Input für die BMG-Digitalstrategie Drei Jahre „Zukunftsregion Digitale Gesundheit“

Wie bringt man DiGAs und digital basierte Versorgungsmethoden in den Versorgungsalltag? Dieser Frage widmete sich das BMG-geförderte Projekt „Zukunftsregion Digitale Gesundheit“ Berlin-Brandenburg (ZDG). Erste Untersuchungsergebnisse präsentierten Stakeholder im November 2022. Was ist nötig, um digitale Lösungen in die Routine zu bekommen? Was hilft Vertreterinnen und Vertretern der Ärzteschaft, Physiotherapie sowie Patientinnen und Patienten Anwendungen zu nutzen? Was sind somit die „Gelingensbedingungen“ und Hürden? Diese Fragen standen im Mittelpunkt der einzelnen Projekte der Zukunftsregion. Diese Dreijahres-Initiative des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG) endet 2022; sie ruhte auf zwei Säulen, erklärte Friederike Botzenhardt, Leiterin des BMG-Referats „Innovationsfonds und Zukunftsregion Digitale Gesundheit“. Eine dieser Säulen, so Laura Sulzer, Projektleiterin der wissenschaftlichen ZDG-Begleitung bei Prognos, war das Testen von Apps: Das BMG und die ZDG-Geschäftsstelle wählten Apps aus, die dann mit Leistungserbringern sowie Patientinnen und Patienten getestet wurden. Dabei ging es um Anwendungen, die bereits etabliert waren und ihre Mehrwerte nachgewiesen hatten – wie etwa ADA. Ärztinnen und Ärzte, so Sulzer weiter, agierten dabei als Mittelspersonen, die die Apps in die Versorgung brachten. Die ZDG-Geschäftsstelle begleitete diese Projekte eng und übernahm unter anderem die Aufgabe, Akteure etwa für Schulungen zu gewinnen. Der Schwerpunkt der Begleitung durch Prognos lag auf dieser Säule – mit Online-Befragungen und Fachgesprächen und Workshops. Die zweite Säule stellte Modellprojekte wie E-Rezept und telemedizinische Anwendungen dar. Ziel war es, Strukturen zu schaffen zwischen Gesundheitsberufen sowie deren Angehörigen mit den Patientinnen und Patienten. Die Projekte, die die ZDG-Beteiligung gewannen, brachten durch ihren Konsortialcharakter bereits die nötigen Strukturen und Testungsabläufe mit. Diese Projekte waren unterschiedlich aufgestellt. So brachte die Logopädie-Telemedizin auch Kontakte mit Patientinnen und Patienten in Krankenhäusern mit sich. Die Lösung MUT21 ermöglicht es, dass Bewohnerinnen und Bewohner von Pflegeheimen nicht mehr in Arztpraxen gebracht werden müssen. Ob Notfallmedizin, Teleneurologie oder Onkologie – Erfahrungs- und Abschlussberichte aus diesen Projekten gingen an das Prognos-Team für die Gesamtbewertung. Wichtige Take-aways aus dem Projekt Was sind die (Voraus-)Ergebnisse der ZDG? Zu ihnen zählt, dass die Nutzung neuer Lösungen kein Selbstläufer ist – oder „nicht vom Himmel fällt“, wie Sulzer es ausdrückt: „Es bringt Aufwand mit sich, Nutzerinnen und Nutzer mitzunehmen.“ Neue Strukturen und Abläufe müssen geschaffen werden, etwa im Kontext des Patientenkontakts. Schulungen müssen organisiert und durchgeführt werden. Der Nutzeneffekt des Einsparens von Zeit durch digitale Anwendungen wird daher auch nicht bereits ab Einführung eintreten. „Es dauert Jahre, bis solche Innovationen wirklich ankommen“, unterstreicht die Prognos-Teamleiterin. Die Frage nach der Realisierung von Mehrwerten lässt sich auch erst nach der Hürde der Routineeinführung beantworten. Die Berichterstellung läuft derzeit noch bei Prognos. Veröffentlicht sind bislang die Ergebnisse zur Testung Diabetes/Schmerzen. Rückenschmerzen. Der Bericht zu pflegenden Angehörigen ist in der finalen Phase für 2022. Anfang des nächsten Jahres wird dann der Gesamtbericht der Branche zur Verfügung gestellt. „Das Besondere an der ZDG war, dass sie sich an die einzelnen Akteursgruppen gewendet hat – etwa an die pflegenden Angehörigen (bundesweit) und die Physiotherapeuten und -therapeutinnen, die nicht häufig angesprochen werden“, betont Sulzer. „Das Einholen dieser Erfahrungen hat unsere Arbeit sehr bereichert.“ Die ZDG-Ergebnisse gelten dank der Einbindung städtischer und ländlicher Räume für ganz Deutschland. Die Reaktion der angesprochenen Gesundheitsberufe über die Berufsverbände sei sehr positiv gelaufen; die Bereitschaft zur Teilnahme sei groß gewesen, betonte Prof. Dr. med. Tobias Müller. Er leitete bis vor einiger Zeit die ZDG-Geschäftsstelle und lehrt heute im Bereich E-Health/Medical Data Science an der Technischen Hochschule Mittelhessen. So sei es gelungen, trotz Corona-Bedingungen zehn Apps in vier Indikationsbereichen zu testen. „Fortschritt geschieht in kleinen Schritten“ Die Ausarbeitung der BMG-Digitalisierungsstrategie zum Frühjahr 2023 kündigten am Humboldthafen Dr. Susanne Ozegowski, BMG-Abteilungsleiterin Digitalisierung & Innovation, sowie Sebastian Zilch, BMG-Unterabteilungsleiter „gematik, Telematikinfrastruktur, E-Health“, an. Den wichtigsten Enabler stelle dabei dar, dass sich dank Opt-out die ePA als Herzstück der Digitalisierung in die Fläche bringen lasse. Die Erwartung der Branche ist, dass die Strategie nach den zahlreichen Einzelprojekten im Gesundheitswesen etwas Verbindendes und somit Synergien schafft. Dass dabei Erkenntnisse wie jene aus der BMG-Initiative ZDG mitgedacht werden, liegt auf der Hand. Die zentralen Aussagen auf der Abschlussveranstaltung im Berliner Humboldthafen lauteten: Digitalisierung findet Akzeptanz bei Menschen in Gesundheitsberufen ebenso wie bei Patienten und Patientinnen, wenn das nötige Anwendungswissen kommuniziert wird und wichtige Voraussetzungen wie intuitive Bedienung und Begleitung durch Fachpersonal gesichert sind. Transferzentren sollten nach Förderende die Willigen bei der Nutzung digitaler Lösungen unterstützen. „Fortschritt geschieht in kleinen Schritten mit konkreten Maßnahmen bei vordefiniertem Ziel“, so der Tenor von den Panels bei der ZDG-Abschlussveranstaltung. Die Daten müssten zu den Leistungserbringern kommen. „Wir brauchen Daten-Schnittstellen beispielsweise zur ambulanten Pflege – und strukturfinanzierte Digital-Scouts in den Regionen.“ Kontakt zum Autor: Michael Reiter, freier Journalist, spezialisiert auf den Gesundheitssektor, michael.reiter-pr@gmx.de

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