Krankenhauscontrolling-Studie 2022/2023 Digitalisierung des Controllings

Das Controlling in deutschen Krankenhäusern wird digitaler. Das hat Auswirkungen auf die Berichtshäufigkeit und die Zeitnähe, mit der Informationen bereitgestellt werden. Unverändert bleiben die Tätigkeitsschwerpunkte im Controlling. Die Entwicklung hin zum Business-Partner lässt auf sich warten. Die Digitalisierung im Controlling ist seit mehr als zehn Jahren ein regelmäßiges Thema der Krankenhauscontrolling-Studie. Seit 2012 ist der Anteil der Häuser, die ein Management-Informationssystem oder ein Data Warehouse für das Berichtswesen einsetzen, ausgehend von 42 Prozent stetig gestiegen und liegt in der aktuellsten Befragung bei 70 Prozent. Wurden solche Tools zunächst v.a. von großen Häusern genutzt, liegt der Durchdringungsgrad inzwischen selbst bei den kleinen Häusern bei fast 60 Prozent. Mit der fortschreitenden Digitalisierung sind auch Erwartungen verbunden, wie sich das Controlling und das Reporting selbst verändern. In diesem Beitrag werden ausgewählte Ergebnisse der elften Befragungsrunde der Krankenhauscontrolling-Studie präsentiert und dahingehend beleuchtet, ob Zusammenhänge zwischen dem Digitalisierungsgrad und der Ausgestaltung des Controllings ausgemacht werden können. Dabei wird die Verwendung eines Data Warehouse oder ähnlicher IT-Lösungen im Berichtswesen als Unterscheidungsmerkmal genutzt. Leistungs- und Liquiditätsdaten besonders zeitnah verfügbar Berichte, die sich auf vergangene Zeitabschnitte beziehen, sind v.a. dann nützlich, wenn sie zeitnah zur Verfügung stehen. Mit einer umfassenden IT-Unterstützung können viele Daten heute prinzipiell tagesaktuell zugänglich gemacht werden. Soweit noch manuelle Eingabe- und Auswertungsschritte notwendig sind, kommt es aber zu mehr oder weniger großen zeitlichen Verzögerungen. Die Befragungsergebnisse zeigen, dass eine Datenverfügbarkeit in Echtzeit in den Krankenhäusern noch die Ausnahme ist. Überdurchschnittlich gut ist die Datenverfügbarkeit bei den Leistungs- und den Liquiditätsdaten. Bei diesen zeigt sich auch ein deutlicher Zusammenhang zwischen der Datenverfügbarkeit und dem Umfang der Digitalisierung. Von den Krankenhäusern mit einem Data Warehouse können 35 Prozent ihre Leistungsdaten und 24 Prozent ihren Liquiditätsstatus tagesaktuell abrufen. Von den Häusern ohne Data Warehouse sind hierzu nur 15 Prozent (Leistungsdaten) bzw. sieben Prozent (Liquidität) in der Lage. Die Ergebnisse zur Datenverfügbarkeit deuten darauf hin, dass Liquiditätsdaten sich besonders für eine automatisierte Verarbeitung eignen. In die gleiche Richtung deuten die Ergebnisse zum Umfang der Liquiditätsplanung. Auch diese zeigen, dass Krankenhäuser mit einer umfassenden Digitalisierung sehr viel umfangreichere Aktivitäten aufweisen. Sowohl langfristige Liquiditätsplanungen als auch kurzfristige, unterjährige Liquiditätsprognosen werden von Häusern mit einem Data Warehouse sehr viel häufiger durchgeführt als von den übrigen Häusern. Bei den Kosten- und Ergebnisberichten ist die Situation anders. Insbesondere bereichsbezogene Ergebnisberichte können nur im meist monatlichen Berichtsrhythmus abgerufen werden. Solche Berichte können offenbar oft – wenn überhaupt – erst nach umfangreichen, teilweise manuell vorzunehmenden Auswertungen zur Erlös- und Kostenallokation bereitgestellt werden. Unterschiede mit Blick auf den Digitalisierungsgrad lassen sich bei diesen Berichten nicht feststellen. Nicht automatisierte Bearbeitungsschritte scheinen hier unabhängig vom Einsatz eines Data Warehouse der Engpassfaktor zu sein. Zum Thema der Bereichsergebnisrechnungen geben die aktuellen Daten noch einen genaueren Einblick. Diejenigen Häuser, die solche Daten grundsätzlich bereitstellen, wurden auch danach gefragt, für welche Bereiche sie dies tun. Dabei zeigt sich, dass insbesondere für medizinische Fachabteilungen Bereichsergebnisse betrachtet werden. Ein umfassenderes bereichsbezogenes Berichtswesen, in dem auch für unterstützende medizinische Leistungsbereiche, andere unterstützende Leistungsbereiche oder Verwaltungsbereiche separate Ergebnisse ausgewiesen werden, ist eher selten zu finden. Offenbar scheuen viele Krankenhäuser den Aufwand einer umfassenden internen Leistungsverrechnung, die Voraussetzung für solche weitergehenden bereichsbezogenen Ergebnisberichte ist, verzichten damit aber auf die zusätzlichen Einblicke in die Wirtschaftlichkeit der unterstützenden Bereiche. Tätigkeitsprofile unabhängig vom Digitalisierungsgrad Die Digitalisierung und Automatisierung von wiederkehrenden Aufgaben führt schon seit Längerem zu der Erwartung, dass sich das Tätigkeitsprofil der Controllerinnen und Controller hin zur Rolle als Business-Partner verschiebt. Diese Erwartung konnte aber bislang nicht durch die Ergebnisse der Krankenhauscontrolling-Studie bestätigt werden. Vielmehr drängt sich der Eindruck auf, dass Effizienzgewinne bei der Datensammlung und -auswertung sowie im Berichtsprozess eher durch die Einführung weiterer Analysen und Berichte kompensiert werden, als dass es zu einer Verschiebung hin zu mehr Kommunikation und aktiver Entscheidungsunterstützung kommt. Auch die aktuellsten Befragungsergebnisse zeigen ein in dieser Hinsicht ernüchterndes Bild. Es zeigt sich unverändert, dass die Zeitanteile, die auf die Sammlung und Zusammenführung von Daten aus verschiedenen Datenquellen sowie die anschließende Aufbereitung, Analyse und Auswertung der Daten im Mittel rund 50 Prozent, zusammen mit der Berichterstellung sogar rund zwei Drittel der Arbeitszeit ausmachen. Für die Kommentierung und Kommunikation der Berichtsergebnisse werden demgegenüber im Mittel nur rund 20 Prozent der Arbeitszeit eingesetzt. Diese Ergebnisse gelten in gleicher Weise für Häuser mit und ohne Nutzung eines Data Warehouse im Berichtswesen. Somit spricht nicht nur der Zeitvergleich mit früheren, weniger stark durch Digitalisierung geprägten Jahren, sondern auch der Gruppenvergleich für einen nur geringfügigen Einfluss. Verbesserte Skalierbarkeit von Controllingaufgaben Die Digitalisierung von Arbeitsabläufen lässt einen effizienteren Einsatz der Personalressourcen auch im Controlling erwarten. Gleichzeitig spricht das beständig wachsende Aufgabenspektrum des Krankenhauscontrollings für die Einstellung weiterer Controllerinnen und Controller. Vor diesem Hintergrund wurde auch in der aktuellen Befragungsrunde der Krankenhauscontrolling-Studie nach dem Umfang der eingesetzten Personalressourcen und deren Entwicklung gefragt. Die in Vollzeitäquivalenten (VZÄ) gemessene Personalausstattung im kaufmännischen Controlling sowie in verschiedenen Bereichen des Medizincontrollings inklusive angrenzender Tätigkeitsgebiete (Kodierfachkräfte, MD-Management) wird anhand von Quoten pro 1.000 Beschäftigte ausgewiesen, da absolute Zahlen ohne Beachtung der Einrichtungsgröße keine sinnvollen Vergleiche zulassen. Die aktuellen Beschäftigtenquoten im Controlling liegen auf dem Niveau früherer Befragungsrunden. Dies gilt insbesondere für das kaufmännische Controlling, das Leistungscontrolling und das MD-Management. Etwas niedriger fällt die aktuelle Quote im Bereich der Kodierung aus, wobei dieser an das Medizincontrolling angrenzende Bereich immer noch ähnlich viel Personal benötigt, wie die übrigen Bereiche zusammen. Durch die aktuelle Analyse bestätigt wird der Befund aus früheren Jahren, dass mittelgroße und insbesondere große Krankenhäuser durchschnittlich weniger Personal für Controllingaufgaben benötigen als kleine Krankenhäuser. Darin spiegelt sich, dass der Umfang vieler Controllingaufgaben nicht proportional zur Bettenzahl wächst. In einer weitergehenden Analyse wurde für das kaufmännische Controlling und für das Leistungscontrolling auch untersucht, ob ein Zusammenhang zwischen der Personalausstattung und dem Grad der Digitalisierung besteht. Dabei zeigt sich, dass Häuser mit hohem Digitalisierungsgrad tendenziell mit weniger Controllingpersonal je 1.000 Beschäftigte auskommen. Die Skalierbarkeit der Controllingaufgaben wird offenbar durch den effektiven Einsatz moderner IT-Lösungen über den Größeneffekt hinaus noch weiter verstärkt. "Die Digitalisierung des Controllings ist schon weit vorangeschritten, ihre Potenziale werden aber oft noch nicht voll ausgeschöpft." Dr. Christian Heitmann Potenziale der Digitalisierung nicht voll ausgeschöpft Die Ergebnisse der Krankenhauscontrolling-Studie 2022/2023 zeigen, dass die Digitalisierung des Controllings in deutschen Krankenhäusern weiter voranschreitet. Gleichzeitig drängt sich aber der Eindruck auf, dass die Potenziale der Digitalisierung noch nicht in vollem Umfang gehoben werden. Insbesondere die unveränderten und unabhängig vom Digitalisierungsgrad beobachtbaren Tätigkeitsprofile lassen vermuten, dass die Zusammenführung, Plausibilisierung und Auswertung von Datenbeständen häufig noch mit Anpassungsschritten außerhalb der vorhandenen Systeme verbunden sind. Durch eine stärkere Automatisierung solcher wiederkehrenden Aufgaben könnten Controllerinnen und Controller ihre Arbeitszeit zukünftig stärker auf die Interpretation und Kommunikation der Ergebnisse konzentrieren. Fakten zur Krankenhaus- controlling-Studie 2022/2023 Die Befragungsstudie zum Stand des Controllings in deutschen Krankenhäusern wird seit 2011 regelmäßig vom Deutschen Verein für Krankenhauscontrolling (DVKC) e.V. gemeinsam mit dem Lehrstuhl für Controlling der Bergischen Universität Wuppertal und Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Curacon durchgeführt. Die Befragungsstudie richtet sich an alle deutschen Krankenhäuser, von denen in der jüngsten, über den Jahreswechsel 2022/2023 durchgeführten Befragungsrunde rund fünf Prozent (90 Krankenhäuser) teilgenommen haben. Schwerpunkte der Studie waren neben den in diesem Beitrag betrachteten Themen (Organisation des Controllings, Berichtswesen, Planung) erstmals auch die Nachhaltigkeitsberichterstattung (siehe hierzu: HCM-Ausgabe 2/2023) sowie in zwei gesonderten Abschnitten das Controlling in der Pflege und die Auswirkungen des veränderten Entgeltsystems in psychiatrischen und psychosomatischen Einrichtungen. Studienergebnisse im Detail Alle Ergebnisse der Studie sind im Detail in der Studienschrift nachzulesen. Sie kann als Print- oder PDF-Version kostenlos unter https://www.curacon.de/impulse/studien und unter www.dvkc.de bestellt werden. Kontakt zu den Autoren Prof. Dr. Nils Crasselt, Inhaber des Lehrstuhls für Controlling an der Schumpeter School of Business and Economics der Bergischen Universität Wuppertal, crasselt@wiwi.uni-wuppertal.de Dr. Christian Heitmann, Partner und Leiter Geschäftsbereich Unternehmensberatung, Curacon, Münster, Christian.Heitmann@curacon.de Prof. Dr. Björn Maier, Studiendekan an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg Mannheim, Bereich Gesundheitswirtschaft, und Vorstandsvorsitzender des DVKC e.V., bjoern.maier@dhbw-mannheim.de

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