Modellierung Ambulantisierung und Krankenhausplanung Die beste Krankenhausführung ist gefragt

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Die Ambulantisierungsoffensive und die neue Krankenhausplanung in NRW bringen neue Chancen und Herausforderungen für das Klinikmanagement mit sich. Mit guter Vorbereitung kann der Wandel zum Erfolg gereichen. Dazu gehört v.a. eine stringente Analyse der Leistungsbereiche.

Krankenhausmanagement
Die aktuellen Herausforderungen der Neuordnung der Krankenhausversorgung erfordern exzellentes Management. – © absent84 (stock.adobe.com)

Die möglichen Auswirkungen des IGES-Gutachtens und der damit einhergehenden Ambulantisierungsoffensive wurde unter den Experten und Expertinnen des Gesundheitswesen rauf- und runter diskutiert. Ebenso werden seit dem Startschuss zum 1. September 2022 die neuen Planungsvorgaben der Krankenhausplanung NRW intensiv debattiert. Der Großteil der Diskussionen dreht sich um die Herausforderung und rückt eher die Risiken in den Fokus. Dabei sind die Chancen für viele Kliniken mindestens ebenso groß, wenn die Krankenhausführung gemeinsam an einer Struktur- und Prozessoptimierung arbeitet.

Das Krankenhausmanagement sowie die medizinische und die pflegerische Führungsebene stehen vor einer der größten strukturellen Herausforderungen der letzten Jahrzehnte. Das IGES Gutachten und die Vorstöße der neuen Krankenhausplanung NRW geben den Startschuss zu einer umfassenden Strukturreform. Wer nicht vorbereitend analysiert und einen guten Umsetzungsplan verabschiedet, läuft Gefahr vom Markt zu verschwinden.

Ausgangssituation auf Basis des IGES-Gutachten und der Krankenhausplanung NRW

Die Ausgangssituation soll in den nachfolgenden Abbildungen einmal kompakt dargestellt werden:

© BinDoc/Grafik: HCM

Die Schaubilder bringen die Dimension der Veränderungen auf den Punkt. Wir werden zukünftig deutlich mehr Fälle als ambulant klassifizieren (ca. 15 bis 25 Prozent) und darüber hinaus werden die Kliniken dazu gezwungen werden ihre Leistungsspektren deutlich stärker zu spezialisieren.

Der ambulante Shift stellt die Führungsebenen der Krankenhäuser vor die Herausforderung und Chance ihre organisatorischen und infrastrukturellen Strukturen so anzupassen, dass sowohl der geringere stationäre Behandlungsbedarf als auch der zunehmende ambulante Behandlungsbedarf in einem optimalen Prozess für die medizinischen und pflegerischen Leistungserbringer erbracht werden kann.

Die neuen Leistungsbereiche und zunehmende Spezialisierung bringt die Chance sich optimal im Markt mit einer überarbeiteten Medizinstrategie zu positionieren. Beide Herausforderungen benötigen im ersten Schritt ein hohes Maß an Transparenz über die aktuellen Strukturen und Prozesse sowie die aktuelle Position im regionalen Markt gegenüber den direkten Wettbewerbern.

Herausforderung in der Ambulantisierung: Heterogene Prozesslandschaft

Aus der BinDoc-Klinik- und Benchmarking-Datenbank, die sowohl die Messung der ökonomischen und prozessualen als auch qualitativen Outcomes ermöglicht, ist bekannt, dass Kliniken mit einem optimalen Prozess entlang des Patientenpfades (von der Aufnahme bis zur Entlassung) überlegene Key Performance Indikators (KPIs) in allen Bereichen aufweisen. Eine Auswertung aus dieser Real-World-Evidence-Plattform macht die Bedeutung standardisierter und perfektionierter Prozesse deutlich. Sie zeigt aber auch wie heterogen die Prozesslandschaft aktuell noch ist. Am Beispiel der Erstimplantation einer Hüftendoprothese (OPS 5-820) und der Revision einer Hüftendoprothese (OPS 5-821) soll dies exemplarisch dargestellt werden:

Aus knapp neun Millionen anonymisierten Patientendaten auf Klinikebene wurden die präoperativen Tage, also die Tage, die ein Patient nach der stationären Aufnahme bis zum Zeitpunkt der Operation in der Klinik verbringt, für die oben aufgeführten Leistungen ausgewertet. Darüber hinaus wurden nur Patienten und Patientinnen mit einem Schweregrad (PCCL-Wert) von 0 (keine Komplikationen und Komorbiditäten) und 1 (leichte Komplikationen und Komorbiditäten) in die Analyse einbezogen. Als Analyseergebnisse wurden die Quartile auf Klinikebene betrachtet, die sich deutlich unterscheiden (siehe Abbildungen). Während Patientinnen und Patienten in Kliniken mit den „besten“ Prozessen bei der Erstimplantation der Hüfte 0,85 präoperative Tage bzw. bei der Revision der Hüfte 1,79 präoperative Tagen in der Klinik bis zur OP verweilen, sind es im 3. Quartil bei der Erstimplantation 1,27 Tage und bei der Revision 3,73 Tage. Diese längere präoperative Verweildauer hat sowohl ökonomische als auch qualitative Folgen. Sie bindet deutlich mehr Personal in der Pflege und im ärztlichen Dienst, sie erhöht das Risiko von nosokomialen Infektionen und sie verringert die Bettenkapazität des Krankenhaues, um nur drei Auswirkungen zu nennen.

Unterschiede in der durchschnittlichen Verweildauer (Präoperative Tage) auf Klinikebene bei der Erstimplantation (links) und Revision (rechts) einer Hüftendoprothese. – © BinDoc/Grafik: HCM

Nachdem eine Klinik die strategische Ausrichtung auf Basis einer Markt- und Wettbewerbsanalyse unter den Rahmenbedingungen der neuen KH-Planung und IGES festgelegt hat, müssen im zweiten Schritt die internen Prozesse des Krankenhauses für die gewählte Strategie perfektioniert werden.

Ambulantisierung fordert Exzellenz der Führungsebene

An diesem Punkt ist die gesamte Expertise und eine optimale Zusammenarbeit der Führungsebene gefragt. Das Klinikmanagement muss in Abstimmung mit dem medizinischen und pflegerischen Führungspersonal durch gezielte Investitionen die infrastrukturellen Voraussetzungen schaffen, dass der medizinische Patientenpfad (Prozess) für das ausgewählte Leistungsspektrum perfektioniert werden kann. Jeder Leistungsbereich einer Klinik sollte einen standardisierten Pfad erhalten, um (wie im oben dargestellten Beispiel der präoperativen Verweildauer) zu den Top-Leistungserbringern zu gehören. Dies ermöglicht zum einen eine gleichbleibend hohe Behandlungsqualität im Sinne des Patienten und zum anderen eine optimale Ressourcenallokation im Sinne der Wirtschaftlichkeit.

Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass die Herausforderungen der neuen Rahmenbedingungen durch eine stringente Analyse, Modellierung und Umsetzung gemeistert werden können (Abbildung 2). Je früher Kliniken damit beginnen das Thema aktiv anzupacken, desto größer werden die Chancen gut vorbereitet in die Zukunft zu gehen.

Möglicher Strategie- und Umsetzungsprozess. – © BinDoc/Grafik: HCM

Den ausführlichen Planungsprozess finden Interessierte mit einem Klick hierauf.