Hygiene
Zu wenig Platz, zu wenig Behälter und kaum Zeit für Routineaufgaben – auch Abfallmanager aus medizinischen Einrichtungen stehen mit dem Coronavirus vor neuen Herausforderungen. Vier Abfallbeauftragte berichten aus ihrem „neuen“ Alltag.

Die Bekämpfung des SARS-CoV-2-Virus stellt die Abfallentsorgung in Krankenhäusern und Pflegeheimen vor besondere Aufgaben. Abfallbeauftragte standen in den vergangenen Wochen immer wieder vor der Frage: Wie wird der (potenziell) mit Erregern behaftete Müll der Patienten entsorgt? Das Robert Koch-Institut (RKI) gibt dabei Hinweise, die regelmäßig, fast täglich angepasst werden. So gehen die Abfallbeauftragten verschiedener Kliniken mit der neuen Situation um.
Sonderabfallbehälter knapp
Das steigende Abfallaufkommen durch COVID-19 geht mit einer hohen Nachfrage an medizinischen Sonderabfallbehältern zur Entsorgung infektiöser Abfälle einher. Nicht nur der Bedarf an medizinischen Einrichtungen in Deutschland, auch der anderer Länder ist aktuell hoch. Zwischenzeitlich kommt es zu Engpässen bei der Verfügbarkeit der Behälter, da nicht nur die medizinischen Einrichtungen sich vorsorglich eindecken wollten, wodurch auch vom individuellen Farbleitsystem der Kliniken abweichende Behälter-Farbkombinationen hingenommen werden müssen. Dadurch arbeiten Abfallbeauftragte und medizinisches Personal derzeit noch enger zusammen, um gefährliche Fehlabwürfe zu verhindern. Hier ist Sorgfalt gefragt, da der Abfallerzeuger für die korrekte Abfalldeklaration verantwortlich ist.
Wenig Platz für infektiöse Abfälle
Susanne Sterzing ist Fachkrankenschwester für Hygiene und Infektionsprävention sowie Betriebsbeauftragte für Abfälle aus medizinischen Einrichtungen des Johanniter-Krankenhauses Rheinhausen in Duisburg. Für sie stellen insbesondere die sich ändernden Informationen und die damit verbundene Weitergabe an das Personal eine Herausforderung dar. Zudem hat das Haus wenig Lagerkapazitäten für infektiöse Abfälle: „Die Entsorger für infektiöse Abfalle haben alle viel zu tun und können ihre Intervalle zum Abholen nicht erhöhen. Durch erhöhtes Aufkommen von infektiösen Abfällen könnte es zu Engpässen bei den Lagerkapazitäten kommen. Somit haben wir uns entschieden nach der derzeit gültigen RKI-Empfehlung die Corona-Abfälle, sofern sie trocken sind, unter der ASN 180104 zu entsorgen.“
Auch Peter Hümpel, Betriebsbeauftragter für Abfall am Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, orientiert sich bei der Entsorgung von Abfällen, die mit Sekreten oder Exkreten von SARS-CoV-2 kontaminiert sind, an den Empfehlungen des RKI: „Weitere Maßnahmen sind zur Zeit erst einmal nicht geplant. Besondere Probleme bei der Entsorgung sehen wir derzeit nicht.“
Rechtzeitige Vorbereitung und Vorsorge
Holger Schröder, Abteilungsleiter für Arbeitssicherheit, Brand- und Umweltschutz beim Klinikum Darmstadt, stellt fest, dass sich sein Klinikum rechtzeitig und intensiv mit der Entsorgungsthematik zu COVID-19 befasst hat: „Wir haben frühzeitig ausführliche Informationen zum Umgang mit COVID-19 Abfällen erstellt und an alle relevanten Bereiche kommuniziert. Daneben tauschen wir uns mit dem Hessischen Ministerium für Umwelt, Klimaschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz aus und stehen in Kontakt mit unserem Entsorger und verschiedenen Behälterlieferanten.“ Damit es bei den Behältern nicht zu Engpässen kommt, wurde vorgesorgt und flexibel auf die hohe Nachfrage reagiert: „In Abstimmung mit unserem Zentraleinkauf haben wir frühzeitig unsere Bevorratung an bauartgeprüften Abfallbehältern ausgeweitet und auch Alternativprodukte zum bisherigen hausinternen Behälterstandard eingeführt.“
Wenig Zeit für Routineaufgaben
Peter Leonards ist Abteilungsleiter „Hygienefachkraft, Umwelt- und Abfallbeauftragter“ im Klinikum Mutterhaus der Borromäerinnen in Trier. Er findet in diesen Tagen wenig Zeit für Routineaufgaben. In Trier entstand ein Corona-Gemeinschaftskrankenhaus, wo sowohl alle Corona-Verdachtsfälle als auch erkrankte Personen unterkommen. Binnen weniger Tage wurden 125 Plätze auf einer Normalstation sowie 24 Intensivbetten geschaffen. In gemischten Teams behandeln Ärzte und Pfleger beider Häuser die Patienten. Das Abfallmanagement musste hierfür erst einmal auf die Beine gestellt werden. „Meine Aufgaben haben sich um 180 Grad gedreht und ich arbeite gefühlt 24 Stunden an sieben Tagen. Die Routine-Aufgaben, die ich sonst erledigen muss, fangen zum Glück andere Mitarbeiter auf.“
Corona-Abfall in Privathaushalten
„Auch über nachlässig entsorgte Abfälle aus Quarantäne-Haushalten, Arztpraxen oder Kliniken ist die Ansteckung mit dem Coronavirus eventuell möglich“, warnt der Baden-Württembergische Umweltminister Franz Untersteller. Wenn viele Menschen mit einem hochansteckenden Erreger Abfälle produzieren, stellt dies ein Risiko für das Umfeld dar. Ist eine Person im Haushalt positiv auf COVID-19 getestet worden, müssen auch Wertstoffe, Verpackungen, Bioabfälle sowie Materialien, die zum Abdecken von Mund oder Nase verwendet wurden, in der Restmülltonne entsorgt werden. Dazu zählen Taschentücher, Aufwischtücher, Einwegwäsche, Hygieneartikelund Schutzkleidung. Die Empfehlung, den Müll von SARS-CoV-2-Infizierten separat zu sammeln, gehört zu den Entsorgungsleitlinien der EU-Kommission .