnen. Ein Modell, das Erfolg verspricht?Wer erstmal zehn Jahre aus dem Pflegeberuf raus ist, traut sich die Rückkehr ins Krankenhaus oft nicht zu. Denn vieles hat sich geändert – von Expertenstandards bis zur digitalen Dokumentation. Auch der Zeitdruck ist größer geworden, und oftmals haben die Pflegeteams wenig Zeit, neue Kollegen nach einer längeren Berufspause so einzuarbeiten, dass diese sich sicher und gut begleitet fühlen. „Wir müssen potenziellen Wiedereinsteigern Mut machen, eine Rückkehr in die Pflege auszuprobieren“, sagt Nicole Molzen, Pflegedirektorin der Regiokliniken in Elmshorn und Pinneberg. „Sonst verlieren wir wertvolle Mitarbeiter auf dem Markt.“ Sanfter Wiedereinstieg in den PflegeberufUm diese sogenannte „stille Reserve“ zu nutzen, hat Molzen für ihre Klinik ein Programm entwickelt, das ehemalige Pflegende wieder behutsam an die Berufstätigkeit in der Klinik heranführt. Denn Berufsrückkehrer benötigen ein umfassenderes Einarbeitungskonzept als andere Pflegende, ist sich Molzen sicher. Es gilt, fachliches Wissen aufzufrischen, aber auch Ängste zu nehmen, die sich nach einer längeren Berufspause einstellen können. Das Wiedereinsteiger-Programm der Regiokliniken in Elmshorn und Pinneberg läuft seit 2018 und richtet sich an ein- bis dreijährig qualifizierte Pflegepersonen. Innerhalb eines halben Jahres durchlaufen die Wiedereinsteiger ein spezielles Schulungsprogramm und werden durch einen Mentor auf ihrer Station eng begleitet. An den Schulungstagen – je nach Kursgröße zwischen zwölf und 14 Tagen – werden Pflegefachthemen wie Hygiene, Wundmanagement, Reanimation, neue gesetzliche Regelungen,Anforderungen an das Qualitätsmanagement sowie Dokumentation gelehrt. Inklusive sind auch die Pflichtfortbildungen und eine sechstägige Aktivitas-Pflege-Schulung, einem auf Aktivierung ausgerichteten Konzept, mit dem die Regiokliniken arbeiten. Alle Teilnehmenden des Programms bekommen von Anfang an ein volles tarifliches Gehalt und dürfen sich ihre Wunscharbeitsbereiche aussuchen. „Ich empfehle den neuen Pflegenden, mit mindestens 75 Prozent wieder einzusteigen, um gerade in der Anfangszeit gut wieder in den Arbeitsalltag hineinzukommen“, sagt Molzen. Um ausreichend Bewerbungen für das Programm zu bekommen, starten die Regiokliniken etwa zehn Wochen vor Programmbeginn eine große Werbekampagne. Der Kursbeginn ist jeweils im Februar und Oktober – allerdings sei die Resonanz im Februar deutlich besser als im Herbst, sagt Molzen. Das Programm richte sich v.a. an Wiedereinsteiger, die aufgrund von Kindererziehung oder Pflegebedürftigkeit der Eltern länger ausgefallen sind. Es bewerben sich aber auch Pflegende aus anderen Bereichen, z.B. aus der ambulanten Pflege oder aus Rehaeinrichtungen. Einige sagen: „Ich wollte schon lange zurück ins Krankenhaus, hätte mich aber ohne das Programm nicht getraut.“ Um ein direktes Feedback der Wiedereinsteiger zu bekommen, veranstaltet die Klinik drei bis vier Monate nach Programmstart ein Refresher-Frühstück mit den Teilnehmenden. „Hier geben sie uns Rückmeldung, was gut läuft, wie sie die praktische Einarbeitung erleben und wo sie noch mehr Sicherheit benötigen“, sagt Molzen. Trotz guter Begleitung: Nicht alle Wiedereinsteiger bleiben. „Wir starten in der Regel mit zwölf Teilnehmenden, wenn am Ende neun bleiben, bin ich zufrieden“, sagt Molzen. Die München Klinik spricht mit dem Projekt Flexibel arbeiten und wieder einsteigen ebenfalls bewusst Berufsrückkehrer in der Pflege an. Die neuen Mitarbeiter können z.B. im Pflege-Flexpool arbeiten, wo sie Wunscharbeitszeiten und einen verlässlichen, langfristigen Dienstplan erhalten. Sie arbeiten dann wochen- oder tageweise auf verschiedenen Allgemeinstationen, die akut Unterstützung brauchen. „Die Mitarbeit im Pool garantiert eine ausreichende Einarbeitung, damit Wiedereinsteigende ihre Sicherheit im Alltag wiedererlangen“, sagt Ann Sophie Schlosser, stellvertretende Pressesprecherin der München Klinik. Flankiert werde die Einarbeitung mit umfassenden Schulungs- und Weiterbildungsangeboten. Auch stehe den Berufsrückkehrern mit den Flexpool-Leitungen kontinuierlich eine feste Ansprechperson zur Seite, heißt es vonseiten der Klinik. „In Schwabing, wo das Konzept bereits viele Jahre etabliert ist, konnten bislang insgesamt rund 90 Pflegekräfte über den Flexpool gewonnen werden“, sagt Schlosser, „auch an den neu hinzugekommenen Standorten Bogenhausen und Harlaching gibt es bereits Interessenten und Einstellungen.“ Insgesamt sei der Pflege-Flexpool für Berufsrückkehrer ein wichtiger Baustein von vielen, um Pflegefachkräfte zu gewinnen. Weitere Maßnahmen seien geförderte Weiterbildung, flexible Arbeitszeitmodelle, Werbeprämien, vergünstigter Wohnraum für Pflegekräfte und vieles mehr. Was es braucht, um Ehemalige zurückzugewinnen48 Prozent der ausgebildeten Pflegekräfte, die ihrem Beruf in den vergangenen Jahren den Rücken gekehrt haben, können sich einen Wiedereinstieg in die Pflege vorstellen. Das geht aus der #PflegeComebackStudie 2018 hervor, für die 71 Berufsausteiger in der Pflege befragt wurden. Das Institut Psyma Health & Care hatte die Befragung im Auftrag des Medizin- und Pflegeprodukteherstellers Hartmann durchgeführt. Geschätzt liegt die Zahl der potenziellen Rückkehrer in den Pflegeberuf damit bei 120.000 bis 200.000 Personen. „Selbst, wenn vielleicht nur die Hälfte von ihnen tatsächlich zurückkäme, wäre dies ein Riesengewinn im Kampfe gegen den akuten Pflegefachkräftemangel“, sagt Andreas Westerfellhaus, Pflegebevollmächtigter der Bundesregierung. Er ist sich sicher, dass ehemalige Pflegende für eine Rückkehr in den Pflegeberuf gewonnen werden können, wenn die Rahmenbedingungen stimmen. Das habe auch die Umfrage bestätigt. „Es braucht eine bedarfsgerechte Personalausstattung, fachgerechte Arbeitsabläufe und eine bessere Bezahlung“, sagt Westerfellhaus. All diese Themen seien mit der Konzertierten Aktion Pflege (KAP) besprochen worden. Es gelte nun, mit Hochdruck daran zu arbeiten, die beschlossenen Maßnahmen umzusetzen. Dazu gehöre v.a. die Einführung eines Personalbemessungsverfahrens in der Langzeitpflege, das zu deutlich mehr Personal führen wird. Dazu gehöre auch die Bezahlung nach Tarif und ein zeitgemäßer Aufgabenzuschnitt. „Der entsprechende Strategieprozess für eine moderne, interprofessionelle Zusammenarbeit ist im vollen Gange“, sagt Westerfellhaus. „Ich hoffe, dass diese und die vielen weiteren Verbesserungen bald spürbar werden. Denn die Zeit drängt, damit nicht noch mehr Pflegekräfte der Langzeitpflege den Rücken kehren.“ Wiedereinsteiger-Programme können helfen, die erste Hürde zu nehmen: die Angst, im Klinik- und Heimbetrieb nicht mehr mithalten zu können. „Wir möchten mit unserem Programm diejenigen ermutigen, die sich sonst nicht trauen würden“, sagt Pflegedirektorin Molzen. Das erfordere bei Wiedereinsteigern, wie auch bei ausländ-ischen Pflegepersonen, Zeit und Geduld – sei aber in vielen Fällen erfolgreich. Erst kürzlich habe eine Pflegende zu ihr gesagt: „Zwanzig Jahre lang war ich nicht auf Station tätig – zunächst wegen meiner Kinder, dann war ich in der ambulanten Pflege. Erst war ich unsicher, ob ich den neuen Anforderungen entsprechen würde. Im Wiedereinsteigerprogramm habe ich viel Unterstützung erhalten. Ich möchte allen Mut zu diesem Schritt machen. Wer wagt, gewinnt!“ Wir müssen potenziellen Wiedereinsteigern Mut machen, eine Rückkehr in die Pflege auszuprobieren. Nicole Molzen, Pflegedirektorin der Regiokliniken in Elmshorn und Pinneberg„Die Zeit drängt, damit nicht noch mehr Pflegekräfte der Langzeitpflege den Rücken kehren.“ Andreas Westerfellhaus, Pflegebevollmächtigter der Bundesregierung

Berufsrückkehr in die Pflege Ehemalige willkommen

Reimbursement im Überblick

Digitale Gesundheit von A bis Z

Newsletter-Anmeldung