Digitalisierung, Fachkräftemangel und Nachhaltigkeit
Die wirtschaftliche Belastung durch die Corona-Pandemie war 2022 im Gesundheitswesen weiterhin deutlich spürbar. Gleichzeitig haben bedeutende Schritte bei der Digitalisierung zu einer besseren Patientenversorgung geführt. Was erwartet die Branche 2023?

2022 war ein Jahr voller technologischer Veränderungen für die Gesundheitsbranche. Viele Krankenhäuser haben begonnen, im Rahmen des Krankenhauszukunftsgesetzes (KHZG) in ihre digitale Infrastruktur zu investieren. Dies sind u.a.
- Automatisierung von Arbeitsprozessen sowie
- Ausbau der Vernetzung innerhalb des Gesundheitswesens.
Auch die Nutzung der elektronischen Patientenakte (ePA) in medizinischen Einrichtungen hat nach einigen Startschwierigkeiten zugenommen und mehr Struktur in die Datenverwaltung gebracht.
Digitalisierung von Arbeitsprozessen im Gesundheitswesen
In diesem Jahr wird die Digitalisierung von Arbeitsprozessen für Gesundheitseinrichtungen essenziell sein, um die kommenden Herausforderungen erfolgreich zu meistern. Dabei sollen insbesondere drei Entwicklungen eine entscheidende Rolle spielen:
- Mit Automatisierung dem Fachkräftemangel entgegensteuern
Um sicherzustellen, dass Patientinnen und Patienten eine qualitativ hochwertige Versorgung erhalten, sind ausgebildete Fachkräfte gefragt. Es ist daher nicht überraschend, dass der aktuelle Mangel an Ärztinnen und Ärzten sowie Pflegekräften Folgen für die Gesundheitsversorgung hat. Zu spüren war dies kürzlich, als sich das RS-Virus ausbreitete: In vielen Kinderkliniken konnte allein aufgrund fehlenden Fachpersonals Betten nicht belegt werden. Dabei arbeiten vorhandene Pflegekräfte bereits unermüdlich. Aus einer Nuance-Studie geht beispielsweise hervor, dass Krankenpflegerinnen und -pfleger oftmals mehr als 40 Stunden pro Woche arbeiten – die Folge: 99 Prozent fühlen sich im Arbeitsalltag überlastet und ausgebrannt.
Wenn sich Gesundheitseinrichtungen vor den Folgen des Fachkräftemangels schützen wollen, müssen sie daher attraktivere Arbeitsbedingungen schaffen und die Angestellten entlasten. KI-gestützte Spracherkennung soll dabei helfen, den Arbeitsaufwand für administrative Prozesse zu reduzieren: Mittels Spracheingabe soll das medizinische Fachpersonal schneller und einfacher klinische Dokumente erstellen können.
Die Mitarbeitenden des Klinikums Stuttgart verbringen beispielsweise im Monat bereits einen ganzen Tag weniger vor dem Bildschirm dank Cloud-basierter Spracherkennung. Sie setzen diese v.a. für lange Fließtexte wie
– Gutachten,
– Arztbriefe oder Befunde,
– aber auch während der Befundung, z.B.in der Radiologie
ein. Die eingesparte Zeit, kann so in die Patientenversorgung oder auch in Fortbildungen investiert werden. Das Uniklinikum Jena setzt ebenfalls auf KI-gestützte Spracherkennung und konnte damit die Zeit, die für die Erstellung von OP-Berichten nötig ist, halbieren. Gerade in der Unfallchirurgie und der Zentralen Notaufnahme des Klinikums hat es sich als besonders hilfreich erwiesen, dass Dokumente nun schneller verfügbar sind. - Das Thema Nachhaltigkeit kommt in Krankenhäusern an
Im Gesundheitswesen werden weltweit doppelt so viele Treibhausgase ausgestoßen wie im gesamten Flugverkehr. Eine Studie zeigt, dass die Gesundheitsbranche allein für 5,2 Prozent der deutschen Treibhausgasemissionen verantwortlich ist. Die Folgen sind nicht nur negative Auswirkungen auf die Umwelt, sondern auch auf die Gesundheit der Menschen. Das Bewusstsein für Nachhaltigkeit im Gesundheitswesen wächst daher zunehmend. Das liegt nicht zuletzt auch daran, dass die Branche angesichts der europäischen Klima- und Energieziele für 2030 unter zeitlichem Druck steht, ihren Beitrag zu leisten und eine nachhaltige Gesundheitsversorgung zu ermöglichen.
Damit Einrichtungen geeignete Klimaschutzmaßnahmen einleiten können, müssen sie die Menge ihrer erzeugten Emissionen quantifizieren. Das gilt gerade im Bereich der Lieferketten von Krankenhäusern, in dem die meisten Emissionen anfallen. Dieser Prozess soll durch sogenannte Treibhausgasrechner unterstützt werden, welche die verschiedenen Emissionsquellen abbilden.
Ein zusätzlicher Schritt, den Krankenhäuser gehen können, um als Green Hospitals zum Klimaschutz beizutragen, ist die Migration der IT-Infrastruktur in Rechenzentren von Cloud-Anbietern. Moderne Rechenzentren seien energieeffizienter und stoßen weniger CO2 aus als herkömmliche Rechenzentren, die in der Regel gewaltige Mengen an Strom verbrauchen. Vorteil: Krankenhäuser bekommen über die Cloud-Technologie für bereits ältere Endgeräte die neuesten Funktionen bereitgestellt. - Ausbau des sektorenübergreifenden Datenaustauschs
Im Gesundheitswesen wird dieses Jahr ein verstärkter Fokus auf den intersektoralen Informationsaustausch gelegt. Laut dem vom Expertengremium Interop Council veröffentlichten Plans für 2023 und 2024 sollen Forschungsdaten durch internationale Standards und gemeinsame Schnittstellen künftig besser zugänglich gemacht werden. Auch die europäische Kommission hebt die Relevanz der Datennutzung hervor und will mit dem Europäischen Gesundheitsdatenraum (EHDS) digitale Daten in den Dienst der Gesundheitsversorgung stellen, um Forschungen und Innovationen stärker zu begünstigen.
Um künftig eine effizientere und zuverlässigere Patientenversorgung zu gewährleisten, müssen Daten an allen Stationen der Versorgungskette und über alle Sektoren des Gesundheitsbereichs hinweg v.a. schnell zur Verfügung stehen. So müssen beispielsweise die präklinische Notfallmedizin und der ambulante Sektor mit post-akuten Rehabilitationseinrichtungen oder Pflegeeinrichtungen wie Altenheimen zügig miteinander kommunizieren können.
Auch hierbei kann sich der Einsatz KI-gestützter Spracherkennung als nützlich erweisen. Auf Mikroebene ermöglicht sie bereits einen schnellen Informationsaustausch: Dr. Retzl, Facharzt für diagnostische Radiologie in der bayrischen Gemeinde Pentling, nutzt z.B. in seiner Praxis Cloud-basierte Spracherkennung, um ausführliche Befunde zu erstellen. Diese stehen seinen Patientinnen und Patienten dann direkt beim Verlassen der Praxis zur Verfügung, was die Zusammenarbeit mit der überweisenden Ärzteschaft erleichtern soll. Die Anschlussbehandlung könne dadurch schneller erfolgen. Dies sei auch ein erster Schritt, um Daten bei einem Notfall künftig in Echtzeit übertragen zu können.
Patientenversorgung verbessern
Der Fokus liegt 2023 darin, die Versorgung der Patientinnen und Patienten kontinuierlich zu verbessern. Digitalisierungsprozesse sollen entscheidend dazu beitragen, um der Überlastung der Mitarbeitenden entgegenzuwirken und den intersektoralen Datenaustausch zu verbessern. Darüber hinaus werde auch das Thema Nachhaltigkeit für das Gesundheitswesen immer wichtiger. Für die Zukunft gelte es, Technologien richtig einzusetzen, um die anstehenden Aufgaben zu meistern und Innovation voranzutreiben.
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Autor
Dr. Markus Vogel, Chief Medical Information Officer (CMIO) und Senior Director Medical Accounts DACH, Nuance Communications; Kontakt: markus.vogel@nuance.com.