Das letzte Wort gibt HCM Mitarbeitenden aus dem Gesundheitswesen. Diesmal lautet das Thema: Impfpflicht in medizinischen Einrichtungen.
Ab dem 15. März gilt für Beschäftigte in medizinischen Einrichtungen eine Impfpflicht gegen Corona. Was halten Sie davon?
Langer: Ich bin seit der ersten Welle mit dem Krankheitsbild vertraut und habe einen riesigen Respekt vor dieser Krankheit. In unserem Beruf gibt es einfach nicht die Möglichkeit, Abstand zu halten. Ich kann bei einer Operation dem Arzt das OP-Besteck schließlich nicht zuwerfen oder mit Patientinnen und Patienten aus der Ferne interagieren. Ich befürworte die Impfpflicht aber nicht nur aus beruflicher Sicht. Privat kümmere ich mich um meine Eltern. Es wäre das Schlimmste gewesen, sie wegen einer schweren Corona-Infektion nicht mehr betreuen zu können.
Wie gehen Sie in Ihrer Einrichtung mit der Impfpflicht um?
Langer: Wir hatten schon vor der Ankündigung eine sehr hohe Impfquote, die Bereitschaft zur Impfung war größtenteils sehr früh da. Natürlich gibt es auch Mitarbeitende, die die Impfung verweigern oder skeptisch sind. Letztendlich müssen wir diese Personen aber ab dem 15. März 2022 dem zuständigen Gesundheitsamt melden. Nur das darf dann einen Zutritt zur jeweiligen Einrichtung verwehren. Aufgrund der aktuell steigenden Zahlen und der komplizierten Datenschutzregelung kann das Amt aber mit der Bearbeitung in Verzug kommen. Die Klinik selbst hat da keine Möglichkeiten, früher zu handeln oder zu planen, sondern muss sich an die gesetzlichen Vorgaben halten.
Welche Argumente bringen die Mitarbeitenden, die sich nicht impfen lassen wollen?
Langer: Es gibt viele, die meiner Meinung nach einfach bockig und stur sind. Sie verstehen beispielsweise nicht, weshalb für sie eine Impfpflicht gilt, für Beschäftigte in Kindergärten oder Schulen jedoch nicht. Den Gedankengang kann ich noch halbwegs nachvollziehen. Hier hat die Politik verschlafen, eine konsequente Linie zu fahren und richtig zu kommunizieren. Grundsätzlich finde ich aber, dass Menschen, die im Gesundheitswesen arbeiten, schlau genug sein sollten, die Impfung wahrzunehmen. Bei der Masernimpfung war es damals doch auch kein Problem. Eigentlich sollte hier die Vernunft eines jeden Einzelnen greifen und keine Pflicht dafür sorgen müssen. Ich denke aber, dass einige die Impfpflicht jetzt bewusst als dankbare Chance nutzen werden, um aus dem Beruf auszusteigen. Die Impfpflicht wär dann sozusagen der Tropfen, der das Fass endgültig zum Überlaufen gebracht hat.
Was unternehmen Sie als Personalrätin, um Ihre Kolleginnen und Kollegen vom Gegenteil zu überzeugen?
Langer: Wir als Personalrat haben die Pflicht, die Mitarbeitenden rechtlich zu beraten. Das heißt, sie würden vollständig aus dem Dienst freigestellt, bekämen kein Gehalt mehr, keine Rentenansprüche und wären nicht mehr krankenversichert. Das Ausmaß ihrer Entscheidung ist den meisten gar nicht bewusst. Bei den ausländischen Beschäftigten fehlt es teilweise einfach an der nötigen Aufklärung. Letzte Woche bin ich durch die Klinik gelaufen und habe mit jemandem gesprochen, der überhaupt nicht verstanden hat, was von ihm verlangt wird. Ich habe dann einen Dolmetscher hinzugezogen und so von der Impfung überzeugen können.
Können Sie bei dem personellen Notstand überhaupt auf Fachkräfte verzichten?
Langer: Natürlich sieht es personell nicht gut aus. Aber ich sag es mal so: Qualität geht über Quantität. Wer so unvernünftig ist, sich in dieser Branche nicht impfen zu lassen, auf diese Personen kann man verzichten. Jetzt zu sagen ‚Ihr braucht mich ja‘, was ist das denn für eine Haltung den Kolleginnen und Kollegen gegenüber? Die Pflegekräfte gehen seit einer Ewigkeit an ihr physisches und mentales Limit. Die Erfahrung hat aber gezeigt, dass am Ende weniger Leute gehen werden als befürchtet, weil ihnen etwas am Job liegt. Und das macht wiederum Hoffnung.
Das Gespräch führte Dominik Müller.