Pflegemarkt
Das Potenzial der Diversifikation in kleinen und mittleren Unternehmen erkennen: Die Seniorenstift Eppingen GmbH & Co. KG sieht den gesellschaftlichen Wandel als Chance das Unternehmen gezielt weiter zu entwickeln.

„Nichts ist so beständig, wie der Wandel“ (Heraklit). Dieser Grundsatz gilt in der heutigen Zeit mehr denn je: Um den nachhaltigen Erfolg eines Unternehmens auch in Zukunft sicherstellen zu können ist es von entscheidender Bedeutung, sich auf den Wandel einzulassen und das Unternehmen kontinuierlich weiterzuentwickeln. Als Grundlage für eine solche Unternehmensentwicklung ist eine gezielte und langfristig ausgerichtete Wachstumsstrategie unerlässlich. Besonders kleine und mittlere Unternehmen kann das konzeptionelle Erarbeiten einer fundierten Wachstumsstrategie vor gewisse Herausforderungen stellen. Auch die Seniorenstift Eppingen GmbH & Co. KG muss sich mit diesen Herausforderungen auseinandersetzten. Hierfür ist es zunächst einmal wichtig, die aktuellen und zukünftigen Entwicklungen der Pflegebranche detailliert zu analysieren. Um dabei eine möglichst fachkundige Expertise zugrunde legen zu können, steht die Seniorenstift Eppingen GmbH & Co. KG im Austausch mit verschiedensten Experten der Pflegebranche. Diese Expertise sowie eine umfassende Analyse der zu erwartenden gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Entwicklungen dienen als Grundlage für das weitere Vorgehen.
Gesellschaftlicher Wandel birgt Wachstumspotenzial für die Pflege
Als zentrale Zukunftstrends lassen sich neben den Themen Urbanisierung und Digitalisierung v.a. der demografische Wandel und eine starke gesellschaftliche Entwicklung hin zu immer mehr Individualität herausstellen. Dies führt zum einen dazu, dass in der Pflegebranche die Nachfrage langfristig gesichert sein wird und somit eine Basis für Wachstumsperspektiven besteht, zum anderen nimmt das Bedürfnis der Menschen nach individuellen Wohn- und Versorgungsformen im Alter weiter zu. Diese Erkenntnisse, insbesondere in Bezug auf die zu erwartende Nachfrage, bestärken das Seniorenstift Eppingen in seinen Wachstumsplänen. Als potenzielle Diversifikationsmöglichkeiten zur weiteren Unternehmensentwicklung kommen für das Unternehmen grundsätzlich mehrere Alternativen in Frage. Da das Seniorenstift Eppingen bereits in der vollstationären Pflege tätig ist, wäre eine Spezialisierung dieser Leistungen in den Bereichen Demenz- oder Intensivpflege denkbar. Des Weiteren wäre eine teilstationäre Erweiterung durch das Angliedern einer Tages-/Nachtpflege möglich. Eine zusätzliche Option bestünde auch in der Implementierung eines ambulanten Dienstes sowie dem Angebot eines Betreuten Wohnens, beziehungsweise eines Service Wohnens.
Umfassende Analysen bereiten Wandel und Wachstum vor
In Anbetracht der Vielzahl unterschiedlicher Alternativen, entschied sich am Seniorenstift Eppingen dazu, einen strukturierten Analyseprozess vorzunehmen, um die strategisch sinnvollste Variante für das Unternehmen identifizieren zu können. Im Zuge dieses Analyseprozesses wurde eine umfangreiche SWOT-Analyse durchgeführt. Ziel war es, unternehmensinterne sowie externe Einflussfaktoren zu ermitteln, die sich auf die weitere Unternehmensentwicklung auswirken könnten. Auf Grundlage dieser Erkenntnisse sollten dann Diversifikationsalternativen mit dem höchsten Mehrwert für das Unternehmen herausgestellt werden. Durch die Betrachtung der internen Unternehmensaspekte ließen sich bestimmte Stärken und Schwächen der Einrichtung erkennen. Bei der Untersuchung der externen Einflussfaktoren wurde eine sogenannte PESTEL-Analyse durchgeführt. Im Rahmen dieser Analyse wurde die Betrachtung der externen Einflussfaktoren systematisch in sechs Bereiche unterteilt und detailliert beleuchtet. Hierdurch konnten für das Seniorenstift Eppingen potenzielle Chancen und Risiken identifiziert werden, die ebenfalls Auswirkungen auf die geplante Unternehmensentwicklung haben könnten. Basierend auf dieser analytischen Betrachtung, konnte das Unternehmen die verschiedenen Diversifikationsalternativen in eine entsprechende Prioritätsreihenfolge bringen, die sich aus dem jeweiligen unternehmerischen Mehrwert ergab.
Learning: Ambulante Versorgung gewinnt im Wandel an Bedeutung
Den höchsten Prioritätsrang erreichte die Implementierung eines ambulanten Dienstes. Ausschlaggebend war hier unter anderem die Möglichkeit, die ambulanten Versorgungsstrukturen als Distributionskanäle zu nutzen, um Dienstleistungen über die klassische hauswirtschaftliche und pflegerische Versorgung hinaus anknüpfen zu können. Hier sollen beispielsweise Leistungen wie Gärtnerarbeiten, Essen auf Rädern oder Unterstützung bei finanziellen und wirtschaftlichen Angelegenheiten angeboten werden. So kann die Wertschöpfungskette am Seniorenstift Eppingen auf vorgelagerte Stufen erweitert werden und Leistungen unabhängig von den gesetzlichen Regelungen des Sozialgesetzbuchs sowie der Abhängigkeit von Pflegefachkräften erbracht werden. Gleichzeitig kann dadurch dem gesellschaftlichen Bedürfnis nach einem hohen Grad an Individualität begegnet werden. In Anlehnung an das Mass-Customization-Verfahren aus der Wirtschaft und Industrie, kann mit Hilfe eines Baukastenprinzips des Dienstleistungsportfolios ein möglichst individuelles Leistungsangebot erreicht werden.
Einen besonderen Mehrwert dieses Vorgehens sieht man am Seniorenstift Eppingen v.a. in Verbindung mit einem Betreuten Wohnen/Service Wohnen. Die Kundinnen und Kunden könnten durch das Wohnangebot im Zusammenspiel mit dem Dienstleistungsportfolio des ambulanten Dienstes möglichst lange in den eigenen vier Wänden wohnen und somit einen hohen Grad an Autonomie und Individualität, selbst bei zunehmendem Pflegebedarf, erlangen. Leistungen können entsprechend der eigenen körperlichen Verfassung sukzessive hinzugebucht werden und das Bestreben eines lebenslaufbegleitenden Wohnens realisiert werden. Im Kontext eines Betreuten Wohnens/Service Wohnens lassen sich auch gewisse Synergieeffekte nutzen. So kann die Effizienz der Leistungserbringung gesteigert und der Ressourcenverbrauch reduziert werden. Der Einsatz entsprechender digitaler Lösungen kann diesen Effekt zusätzlich verstärken. Dadurch lässt sich ein deutlich gesteigerter Return on Investment (ROI) erzielen.
Im Wandel weiter wachsen: Zusätzliche Potenziale erkannt
Denkbar wäre, dieses Leistungskonstrukt im Zuge der weiteren Unternehmensentwicklung auch noch durch eine Tages- beziehungsweise Nachtpflege zu erweitern. Dies würde das Portfolio der Versorgungsleistungen ausbauen und den Grad an Synergieeffekten weiter erhöhen. Aufgrund der regulatorischen Bestimmungen und dem benötigten Investitionsvolumen, liegt diese teilstationäre Diversifikationsalternative allerdings auf einer nachgelagerten Stufe der Unternehmensentwicklung. Ebenso ist auch der erweiterte Ausbau im Bereich der vollstationären Pflegeleistungen, aufgrund des hohen finanziellen Volumens im Vergleich zu den Alternativen, erst in der langfristigen Perspektive in Betracht zu ziehen.
Da jedes Unternehmen unterschiedliche Rahmenbedingungen und Gegebenheiten aufweist, müssen die Analyse und Abwägung verschiedener Wachstumsschritte immer individuell vorgenommen werden. Die Seniorenstift Eppingen GmbH & Co. KG konnte sich auf Grundlage der beschriebenen Methodik eine langfristige Wachstumsstrategie erarbeiten. Dieses Vorgehen kann vielleicht auch anderen Einrichtungen als Hilfestellung dienen.
Kontakt zu den Autoren
- Tobias Fundis, Geschäftsführung, Seniorenstift Eppingen GmbH & Co. KG und
- Michael Radetzky, Leitung Organisation & Unternehmensentwicklung, michael.radetzky@seniorenstift-eppingen.de