KHZG
Die Corona-Krise hat auch die Digitalisierungsdefizite des deutschen Gesundheitswesens offengelegt. Jetzt gilt es, das Krankenhauszukunftsgesetz (KHZG) als Chance für die schnelle Umsetzung der digitalen Transformation zu begreifen.

Laut einer Blitzumfrage der Forschungsgruppe Informatik im Gesundheitswesen der Hochschule Osnabrück (Herbst 2021) wollten mehr als 98 Prozent der Klinikbetreiber in Deutschland einen KHZG-Antrag stellen. Die gute Nachricht: Sie haben es tatsächlich getan. Vor allen Dingen, weil sie mit Hilfe der Digitalisierung die Qualität der medizinischen Versorgung zum Wohle der Patient*innen steigern wollen.
Es ist gut, dass Klinikbetreiber erkennen, dass Digitalisierung mehr ist als das Anzapfen von Fördertöpfen. Wir haben in den vergangenen Jahren ein Feuerwerk an Gesetzesinitiativen gesehen. Einige sehr zielführend, andere weniger. Aber es fehlte oft der Glauben, dass Digitalisierung einen langfristigen Nutzen bringt. Das galt nicht nur für das Gesundheitswesen. Aber es tut sich etwas. Das wird auch die DMEA zeigen. Die Krankenhäuser erhalten durch das KHZG rund 4,3 Milliarden Euro für die Digitalisierung. Geld, dass die Klinikbetreiber für die Implementierung digitaler Lösungen nutzen.
Die Krankenhäuser haben laut der Blitzumfrage besonderes Interesse an der vom KHZG geförderten
- digitalen Pflege- und Behandlungsdokumentation (95,5 Prozent),
- Patientenportalen (79,9),
- dem digitalen Medikationsmanagement (73,4) sowie
- IT-Sicherheit (56,5).
Unabhängig vom Versorgungssektor besteht in Deutschland auch ein großer Nachholbedarf beim Thema Cloud. Die Cloud ist ein wesentlicher Faktor, die ebenfalls vom KHZG geforderte Interoperabilität von heterogenen Systemen zu überwinden. Nur mit Hilfe der Cloud lassen sich Informationen, Daten und Dokumente effizient austauschen und auswerten. Und das zwischen allen Beteiligten im Gesundheitswesen: Krankenhäusern, Fachärzten, Pflegeeinrichtungen, Apotheken, Krankenkassen und viele mehr.
Digitalisierungsstimmung zur Bewältigung von Herausforderungen nutzen
Jetzt ist es wichtig, die positive Digitalisierungsstimmung zu nutzen. Die Impulse müssen in die Realität umgesetzt werden. Dabei müssen alle Beteiligten zahlreiche Herausforderungen meistern: Vor allem im Krankenhausbereich ist enormer Druck im Kessel. Zum einen wegen der auch im KHZG sehr ehrgeizig gesetzten Fristen. Zum anderen aufgrund des Fachkräftemangels. Damit haben sowohl die Kliniken als auch die Dienstleister zu kämpfen.
Leider sehen auch einige Landesdatenschützer Cloud-Lösungen im Klinikbereich skeptisch. Obwohl sie laut KHZG explizit förderfähig sind. Solche Widersprüche verunsichern und müssen dringend behoben werden. Da ist der Gesetzgeber gefordert. Zudem ist die Sicherheit der IT-Systeme eine Dauerherausforderung. Das haben die Ransomware-Attacken der vergangenen Jahre gezeigt. Und diese Bedrohung – Stichwort: Ukrainekrise – wird nicht geringer. Kliniken gehören zu den so genannten kritischen Infrastrukturen. Um ihre Systeme zu schützen, bedarf es externer Unterstützung von besonders ausgebildeten Spezialisten. Rund 1.500 arbeiten bei der Telekom im Bereich Security.
Digitalisierung muss Patientinnen und Patienten adressieren
Und last not least muss die intersektorale Vernetzung verbessert werden. Stichwort Vernetzung: Mit E-Rezept oder Patientenakte bekommt die Telematik-Infrastruktur sukzessive mehr Nutzen vor allem für die Patient*innen. Der Zugang zu digitalen Patientendiensten ist heute aber noch zu sperrig. Gerade ältere Menschen scheitern schon an der Eingabe von PINs. Und viele sind inzwischen von ihren Smartphones Einfacheres gewohnt: Fingerabdruck oder etwa Gesichtserkennung. Digitale Identitäten versprechen hier Abhilfe. Dieser wichtige Technologie-Wechsel steht für die Branche unmittelbar vor der Tür. Apps zum Fax-Versand für Krankenversicherte sollten dabei nicht irritieren: Auch Dinosaurier haben Überlebensstrategien entwickelt. Mit bekanntem Ausgang.
Egal, was künftig für Patientinnen und Patienten getan wird: Es geht nicht ohne maximalen Datenschutz und Datensparsamkeit sowie Transparenz. Die Corona-Warn-App der Bundesregierung zeigt, wie sich mit diesen Faktoren in der breiten Bevölkerung punkten lässt: Mit 45 Millionen Downloads ist sie eine der erfolgreichsten Corona-Tracing-Apps weltweit. Und wird international aufgrund ihres großen Erfolgs und wegen ihres Datenschutz-Konzeptes als Musterbeispiel gefeiert. Die CWA bietet viele „Lessons learned“ für künftige Software-Entwicklungen im Gesundheitsbereich.
Künstliche Intelligenz hilft bei Entscheidungen
Diese positive Erfahrung kann der Digitalisierung des Gesundheitswesens einen großes Schub geben. Das Internet der Dinge wird zudem um das Internet der medizinischen Geräte erweitert. Die digitale Integration von Geräten in medizinischen Einrichtungen und bei Patientinnen und Patienten wird rasant zunehmen. Die stetig wachsende Datenmenge wird aber noch keinen Mehrwert bringen. Künstliche Intelligenz wird dabei helfen, die immer größer werdenden Datenmengen auswerten und nach Mustern suchen. Diese können z.B. Entscheidungen von Ärztinnen und Ärzten unterstützen. Das verbessert die Versorgung und verringert Risiken. Dies wird mit einer zunehmenden Verlagerung von Daten und Analytik in die Cloud einhergehen. Was das KHZG auch explizit ermöglicht und erlaubt.
Die Telekom kann mit ihrem Health-Portolio eine wichtige Rolle bei der Digitalisierung des Gesundheitssystems spielen. Als IT-Dienstleister deckt sie zehn von elf Fördertatbeständen des Krankenhauszukunftsgesetzes (KHZG) ab. Telekom Clinical Solutions hat das Krankenhausinformationssystem iMedOne überarbeitet, bietet z.B. Patientenportale sowie spezielle Cloud-Dienste und Security-Lösungen für Krankenhäuser an.
Die Anforderungen und der Zeitplan zur Umsetzung des KHZG sind sowohl eine große Herausforderung und als auch eine Chance für die Patientinnen und Patienten und die Klinikbetreiber in Deutschland. Noch ist der digitale Nachholbedarf immens. Niemand kann erwarten, dass Digitalisierung über Nacht gelingt. Und die Kliniken brauchen neben externen IT-Spezialist*innen, die ein möglichst breites Know-how mitbringen, vor allem Planungssicherheit. Dazu gehört es auch, die Anschlussfinanzierung für den Betrieb und die Weiterentwicklung der digitalen Lösungen zu sichern. Mit dem KHZG wurde eine gute Basis gelegt.
Kontakt zum Autor
Michael Waldbrenner, Geschäftsführer Deutsche Telekom Clinical Solutions GmbH, info@telekom-healthcare.com