Teilerfolge aus der Forschung zu neurodegenrative Erkrankungen Der gewundene Weg zur Heilung

Die Verzögerung des Ausbruchs einer Demenz bzw. die gänzliche Heilung des syndroms beschäftigt Forschende seit Jahrzehnten. Nun sorgt ein Pharmakonzern-Duo aus den USA und Japan für neue Hoffnung.Wenn aus leichter Vergesslichkeit eine klinische Verwirrtheit mit starken Einbußen des Gedächtnisses wird, drängt sich eine Demenz-Diagnose auf. Eine umfassende ärztliche Testung vorausgesetzt, verfestigt sich dieser Befund, wenn z.B. folgende Punkte bejaht werden können: Probleme Abläufe und Zusammenhänge nachzuvollziehen oder vorherzusehen, Gedächtnislücken, Schwierigkeiten beim Planen und Problemlösen, Probleme mit bisher gewohnten Tätigkeiten, zeitliche sowie räumliche Orientierungsprobleme sowie ein Bestehen der zuvor genannten Symptome für mindestens sechs Monate. Weltweit sind ca. 47 Millionen Menschen von einem demenziellen Syndrom betroffen. Dabei ist die Alzheimer-Demenz die am häufigsten vorkommende Form der primären Demenz, also jener Demenzen ohne Grunderkrankung, die durch Nervenzellverlust im Gehirn bedingt sind. Forschungsfokus: Demenzen wie Morbus AlzheimerDa neurodegenerative Erkrankungen wie die Alzheimer Demenz stark alterssensibel sind, also mit dem Alter statistisch stark zunehmen, liegen Erkrankungen wie diese im Fokus von Altersmedizin und Altersforschung: „Aufgrund der immer älter werdenden Bevölkerung wird erwartet, dass sich die Zahl der Betroffenen alle 20 Jahre verdoppelt. Die Wirksamkeit bestehender Therapieansätze ist jedoch sehr begrenzt, denn diese zielen überwiegend auf eine Linderung der Symptome ab, während die eigentlichen Krankheitsursachen nicht behandelt werden“, heißt es in einer Bekanntmachung des Bundesministeriums für Bildung und Forschung vom 6. Dezember 2019. Die Politik hat den Förderbedarf erkanntGerade weil bisherige Therapieansätze nur die Symptome eines demenziellen Syndroms lindern können, ohne am Grundmechanismus der Erkrankung anzusetzen, nehmen die Regierungen u.a. auf europäischer Ebene die Förderung der Demenzforschung konsequenter in die Hand. Ganz konkret wurde dies in einer Richtlinie zur „Förderung von Zuwendungen zur Entwicklung neuer Technologien und Verfahren der Gehirnbildgebung und -stimulation bei neurodegenerativen Erkrankungen im Rahmen des European Joint Programme – Neurodegenerative Disease Research (JPND)“ festgehalten. Auf nationaler Ebene verpflichtet sich Deutschland in Form einer Nationalen Demenzstrategie für die Umsetzung von insgesamt 160 beschlossenen Maßnahmen. Die Strategie startete im September 2020. Nun ist es erklärtes Ziel, „[...] dass Menschen mit Demenz Teil der Gesellschaft bleiben können und ein offenes Klima für den Umgang mit dieser Erkrankung geschaffen wird. 1,6 Millionen Menschen sind hierzulande von der Krankheit betroffen, im Jahr 2050 könnte die Zahl schon bei etwa 2,8 Millionen Menschen liegen“, hieß es von Seiten des Bundesgesundheitsministeriums im September 2020. Gleichzeitig weisen Teilerfolge aus der Demenz-Forschung den Weg. Exemplarisch kann hier ein prominentes Beispiel genannt und kurz erläutert werden: In den USA steht das Antikörper-Präparat Aducanumab kurz vor der Zulassung. Das Medikament soll an das Beta-Amyloid (Aβ) im Gehirn binden und auf diese Weise ein weiteres Fortschreiten der Alzheimer-Erkrankung verhindern. Beta-Amyloid ist ein Protein, dessen Ablagerung an den Nervenzellen im Gehirn in engem Zusammenhang mit dem Ausbruch der Alzheimer-Demenz steht. US-Biotechnologie Konzern Biogen ist am ZugDer Biotechnologiekonzern, der seit Mitte 2016 an dem Medikament Aducanumab gegen Beta-Amyloid Ablagerungen an den Nervenzellen arbeitet, ist Biogen mit Sitz in Cambridge (Massachusetts, USA). Das Unternehmen zieht derzeit die Aufmerksamkeit der Demenz-Forschung auf sich. Warum? Verschiedenste Akteure des Pharma-Markts wie Roche, Eli Lilly, AstraZeneca, Johnson & Johnson oder Merck & Co haben sich schon vergeblich der Entwicklung eines Medikaments zur nachhaltigen Heilung oder starken Herauszögerung der Alzheimer-Demenz gewidmet. Ohne Erfolg. In Zusammenarbeit mit dem japanischen Pharmaunternehmen Eisai will Biogen mit dem Medikament Aducanumab nun den große Wurf schaffen. Der Weg von Biogen: Ein kurzer AbrissNun stehen Biogen und Eisai mit ihrem Antikörper-Präparat Aducanumab so kurz vor der Zulassung in den USA, dass die Nerven wahrhaft blank liegen. Der Weg dorthin war steinig und auch die endgültige Zulassung im März 2021 ist bisher noch nicht sicher. Aber der Reihe nach: Im März 2019 gibt Biogen bekannt, dass die laufenden Studien namens Emerge und Engage der Erprobung des neuen Medikamentes abgebrochen werden würden. Grund: Die Zwischen-Analysen der vorliegenden Datensätze waren nicht zufriedenstellend. Im Oktober 2019 folgt die Kehrtwende: Die Analyse jüngster und bis dato nicht ausgewerteter Datensätze schürt Hoffnung , eine von zwei laufenden Studien zeigt deutliche positive Entwicklung. Seit dem laufen Antrags- sowie Zulassungsverfahren in den USA und auch in Europa. Die zuständigen Behörden sind die FDA (U.S. Food and Drug Administration) sowie die EMA (Europäische Arzneimittel-Agentur). Vor allem die Studie Emerge habe deutlich gemacht, dass v.a. höhere Dosen des Medikaments für eine bessere Performance der Probanden im Rahmen der neuropsychologischen Tests sorgten. Kritiker bezweifeln den Erfolg von Biogens Aducanumab, da die erzielten Effekte, nämlich eine leichte Verzögerung der kognitiven Einbußen, in keinem Verhältnis zu den Nebenwirkungen stünden. „Die häufigsten Nebenwirkungen waren in beiden Studien ein in der Kernspintomografie erkennbares Hirnödem (Amyloid-related Imaging Abnormality Edema, ARIA-E) und Kopfschmerzen. Das Hirnödem verlief bei den meisten Patienten symptomlos und bildete sich innerhalb von vier bis 16 Wochen in der Regel ohne Folgeschäden zurück“, schrieb das Deutsche Ärzteblatt in seiner 44. Ausgabe im November 2019. Biogen selbst steht nach wie vor fest hinter dem Medikament, hat die Arbeit an beiden zwischenzeitlich abgebrochenen Studien wieder aufgenommen und blickt nun gespannt den Entwicklungen des nächsten Jahres entgegen. Die Zeichen stehen aktuell gegen den Konzern und Aducanumab, doch mit Blick auf die bisherige Begutachtung ist klar: Kehrtwenden und neue Erkenntnisse sind zum Greifen nah. Die endgültige Entscheidung der FDA wird am 7. März 2021 fällig und auch von Seiten der EMA wird eine Entscheidung 2021 erwartet.

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