Praktische Umsetzung Digitalisierung entlastet Personal an der Uniklinik Augsburg

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An der Uniklinik Augsburg werden digitale Steuerungsinstrumente eingesetzt. Wie sie richtig angewendet einen Nutzen schaffen, erklärt Pflegedirektorin Susanne Arnold.

Uniklinik Augsburg Digitalisierung
Wie digitale Steuerungsinstrumente das Personal entlasten können, zeigt das Beispiel der Uniklinik Augsburg. – © ipopba (stock.adobe.com)

„Es braucht eine Zeit des Umdenkens, bis sich Systeme etabliert haben, bis Prozesse geschliffen und Schnittstellen geschaffen sind, um den Nutzen durch die digitalen Systeme erlebbar zu machen“, fasst Susanne Arnold, Pflegedirektorin am Uniklinik Augsburg ihre Erfahrungen mit der Digitalisierung im Webinar der HCM Academy am 1. Juni 2022 zusammen. Am Ende sei das Ziel, einen Nutzen aus den digitalen Systemen zu ziehen. Die Uniklinik Augsburg beschäftige sich bereits seit 2006 mit digitalen Technologien – zunächst wurde die digitale Patientendokumentation eingeführt, darauf folgten weitere Projekte.

Digitalisierung in Schritten erreichen

Mittlerweile sei die Uniklinik Augsburg auf fünf der sieben EMRAM-Stufen vertreten. Die Klassifizierung nach EMRAM (Electronic Medical Record Adoption) sagt aus, in welchen Bereichen was digital umgesetzt sein muss, um Level null bis sieben zu erreichen. „Beispielsweise haben wir die elektronische Patientenakte bereits am ganzen Haus installiert und umgesetzt“, sagt Arnold. Das entspricht Stufe eins. Auf Stufe fünf einzuordnen ist der jüngste Schritt: Kürzlich wurde die elektronische Medikation eingeführt. Dadurch wird die Anordnung von Medikamenten elektronisch dokumentiert. „Es war ein hoher Aufwand dies einzuführen“, sagt Arnold. „Wichtig war hier v.a. die Prozesse anders zu definieren. Prozesse müssen interdisziplinär neu gedacht werden, damit sie in der Einführung gut geschult werden können“. Es sei ein großer Unterschied, ob papierlos oder papierbasiert dokumentiert wird.

Uniklinik Augsburg Digitalisierung
© Quelle: Schallmo 2019, S. 25 / Grafik: Uniklinik Augsburg

Der Weg zur digitalen Transformation läuft an der Uniklinik Augsburg in Schritten ab. Arnold erklärt, dass für die Umsetzung der Digitalisierung in Kliniken zunächst eine Analyse der Wertschöpfungskette und das Skizzieren des bestehenden Geschäftsmodells nötig seien. Darauf müssten Ziele festgelegt werden und eine Priorisierung, was mit der Änderung des Geschäftsmodells von analog nach digital erreicht werden soll. „Einrichtungen sollten sich die Frage stellen, was sie mit der Digitalisierung erreichen wollen“, sagt Arnold. Um Potenziale zu erkennen, könnten Best Practices erfasst werden, anhand derer Erfahrungen für die eigene Einrichtung gesammelt werden können. Zum Schluss werde der Fit digitaler Optionen zum eigenen Klinikum festgehalten, damit die Implementierung beginnen kann.

Tipps für eine erfolgreiche digitale Transformation

Einige Voraussetzungen müssen Kliniken laut Arnold für die Digitalisierung beachten:

  • Digitale Transformation als stetigen Prozess verstehen.
  • Erkennen: Digitalität ist kein Endprodukt.
  • Es braucht kontinuierliche Weiterarbeit an Prozessen und Projekten.
  • Mitarbeitende müssen früh und rechtzeitig eingebunden werden – sie können auch definieren, welche Technologien sie entlasten.
  • Beibehalten von digitalen Kommunikationsstrukturen.
  • Hohe Relevanz des Changemanagements berücksichtigen.

Digitale Realität in der Uniklinik Augsburg

Die digitale Patientendokumentation war das erste umgesetzte Projekt an der Uniklinik Augsburg. Weitere Digitalisierungsvorhaben wurden seitdem umgesetzt, u.a. die folgenden:

  • Digitale Patientendokumentation: Aktuell gibt es eine vollständige digitale Dokumentation entlang des Behandlungspfades in allen Abteilungen bis auf die Kinderklinik, die im Moment in der Einführung ist. Über kleine Monitore direkt am Patientenbett werden Vitaldaten erfasst und dann direkt ins System überspielt. Dadurch entfalle Dokumentationsaufwand und es werde eine spürbare Entlastung des Pflegepersonals erreicht.
  • Interner Krankentransport: Hier findet eine elektronische Anforderung des Krankentransports statt. Es können u.a. Patientendaten und Zielort sowie Zeitpunkt digital erfasst werden. Das verbessere im Haus die Koordination und Organisation des internen Krankentransportes und optimiere Einsatzpläne, was zu einer effizienteren Abhandlung von Transporten führe.
  • Pflegepersonaluntergrenzenverordnung (PpUGV): An der Uniklinik Augsburg ist bisher ein PpUG-Tool implementiert worden, das retrospektives Abrufen des tatsächlichen Personaleinsatzes ermöglicht. „Somit sind Auswertungen möglich, ob auf einer Station Untergrenzen eingehalten werden“, sagt Arnold. Es könnten auch Trends ermittelt werden, in welchen Bereichen z.B. öfter Unterschreitungen stattfinden. Prospektiv werde im Moment nur die Planung des Personals vorgenommen, der Aufwand habe sich dadurch bereits deutlich verringert.

Digitale Ambitionen

Über die bereits realisierten Digitalisierungsprojekte hinaus, sind weitere Vorhaben in der Planung oder im Stand „Forschungsprojekt“. Ein autonomer Roboter (PeTra – Personen-Transfer-Roboter-Assistent) soll zukünftig Personen begleiten und Rollstuhltransporte durchführen. Beispielsweise könnten Patientinnen und Patienten so ins Labor oder in die Diagnostik gebracht werden – das soll Transportpersonal unterstützen. Ein Ziel des Projektes sei die weitere Autonomisierung des Transportsystems. Außerdem gibt es ein Forschungsprojekt zum Aufbau einer bereichsübergreifenden Datenbank für digitales Überleitungsmanagement, das Projekt Care Regio. Die Uniklinik Augsburg geht hierin u.a. den Fragen nach, welche Bedarfe Patientinnen und Patienten haben, die z.B. entlassen werden, oder wie Überleitungsmanagement digitalisiert werden kann. So solle schneller die passendere Versorgungsstruktur gefunden werden können. Durch den Datenpool soll beispielsweise ein besserer Fit zwischen Einrichtungen sowie Patienten und Patientinnen entstehen.

Ausblick: Patientenpartizipation erhöhen

Die Patienten Journey in der Uniklinik Augsburg soll bis 2024 durch ein Patientenportal von der Überweisung durch den Hausarzt bis zur Entlassung und Überleitung digitalisiert werden. „Den gesamte Prozess über die Schnittstellen hinweg wollen wir digital abbilden“, sagt Arnold. Onlineterminbuchungen, Check-in am Terminal oder Informationen direkt am Patientenbett gehörten hier dazu. Zukünftig solle der Patient auch einen hohen Eigenanteil an der Patienten Journey haben. Dafür sei es jedoch wichtig, dass Systeme selbsterklärend und einfach seien mit einem hohen erkennbaren Nutzungsgrad. Nur so erfahre das Haus und die digitalen Technologien Akzeptanz.