Digitalisierung, Entscheiderfabrik und Informationstechnik
In Teil 2 der Serie zur digitalen Transformation im Krankenhaussektor von HCM und der AHIME Academy of Health Information Management liefert die Vestische Kinder- und Jugendklinik Datteln Einblicke und Inspiration in die Gestaltung des digitalen Wandels u.a. durch Digital Coaches.

Die zentralen Herausforderungen in der Digitalisierung liegen nicht im Vorhandensein von Tools wie einer formulierten IT-Betriebsstrategie zum sicheren Betrieb von Hard- und Software oder in der Auflösung des digitalen Investitionstaus. Es ist das Bewusstmachen des Dekonstruktionsprozesses, der etablierte und funktionale Geschäftsprozesse – ob analog oder elektronisch – in der digitalen Transformation trifft. Im Krankenhaus mit seiner personalintensiven Kerndienstleistung der Patientenversorgung kommt dem Change Management und Leadership deshalb eine fundamentale Bedeutung zu. Sie verläuft wie in Abbildung 1 dargestellt in drei Schritten:
- Schritt 1: „Aufbrechen verhärteter Strukturen“
- Schritt 2: „Einführung neuer Herangehensweisen mit dem Ziel der Verhaltensänderung“
- Schritt 3: Verankerung des Wandels in der Unternehmenskultur
Die deutschen Kliniken müssen sich mit der digitalen Lösungen der Industrie vom Struktur- zum Prozesskrankenhaus wandeln. Die Gestaltung einer digitalen Agenda (siehe HCM Ausgabe 3/23, Seite 46, Teil 1 der Serie) gilt als weitere Dimension der Unternehmensstrategie. Die Vestischen Caritas Kliniken arbeiten seit 2020 als Mitglied der Hospitalgemeinschaft Hosp.Do.IT daran. Im Fokus stehen die Bereiche: Digitalstrategie, Digital Business, Digital Patient Relationship Management und Digital Work.
Zu Beginn wurden alle Fokusbereiche mit gleicher Wichtigkeit und Dringlichkeit entwickelt. Das Krankenhauszukunftsgesetz (KHZG) und die Krankenhausstrukturfondsverordnung (KHSFV) legten die Dringlichkeit auf das Mapping der Digitalstrategie mit den KHZG-Fördertatbeständen. Die Umsetzung der digitalen Agenda blieb dabei der wesentliche Change-Management-Bestandteil der Gesamtausrichtung der Vestischen Caritas Kliniken, v.a. der Vestischen Kinder- und Jugendklinik.
Kommunikationsaufgabe Digitalstrategie
Die Umsetzung der digitalen Agenda im Zusammenspiel mit der Unternehmensstrategie, der Medizinstrategie und weiterer strategischer Überlegungen stellt Kliniken vor dem Hintergrund der oben genannten drei Schritte vor große Herausforderungen. Deren Lösung beginnt damit, dass angefangen für das Unternehmen Krankenhaus als Gesamtorganisation, aber auch für die Geschäftsfelder Digitalisierung, Medizin, IT etc. die Ziele der Veränderung in den jeweiligen Steuerungskreisen festgelegt werden. Anschließend wird die Mitarbeiterkommunikation gestartet. Das heißt, es werden
- Vision, Mission, Werte, Strategie, Ziele sowie Planung und Kontrolle transparent dargelegt und
- Verständnis dafür geschaffen (siehe Abbildung 2).
In der Vestischen Kinder- und Jugendklinik Datteln wurde dazu eine neue Aufbau- und Ablauforganisation für die Digitalisierung geschaffen. Die Rolle der Chief Digital Officer (CDO), die die Umsetzung der digitalen Agenda verantwortet, wurde ebenso etabliert wie die Position „Digitalisierungsbeauftragte/r“ sowie unterschiedliche Positionen der Projektleitung für die einzelnen Digitalisierungsprojekte. Die Digitalisierungsbeauftragten sind in jeder Abteilung, jedem Bereich der Klinik zu finden und dienen als Sprachrohr für ihren Bereich sowie als zentrale Ansprechperson für die Kolleginnen und Kollegen des Bereiches. Sie sind tief eingebunden in den Prozess der digitalen Transformation. Die Projektleitungen verantworten die erfolgreiche Umsetzung der einzelnen Digitalisierungsvorhaben und haben dabei v.a. die Neugestaltung der Prozesse im Blick. Im neu geschaffenen Gremium „Steuerungsboard Digitalisierung“ erfolgt der Austausch zwischen CDO, IT, Qualitätsmanagement und den Projektleitungen – die gemeinsam zu bearbeitenden Themen werden aggregiert.
Alle einbinden mit Multiprojektmanagement
Auf Basis des neu eingeführten Multiprojektmanagements werden Ideen und Anforderungen – sei es KHZG-Muss-Kriterien oder aber auch Mitarbeitervorschläge – anhand eines standardisierten Vorgehens
- bewertet,
- bearbeitet und
- in Projekten umgesetzt.
Der gesamte Prozess ist transparent und nachvollziehbar für die Mitarbeitenden aufbereitet. Durch deren Einbindung und die ergänzende Kommunikation über einen regelmäßigen Newsletter sowie monatlichen Roundtables zur Digitalisierung wird das Verständnis und das Interesse für die digitale Transformation bei den Mitarbeitenden stetig größer.
Erleichterung durch ein Leitbild für alle
Die Ebenen Strategie, Ziele sowie Planung und Kontrolle sind bezogen auf Change Management und Leadership eine leichte Hürde; die Ebenen Vision, Mission und Werte dagegen eine schwierige. Alle internen Stakeholder, aber auch die Patientinnen und Patienten wollen mitgenommen und dafür gewonnen werden. Auch die IT, als der zentraler Dienstleister für die Digitalisierung bzw. die digitale Transformation des Krankenhauses, ist hier nicht ausgenommen. Hierbei hilft ein Leitbild.
Digital Coaches für die interne Kommunikation
Gerade in der Kommunikation zu den Mitarbeitenden werden die Defizite um die Digitalisierung im Krankenhaus sichtbar, v.a. dann,
- wenn es an Prozessverständnis mangelt,
- die Chancen der Digitalisierung nicht erkannt werden oder
- es an hinreichenden IT-Skills fehlt.
Die Lösungen, auf die die Vestische Kinder- und Jugendklinik setzt: Fort- und Weiterbildungen sowie die Begleitung durch Digital Coaches und Digitalisierungsbeauftragte. Grundlage bildet das von Hosp.Do.IT mit externer Unterstützung angebotene Graduate-Programm Digital Health Manager und das Trainee-Programm „Digital Health Expert“. So werden in der Vestischen Kinder- und Jugendklinik die ernannten Digitalisierungsbeauftragten im Rahmen eines internen Qualifizierungsprogramms geschult. Neben Basic-IT-Skills zur Bedienung der täglich zu nutzenden Tools werden sie in Projektmanagement, Kommunikation, Konflikt- und Change Management fortgebildet, um den Digitalisierungsprozess ihres Hauses in allen Facetten begleiten zu können. Bei allen Entwicklungen wird dabei stets der Purpose und das „Big Picture“ nicht vergessen bzw. aufgezeigt, um breite Zustimmung und somit ein gelebtes gemeinsames Vorgehen zu bewirken.
Kontakt zur Autorin/zum Autor
Daniela Aufermann, Chief Digital Officer der Vestischen Kinder- und Jugendklinik Datteln, d.aufermann@kinderklinik-datteln.de
Dr. Pierre Michael Meier, Generalbevollmächtigter Hospitalgemeinschaft Hosp. Do.IT, pierre-michael.meier@hosp-do-it.de