Pandemiegerecht Umbauen Der „Corona-Grundriss“

VortextBewohner stationärer Pflegeeinrichtungen zählen im Zusammenhang mit dem Coronavirus zur Risikogruppe. Große Hoffnungen setzen Verantwortungsträger in Impfungen. Doch nicht nur die gegenwärtige Situation sollte Grund zur Sorge darstellen. In Bezug auf jede Infektionskrankheit sind Bewohner solcher Einrichtungen dem höchsten Risiko ausgesetzt. Aus Sicht der Berater und Planer für Sozial- und Gesundheitsimmobilien von Soleo, führt dies zu folgenden Fragen: Können bauliche oder technische Maßnahmen den Infektionsschutz in Pflegeeinrichtungen erhöhen? Ist die Betrachtung des Infektionsschutzes für Pflegeeinrichtungen als Pflichtbestandteil der Planung bei Neubauprojekten und bei wesentlichen Umbaumaßnahmen künftig unabdingbar? Falls ja, wie kann ein Betreiber die baulichen Präventionsmaßnahmen hinsichtlich ihrer Wirksamkeit im Gesamtkontext des Bestandsgebäudes oder der Neubauplanung einschätzen?Besteht eine solche Pflicht aufgrund bestehender Gesetze, Verordnungen oder Richtlinien bereits?Die ersten drei Fragen sind eindeutig mit „Ja“ zu beantworten. Bezüglich der letzten Frage ist davon auszugehen, dass entsprechende rechtliche Stellungnahmen zu dieser Thematik folgen werden. Aktuell lässt sich diese Frage nicht zweifelsfrei klären. Wichtig ist hierbei, Infektionsschutz ganzheitlich zu denken. Zwar sind zeitlich begrenzte organisatorische Maßnahmen wie Besuchsverbote, Abstandsgebote und das Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes als Schutzmaßnahmen in der aktuellen Situation richtig, doch führen diese zu einer starken Einschränkung des Rechts auf soziale Teilhabe und zur Einschränkung des Pflegebetriebs. Die Wichtigkeit des Rechts auf soziale Teilhabe wurde von Seiten der Politik mehrfach unterstrichen. Zu oben genannten Maßnahmen gilt es deshalb, maßvolle Alternativen darzustellen und den Gebäudetypus stationäre Pflegeeinrichtung in Bezug auf den Infektionsschutz zu optimieren. Zunächst sind mindestens vier Schutzbestrebungen zu definieren, welche bei der Implementierung von Maßnahmen auf mögliche Einschränkungen zu überprüfen sind. Diese könnten sein: Verhinderung des Erstausbruchs einer InfektionVerhinderung der Verbreitung in der EinrichtungSicherstellung von sozialer TeilhabeVerhinderung der Einschränkung des PflegebetriebsBaulichen Infektionsschutz erhöhenUntersucht man einen Katalog an organisatorischen, räumlichen, technischen und bauspezifischen Maßnahmen vor dem Hintergrund der aufgezählten Schutzbestrebungen und ohne diese untereinander in qualitatives Verhältnis zu setzen, ist festzustellen, dass organisatorische Maßnahmen in Summe negativ abschneiden, während räumliche Ergänzungen (auch konzeptionelle Änderungen des Raumprogramms) und ergänzende technische Maßnahmen in Summe positive Gesamtbewertungen erreichen. Desweiteren setzen organisatorische Maßnahmen sehr auf Compliance des Personals, der Bewohnerschaft und von Besuchern. Der Faktor Mensch spielt dabei die wesentliche Rolle und die „Covid-Müdigkeit“ ist immer häufiger zu beobachten. Es müssen deshalb Alternativen gefunden werden, die die geforderte Regeltreue durch begleitende Maßnahmen für alle Beteiligten vereinfachen (z.B. Positionierung und Anzahl von Desinfektionsmittelspendern) oder den Infektionsschutz derart erhöhen, dass kleinere Regelverstöße keine weitreichenden Auswirkungen haben. Natürlich ist es einfacher den baulichen Infektionsschutz zu erhöhen oder als Konzept zu implementieren, wenn dies bereits bei der Planung einer Immobilie als Ziel definiert wird. So könnten die Empfehlungen der Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention (KRINKO) zur „Infektionsprävention im Rahmen der Pflege und Behandlung von Patienten mit übertragbaren Krankheiten“ in Bezug auf bauliche Inhalte geprüft und umgesetzt werden. Ein Beispiel ist die Änderung von Bewohnerzimmergrundrissen, sodass diese im Bedarfsfall den Anforderungen an Isolierzimmer mit Vorraum genügen (Abb. 1). Eine weitere mögliche bauliche Optimierung ist das Vorsehen von zusätzlichen Besuchsräumen, die über gesonderte Besucher- bzw. Bewohnerzugänge und eine räumliche Trennung (transparent und schalldurchlässig) verfügen. Auch in Zeiten hoher Infektionszahlen kann das Recht auf soziale Teilhabe in dieser Form wahrgenommen werden. Im Gegensatz zur Veränderung von Zimmergrundrissen, lässt sich ein solcher Besuchsraum oder eine andere räumliche Ergänzung (z.B. Arztzimmer) auch im Bestand umsetzen. Hierbei kommen Container-Lösungen in Betracht (Abb. 2). Digitale Besuchskultur einführenFlankiert werden die räumlichen Ergänzungen von technischen Maßnahmen, wie z.B. einer digitalen Besuchskultur. Zudem können Bestandsimmobilien hinsichtlich möglicher Optimierung in Bezug auf den Infektionsschutz im Rahmen einer Ist-Zustandserfassung untersucht werden. Hierbei lassen sich auch Notfallkonzepte für das Einrichten von Isolationsbereichen (Abb. 2) erarbeiten. Ob Bestandsimmobilie oder Neubauplanung, eines ist ist klar: Es müssen tragfähige Konzepte zur ganzheitlichen Betrachtung des baulichen Infektionsschutzes her.

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