Führungsqualifikation für Leitende Ärzte (Teil 2) Chefarzt – nicht nur eine berufliche Ehre

Ein guter Arzt ist nicht automatisch ein guter Chefarzt. Wer persönliche Basiselemente für den „Führungsberuf Chefarzt“ nicht mitbringt, sollte Fachkarrieren anstreben können. Denn: Nicht jeder verfügt über wichtige, aber nicht erlernbare Führungskompetenzen wie etwa Integrität, Selbstbeherrschung oder Introspektion.Chefarzt - nicht nur eine berufliche Ehre Leitende Ärzte müssen heute im Netz der Krankenhausverantwortung fest verankert sein. Sie müssen Führungs- und Managementverantwortung übernehmen (Hellmann 2012, S. 129, vgl. auch Beitrag HCM 9/2012, Literatur beim Verfasser). Ob die neue Medizin-Manager-Rolle gut oder schlecht wahrgenommen wird, ob sie professionell und wirksam oder sogar destruktiv ist, hängt davon ab, wie Chef- und Oberärzte die mit der Rolle verbundenen Funktionen und Aufgaben zu erfüllen in der Lage sind. Viele medizinfremde Elemente Führung und Management ist einerseits ein Beruf, den leitende Ärzte im Krankenhaus zusätzlich zu ihrem angestammten Beruf als Arzt erlernen müssen. Andererseits gibt es auch nicht erlernbare Elemente des „Führungsberufes“. Der bewussten Symbiose von Medizin und Führung folgend, beinhaltet die neue Rolle viele medizinfremde Elemente. Medizinfremd sind neben den Managementaufgaben vor allem die Wahrnehmung von Führungsverantwortung. Die Position des leitenden Arztes hat deshalb nicht mehr nur mit einem fachlich-wissenschaftlichen Karriereschritt und beruflicher Ehre zu tun. Es ist eine neue Profession, die den wettbewerblichen Herausforderungen und den daraus folgenden Führungsanforderungen geschuldet ist. Nicht zur Führung zwingen Führungswille und die Bereitschaft, ja sogar die Lust, sich mit Organisations- und Mitarbeiterkonflikten beschäftigen zu wollen, sind Kompetenzfaktoren dieser Profession, die grundsätzlich nicht erlernbar sind. Hierzu zählen auch bestimmte Sozial- und Persönlichkeitskompetenzen wie z.B. Intelligenz, Integrität, Verantwortungsbewusstsein, Selbstbeherrschung, Introspektion u.a.m. Neubarth (2011, S. 53) spricht hier von Leidenschaft, die die notwendigen positiven Gefühle erzeuge. Wer hier nicht positiv sei, laufe Gefahr, sich der Kernkompetenz der intuitiven Entscheidungsfindung zu berauben. Auch Machtbewusstsein und Machtwille gehören zur Führungskompetenz. Wer hier eine Abneigung verinnerlicht, wird wohl als Führungskraft scheitern. Diejenigen, die die persönlichen Basiselemente und Kompetenzfaktoren nicht besitzen, sollen alternativ die Möglichkeit haben, ihre Karriere und monetäre Aufwertung in Fachkarrieren zu realisieren und nicht „zur Führung gezwungen“ sein. Wer Leidenschaft und Machtbewusstsein mitbringt, kann Führung lernen Wer aber die nicht erlernbaren Voraussetzungen mitbringt, kann Führung lernen und in den Beruf hineinwachsen. Das Führungsverhalten wird durch Erfahrungen der Führungskraft und von Erwartungen und Haltungen der Mitarbeiter geprägt. Diese Ausprägung des Führungsverhaltens wird wiederum durch die spezielle Aufgabe und die äußere Situation beeinflusst (Witthauer 2011, S. 42 ff.). Führung lernt sich also nicht einmalig, sondern verändert sich mit der Zeit der Verantwortung - einerseits unbewusst, andererseits gezielt durch individuell realisierte Veränderungs- bzw. Qualifizierungswünsche. In der Literatur und Praxis haben sich die Aufgabenorientierung und die Mitarbeiterorientierung als zwei motivationale Hauptfaktoren der Führung herauskristallisiert. Die aufgabenorientierte Führungskraft entscheidet in Abhängigkeit der Arbeitsausführung und drängt auf deren Erledigung. Die Mitarbeiterorientierung rückt die Beziehungen zwischen der Führungskraft und den Mitarbeitern in den Vordergrund. Erfolgreiche Führung hängt davon ab, wie die Führungskraft in der Lage ist, ihr individuelles und für ihre Person passendes Führungsverhalten zwischen Aufgabenorientierung und Mitarbeiterorientierung zu optimieren. Besonderes Führungsverhalten im Krankenhaus Effektive Führung berücksichtigt sicher beide Dimensionen. Dennoch spricht viel dafür, dass ein mitarbeiterorientiertes Führungsverhalten den Situationen der Mitarbeiter in Krankenhäusern, die durch hohe körperliche und psychosoziale Belastungen und emotionale Beanspruchung geprägt sind, förderlicher ist. Die Abläufe in den Stationen sind durch viele Besonderheiten und durch die Arbeitsorganisation auf und zwischen den Pflegestationen beeinflusst. Für ständig neue Gruppen aus Medizin, Pflege und Therapie werden Führungskräfte benötigt, die sich kooperativ, kommunikativ und partizipativ an den Bedürfnissen der unterschiedlichen Gruppenmitglieder orientieren. Im Vergleich mit Vorgesetzten aus der Wirtschaft gibt es zwei Besonderheiten bei Chefarztrollen. Zum einen verlangt die parallele Hierarchie mit Ärzten und Pflegekräften eine besondere Befähigung, fachliche Anweisungen über leitende Pflegekräfte zu vermitteln, zum anderen entstehen besondere Disziplinarprobleme durch die autoritäre Weiterleitung ärztlicher Anordnungen durch Pflegekräfte an die Patienten, die vom Arzt besondere Verhaltensweisen verlangt (Hoefert 2008, S. 127). In der Kompetenzbildung zur Übernahme von Führungsverantwortung bei leitenden Ärzten müssen neue Maßstäbe gesetzt werden. Eine einmalige post-graduale ökonomische Ausbildung ist eine Hilfestellung für mehr Führungskom-petenz, mehr aber nicht. Es ist das Fundament eines betriebswirtschaftlichen Wissens, um das ökonomische Paradigma zu akzeptieren, verbessert aber nicht zwangsläufig und nachhaltig die Handlungen in der Führungspraxis mit ihren vielseitigen Entscheidungssituationen (Offermanns 2006, S. 39). Wer aber seine Führungspraxis durch Führungsseminare, die auch die Besonderheiten der ärztlichen Führung berücksichtigen, verbessern will, trifft nur auf ein sehr beschränktes Angebot auf dem Weiterbildungsmarkt (Hellmann, 2012) und muss Wünsche zurückstellen. Inhouse-Seminare reichen nicht aus Diese Angebotslücke können auch krankenhausinterne Seminare (Inhouse-Seminare) nicht schließen. Soweit sich diese zwar zum Teil an externe Ärzte richten, kann allerdings eine gewisse Skepsis und persönliche Distanz bei potenziellen Teilnehmern vermutet werden. Die Folge: eine gewisse Zurückhaltung, Führungsseminare bei konkurrierenden Krankenhäusern in einer Gruppe von „internen Kollegen“ zu besuchen. Fazit Der Führungsberuf Chefarzt mit seinen vielseitigen Situationen erfordert eine strukturierte Weiterbildung. Fremde Branchen zeigen, dass offene Führungsseminare dieses gewährleisten können.

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