Spracherkennung Die Stimmung steigt

Automatische Anamnesetransskription, mehr Zeit für den Patienten und Zufriedenheit in der Ärzteschaft, das verspricht die moderne Spracherkennung für den Klinikalltag. Eine neue Studie macht jetzt deutlich, worin das eindeutige Optimierungspotenzial der digitalen Lösungen steckt.Die Überlastung der Ärzteschaft wird durch aufwändige Dokumentationsprozesse begünstigt. Dagegen kann Spracherkennung etwas tun.Die klinische Dokumentation hat sich seit der Einführung der elektronischen Patientenakte gewandelt: Klinische Daten und therapeutische Maßnahmen müssen digital festgehalten werden. Ärzte und Pflegefachkräfte verbringen daher einen großen Teil ihrer Arbeitszeit pro Tag mit der Datenerfassung vor dem Computer. Vier Stunden pro Tag sind es im Schnitt. Das ergab 2015 eine Umfrage unter Ärzten und Pflegekräften in Deutschland (HIMSS Europe & Nuance 2015). Spracherkennung kann diese Zeit massiv verkürzen. Eine aktuelle Studie am Universitätsklinikum Düsseldorf zeigt jetzt, dass Dokumentationsprozesse mit Spracherkennung durchschnittlich 26 Prozent schneller ablaufen (Vogel 2015). Dazu wurde in einem Studiensystem randomisiert Spracherkennung zu Verfügung gestellt. Bei insgesamt 718 Dokumenten (49,35 Prozent) kam damit ein Spracherkennungstool zum Einsatz. Die übrigen Dokumente wurden durch die Ärzte selbst getippt. Nun wurden beide Gruppen miteinander verglichen. Gemessen wurden auf beiden Seiten die erforderliche Zeit der Dokumentation inklusive aller Korrekturen, die Zeichenzahl und eine Angabe über die Stimmung der Teilnehmer. Die Teilnehmer bewerteten ihre Stimmung auf einer Skala von 1 bis 3 (1 = gut, 2 = mittel, 3 = schlecht) selbst. Die statistische Analyse erfolgte durch Permutationstests. Das Ergebnis: Ohne Spracherkennung betrug die Dokumentationsgeschwindigkeit durchschnittlich 173 Zeichen pro Minute, mit Spracherkennung 217; ein Plus von 26 Prozent. Auch der Umfang der Berichte, die mit Spracherkennung verfasst worden waren, nahm deutlich zu, sie waren um 82 Prozent länger. Die selbsterfasste Stimmung verbesserte sich von 1,6 auf 1,3. Damit ist nicht nur bewiesen, dass der Einsatz von Spracherkennung zu einer schnelleren und umfassenderen Dokumentation führt, sondern auch die Stimmung des klinischen Personals steigt. Dabei verfügte das in der Studie verwendete Spracherkennungssystem noch nicht über einen Deep-Learning-Mechanismus so wie die neuen am Markt verfügbaren Tools. Lernende Systeme erleichtern DokumentationDie neuen Systeme basieren auf künstlichen neuronalen Netzen, sogenannten Deep Neural Networks, und komplexen statistischen Modellen. Damit hat der Arzt unmittelbaren Einfluss auf „sein“ System, fast wie bei einem menschlichen Zuhörer. Das Ergebnis ist eine nie gekannte Genauigkeit in der Spracherkennung. Die zu erwartenden Ergebnisse liegen sogar noch über den erwähnten Daten. Jedes System kann zusätzlich mit geringem Aufwand individuell oder für eine Gruppe optimiert werden. Dieser Schritt ist durch die extensive Weiterentwicklung der Systeme gar nicht mehr notwendig. Neue Ausdrücke oder individuelle Abkürzungen lassen sich in wenigen Sekunden hinzufügen, das System lernt auch automatisch während der Nutzung mit. Jederzeit kann so einfach und nachhaltig in den Erkennnungsprozess eingegriffen werden, bis individuelle Perfektion erreicht ist. Ärzte und Pfleger sparen damit nicht nur Zeit, auch die Qualität der Dokumentation steigt. Weniger Nachbearbeitung, mehr TransparenzDas wiederum erleichtert Kliniken, die Anforderungen von Krankenkassen in der Dokumentation einfacher zu erfüllen und Nachfragen zur Abrechnung auf sicherer Weise nachzukommen, während zugleich die Kosten für traditionelle Transkription und manuelles Nacharbeiten sinken. Dieser positive Effekt innerhalb der Klinik steigt übrigens nicht nur gleichmäßig, wie die direkt gesparte Zeit bei Ärzten, mit jedem weiteren Nutzer exponenziell an. Der Hauptprofiteur von Spracherkennung ist und bleibt jedoch der Patient. Wenn Ärzte und Pflegekräfte weniger Zeit mit dem Computer verbringen müssen, haben sie mehr davon für den Patienten. Davon profitieren am Ende das Arzt-Patienten-Verhältnis und die Qualität der Behandlung. Ein Beispiel: Der Patient kann die ärztliche Dokumentation, wenn Arzt und Patient es möchten, live mithören, fühlt sich so besser in die Behandlung eingebunden und entwickelt ein tieferes Therapieverständnis.

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