Digitalisierung
Als Antwort auf die digitale Transformation des Gesundheitssystems fordern vier Branchenexperten die Schaffung neuer Berufssparten. Dazu zählt u.a. die Fachkraft für digitale Gesundheit, die künftig Pflegekräfte entlasten könnte.

Eine Fachkraft, ein Prozessmanager und ein Systemarchitekt für digitale Gesundheit: Diese drei neuen Berufe hält die Reformkommission der Stiftung Münch für erforderlich, um die Digitalisierung im Gesundheitssystem zu implementieren und damit die Gesundheitsversorgung nachhaltig zu verbessern. Für alle drei Berufe hat sie Kompetenzprofile erstellt, Anforderungen für die Entwicklung der Curricula entwickelt und Voraussetzungen für deren Implementierung skizziert.
„Spätestens seit SARS-CoV-2 ist allen die Bedeutung der Digitalisierung klar. Die Pandemie wird zum Katalysator für die digitale Transformation“, so Privatdozent Sebastian Kuhn , der die Reformkommission der Stiftung Münch federführend geleitet hat, „die von uns vorgeschlagenen Berufe haben dadurch an Bedeutung gewonnen, da sie sowohl die Patientenversorgung als auch die Innovationfähigkeit im Gesundheitssystem stärken.“ Der Reformkommission gehörten neben Kuhn Franz Bartmann , Bernadette Klapper und Uwe Schwenk an.
Drei neue Gesundheitsberufe
Die digitale Transformation des Gesundheitssystems hat das Potenzial, die Versorgung der Patienten zu verbessern, die im Gesundheitssystem beschäftigten Menschen zu entlasten und das System effizienter zu machen, so dass es finanzierbar bleibt. Um die Digitalisierung nachhaltig im Gesundheitswesen zu implementieren, hat die Reformkommission aus Branchenexperten drei neue Berufe entwickelt:
- Fachkraft für digitale Gesundheit (Digital Health Carer)
- Prozessmanager für digitale Gesundheit (Digital Health Process Manager)
- Systemarchitekt für digitale Gesundheit (Digital Health Architect)
Hilfe bei Patienten-Apps und Co.
Die Fachkraft für digitale Gesundheit ist ein patientennaher Beruf. Sie betreut unmittelbar jeweils einzelne Patienten und sucht nach individuellen Wegen zur bestmöglichen Versorgung in ihrer konkreten Situation. Sie leistet klassische analoge Hilfe und Routineversorgung und greift bei Bedarf auf digitale Technologien zurück, an die sie die Patienten heranführt. Ein relevanter Teil der Arbeit wird die Pflege der Gesundheitsdaten und der elektronischen Patientenakte sein.
Die Fachkraft benötigt grundlegendes medizinisch-pflegerisches Allgemeinwissen und technisches Know-how. Als Bindeglied zwischen Patienten, Fachpersonal und technologischen Anwendungen trägt sie zur Erhöhung der Versorgungsqualität vor Ort bei. Zunächst kann die Ausbildung zu Fachkraft über eine Weiter- und Sekundärqualifikation in anderen patientennahen Berufen erfolgen. Später sollte ein neuer, grundständiger Bachelorstudiengang etabliert werden.
Versorgung smart organisieren
Der Prozessmanager für digitale Gesundheit ist für die Implementierung und Aufrechterhaltung innovativer Versorgungsabläufe zuständig. Er entwickelt medizinische und pflegerische Abläufe durch die Einführung digitaler Gesundheitstechnologien, die sich an einem Patientenkollektiv und ihren Behandlungsanforderungen orientieren. Eingesetzt wird der Beruf sowohl im stationären als auch im ambulanten Sektor, aber auch intersektoral an Schnittstellen verschiedener Einrichtungen des Gesundheitssystems. Er interagiert mit den Vertretern verschiedener Berufsgruppen und Anwendern der digitalen Technologien, weshalb er zusätzlich hohe kommunikative Fähigkeiten benötigt. Für die Qualifikation zum Prozessmanager ist ein Bachelor- oder Masterstudium erforderlich.
Change-Manager für die digitale Transformation
Der Systemarchitekt für digitale Gesundheit ist ein Change-Manager, der die großen Linien für die digitale Transformation seiner Einrichtung vorgibt. Er verantwortet die Konnektivität der Systeme, die Einhaltung der Datenstandards, die Aufsicht über dutzende Einzelprozesse und erschließt Synergiepotenziale. Für seine Tätigkeit benötigt der Systemarchitekt hohes medizinisches und technologisches Wissen sowie hohe strategische und kommunikative Fähigkeiten. Seine Funktion gibt es in der Regel nur einmal in seiner Einrichtung und ist typischerweise die Folge eines jahrelangen Karriereweges im Gesundheitssystem.
Um die Berufe zu implementieren, fordern die Mitglieder der Reformkommission eine Strategie für digitale Gesundheit und das Schaffen von Rahmenbedingungen in den Bildungsinstitutionen. Zudem sind Professuren für digitale Transformation nötig. Innovative Curricula müssen zeitnah entwickelt und akkreditiert werden. Zudem empfiehlt die Reformkommission stärkere Agilität, um Aktivitäten für digitale Innovationsarbeit zu fördern.
Mitglieder der Reformkommission
- Privatdozent Dr. Sebastian Kuhn, MME, Oberarzt für Orthopädie und Unfallchirurgie, Ausbildungsforscher und Hochschuldidaktiker an der Universitätsmedizin der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz, Gründer und Geschäftsführer der M3D.digital GmbH
- Dr. Franz Bartmann, bis 2018 im Vorstand der Bundesärztekammer zuständig für die Bereiche eHealth und Ärztliche Bildung, ehem. Präsident der Ärztekammer Schleswig-Holstein
- Dr. Bernadette Klapper, Bereichsleiterin Gesundheit der Robert-Bosch-Stiftung
- Uwe Schwenk, Direktor des Programms „Versorgung verbessern – Patienten informieren“ der Bertelsmann-Stiftung