Entscheiderfabrik und Informationstechnik
Pflegedoku durch Spracherkennung, smarte Passwortverwaltung oder Patientenfluss in Echtzeit steuern – die Mitglieder der Entscheiderfabrik sind um fünf neue Digitalisierungsprojekte reicher, die Schrittmacher in der Healthcare-IT sind. Alle Projekte im Überblick.

„Die Entscheiderfabrik ist ein Seismograf für Trends und Entwicklungen in der Healthcare-IT“, sagte Peter Asché, Kaufmännischer Direktor der Uniklinik RWTH Aachen und Vizepräsident des Verbandes der Krankenhausdirektoren Deutschlands (VKD), nach Bekanntgabe der fünf Digitalisierungsthemen 2021 beim diesjährigen Entscheider-Event vom 1. bis 2. März in Düsseldorf. Auch Bundesgesundheitsminister Jens Spahn stellte in seiner virtuellen Begrüßung an die Teilnehmer im Zusammenhang mit der Verlängerung des Krankenhausstrukturfonds und des Krankenhauszukunftsgesetzes fest: „Insbesondere investieren wir in die Zukunft des Krankenhausnetzes. Die Pandemie zeigt sehr deutlich, wo wir auffüllen müssen: Bei der Digitalisierung. Wir brauchen umfassende Vernetzungsmöglichkeiten aller mit allen. Die elektronische Patientenakte als Standard für alle. Telemedizin, nicht als Insellösung, sondern mit Schnittstellen zu anderen Krankenhäusern, Arztpraxen und Pflegeeinrichtungen. Die elektronische Dokumentation von Pflege- und Behandlungsleistungen und nicht zuletzt, größtmögliche IT-Sicherheit. Damit erwarten wir in der Digitalisierung der Krankenhäuser einen deutlichen Schub. Und ich bin sicher, dass auch die Entscheiderfabrik mit ihren Ideen einen echten digitalen Transformationsprozess begleiten wird und dass sie echte Impulse setzen können.“
Diese Impulse setzt der Zusammenschluss aus Klinikvertretern, Verbänden und Industrie bereits seit 2006. Jährlich wählen die Mitglieder fünf Projekte, die innerhalb eines Jahres in den Einrichtungen im Rahmen eines Proof-of-Conceptes, die Digitalisierung des Gesundheitswesens vorantreiben. Im letzten Entscheider-Zyklus fiel die Wahl auf
- das revisionssichere Archiv, das Reports auf Knopfdruck ermöglicht,
- einen smarten Visitenwagen inkl. digitaler Pflegedoku,
- einen automatisch kodierenden Bot,
- eine App, mit der das Personal Schichten selbst verplant und
- eine App, die im Fall eines Schlaganfalls Rettungswagen und Klinik vernetzt.
Mit dem diesjährigen Entscheider-Event 2021 feierten die Projektteams nun ihren Abschluss (l esen Sie mehr zu den fünf Digitalisierungsthemen 2020). Aber nicht für alle Teams endet nun die Arbeit, denn gleich zwei Digitalisierungsthemen schafften es mit Folgeprojekten in die Top-Five 2021. Bei den diesjährigen Vorhaben stehen v.a. im Fokus Interoperabilität und Patientenorientierung, wie Asché in der anschließenden Diskussionsrunde feststellte. Dennoch haben alle Projekte eines gemeinsam: Die Entlastung von medizinischem Personal mittels smarter Technik.
Die 5 Digitalisierungsprojekte 2021 im Überblick
1. Mehr Zeit für das Wesentliche mit Single-Sign-On
Zehn Systeme, zehn verschiedene Passwörter, die schlimmstenfalls auf Zettel notiert werden, die die IT-Sicherheit gefährden können. Und im Rahmen der Digitalisierung kommen immer mehr Anwendungen oder Endgeräte wie Tablets und Smartphones für das medizinische Personal hinzu. Nur 10 bis 15 Prozent der Einrichtungen arbeiten mit einer Single-Sign-Lösung, obwohl sie den Alltag deutlich effizienter gestalten kann. Ein Mitarbeiterausweis dient als Authentifizierungslösung für alle Systeme und kann sogar stationäre Arbeitsplätze reduzieren, da ein oder zwei Computer dann für alle Mitarbeiter nutzbar sind.
Eckdaten- Projektname: „Zeit für das Wesentliche: Single Sign-On-Lösung Imprivata OneSign erhöht die Produktivität und vereinfacht den täglichen Arbeitsablauf von klinischen Mitarbeitern“
- Industrieunternehmen: Imprivata
- Klinikpartner: Klinikum Itzehoe, ANregiomed Kliniken, Rheinland-Klinikum, Hufeland Klinikum
2. Patientenfluss in Echtzeit steuern
Lange Wartezeiten zwischen OP und Diagnostik. Mitarbeiter, die in der Einrichtung herumlaufen, um Betten zu suchen. Ein flächendeckendes Tracking von Assets, Patienten und Mitarbeitern bringt alle Beteiligten zusammen just-in-time und ohne Effizienzverluste durch Lauferei. Patienten tragen z.B. ein spezielles Armband, das die Ortung ermöglicht. Nach Entlassung erhält z.B. das Reinigungsteam automatisiert eine Nachricht. Bisher wird die Software von TeleTracking bereits erfolgreich in den USA und in GB eingesetzt, nun will das Unternehmen auch in Deutschland Fuß fassen. Die Ziele: Die durchschnittliche Verweildauer der Patienten verkürzen und dem medizinischen Personal „Sucherei“ ersparen.
Eckdaten- Projektname: „Mehr Effizienz und höhere Pflegequalität durch innovative Echtzeit-Patientenfluss-Steuerung“
- Industrieunternehmen: TeleTracking
- Klinikpartner: Städtisches Klinikum Braunschweig, Martha-Maria Nürnberg e.V., Universitätsmedizin Mannheim
3. Health Data Office als Basis für interoperable Services
Bereits im vorletzten und letzten Jahr arbeitete das Team rund um DMI an der compliancegerechten Archivierung von Dokumenten mit dem Ziel die Inhalte der digitalen Akten nutzbar zu machen, u.a. in Reports auf Knopfdruck. Nun geht das Projekt in die dritte Runde. Der Archivstrom, der nun über ein System gesteuert wird, kann ungeahnte „Datenschätze“ enthalten, die nun u.a. in einer Wissensdatenbank zugänglich werden sollen.
Eckdaten- Projektname: „Health Data Office – Archivar 4.0 inside: Basis für interoperable Services“
- Industrieunternehmen: DMI
- Klinikpartner: AMEOS Gruppe, St. Vincenz Krankenhaus, Burghof Klinik, Klinken Südost Bayern
4. Pflegedoku mittels Spracherkennung
Auch das Team dieses Projektes war bereits unter den Digitalisierungsprojekten 2020. Die Pflege-Controlling-Unit, ein smarter Pflegewagen inkl. Tablets, liefert die Basis. Nun soll eine Spracherkennung die Pflegedoku noch weiter vereinfachen. Zudem können Warnhinweise melden, falls Einträge vergesser werden oder Informationen fehlen, die relevant zur Erlösgenerierung sind. Den die Sprachsteuerung an sich ist nicht neu, jedoch bildet sie in diesem Vorhaben die Grundlage für eine intelligente KI, die kritische Formulierungen meldet und Echtzeithinweise, die die Dokumentation verbessern. De Umgebungsgeräusche filtert die Spracherkennung heraus – da sie nur auf die Stimmen der Pflegenden reagiert. Auch die Hygiene kann verbessert werden, da z.B. vor, während oder nach einem Verbandwechsel keine Tastauren bedient werden müssen.
Eckdaten- Projektname: „Closed Loop Dokumentation – Sprachverständnis mithilfe der künstlichen Intelligenz“
- Industrieunternehmen: 3M, NursIT Institute, alphatron medical, Netsfere
- Klinikpartner: Kliniken der Stadt Köln, Universitätsklinikum der Technischen Universität München, Zollernalb Klinikum, Krankenhaus Porz am Rhein
5. Videosprechstunde & Chat als Must-have der digitalen Patientenaufnahme
Die traditionelle Patientenaufnahme findet im Krankenhaus statt. Doch Patienten können die Registrierung bereits in der entspannten Atmosphäre ihres eigenen zu Hause regeln. Dieses Projekt entkoppelt die Aufnahme vom physischen Erscheinen der Patienten und verlagert alle administrativen Aufklärungsinformationsprozesse nach Hause. Auch das Aufklärungsgespräch, das mittels Videocall durchgeführt werden kann. Alle Dokumente werden compliancegerecht verarbeitet und archiviert. Zudem soll ein userfreundliches Frontend auch älteren Patienten, die Bedienung erleichtern. Zudem kann das Personal beim Anlegen des Accounts unterstützen.
Eckdaten- Projektname: „Kontaktlos, sicher und effizient: Videosprechstunde & Chatfunktion als Must-have der digitalen Patientenaufnahme“
- Industrieunternehmen: m.Doc, Thieme Compliance, Cerner Health Services
- Klinikpartner: Universitätsmedizin Essen
Bewerbungsphase der 5 Digitalisierungsprojekte 2022 gestartet
Für Überraschungen sorgte das Siegerprojekt, das laut Andreas Henkel, IT-Leiter am Klinikum rechts der Isar Technische Universität München, in der täglichen Arbeitsroutine jedoch ein sehr wichtiges Thema ist. Auch der diesjährige Feedbackgeber Dirk Reddel, Gründer und Geschäftsführer der Redcom Group, sieht im erstplatzierten Vorhaben einen großen Effizienzgewinn für die Häuser. Eine Übersicht aller Finalisten 2021 finden Sie im aktuellen IT-Branchenreport von HCM. Bereits jetzt können sich Unternehmen und Kliniken mit neuen Vorhaben für den Entscheider-Zyklus 2022 bei der Entscheiderfabrik bewerben .
Weitere Informationen zu den Aktivitäten der Entscheiderfabrik finden Sie auf der HCM-Themenseite .