Städtisches Klinikum Braunschweig Change in der Krankenhausküche

Zugehörige Themenseiten:
Verpflegung & Catering

Dass sich Qualität und Wirtschaftlichkeit bei der Speisenversorgung nicht ausschließen müssen, zeigt das Städtische Klinikum Braunschweig. Gemeinsam mit Curatis ist es dem Haus gelungen, die Prozesse so zu optimieren, bei beständiger Qualität 20 Prozent der Kosten einzusparen.

Speisenversorgung
Durch eine Restrukturierung des Speisenangebotes konnten die Bandportionierung optimiert und Kosten gesenkt werden. – © Klinikum Braunschweig/Nick Neufeld

Patientinnen und Patienten wünschen sich v.a. eine medizinisch und pflegerisch gute Versorgung – und gutes Essen. Leider ist dieses häufig sehr teuer. „Grund dafür sind nicht unbedingt die Lebensmittelpreise“, weiß Holger Salomon, Geschäftsleiter bei Curatis, der das Projekt am Klinikum in Braunschweig steuert. „Kosten entstehen auch durch die Beschaffung und Verarbeitung, die Portionierung, das Verteilsystem sowie durch Aufwendungen zur Einhaltung gesetzlicher Standards und Hygienevorschriften.“

Performance in der Küche

Im Rahmen eines groß angelegten Performance-Programms, das alle Abteilungen des Hauses einbezog, wurde im Klinikum Braunschweig auch die Speisenversorgung evaluiert. „Ziel war es, die Prozesse in den beiden Krankenhausküchen zu optimieren und Kosten zu senken, ohne die Arbeit zu verdichten oder die Speisenqualität zu verändern“, erklärt Dr. Andreas Goepfert, Geschäftsführer des Klinikums. In Workshops wurden der Ist-Zustand erfasst und Konzepte erarbeitet, wie der Bereich noch effizienter strukturiert werden kann. „Inhaltlich haben wir letztendlich v.a. an zwei Stellschrauben gedreht: der Bandportionierung und der Restrukturierung des Speisenangebotes.“

Bandportionierung optimieren

Eine Optimierung der Bandportionierung erreicht man durch eine Veränderung der Bestandteile der Menüs. „Es gibt jetzt auf die Anzahl der Komponenten, die den Personalaufwand am Band ausmachen, abgestimmte Menülinien“, erklärt Salomon. Dabei sieht der Speiseplan für die täglich mehr als 1.500 Essen drei Menülinien vor: Vollkost, leichte Kost und vegetarische Kost. Während es früher an einem Tag für jede der Menülinien bis zu drei unterschiedliche Beilagen gab, ist die Anzahl der Komponenten nun optimiert, um den Personalaufwand am Band geringer zu halten. Zudem wurden Lebensmittel mit hohem Wareneinsatz wie Hirschgulasch oder Wildlachs vom Speiseplan genommen und durch qualitativ hochwertige, aber kostengünstigere Komponenten ersetzt. „Darüber hinaus stieg der Anteil an vegetarischer Kost“, berichtet Salomon. Insgesamt sind die Menülinien ganz im Sinne der Qualitätsstandards der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) nachhaltiger und ausgewogener aufgestellt.

Speisenversorgung
In der Mitte von links: Holger Salomon, Geschäftsleiter Curatis, Dr. Andreas Goepfert, Geschäftsführer Klinikum Braunschweig, Raphael Picht, Küchenleiter, Michael Cammann, Geschäftsführer Curatis. – © Klinikum Braunschweig/Björn Petersen

Testessen zur Kontrolle

Um sicherzustellen, dass durch die Optimierung des Speiseplans die Qualität und Zufriedenheit der Patienten hoch bleibt, wird am Klinikum Braunschweig auf Qualitätskontrolle gesetzt. „Wir haben zehn neutrale Personen eingeladen, die das Essen vor und nach der Umstellung getestet und bewertet haben“, berichtet Salomon. „Das Ergebnis war sehr positiv: Die Testerinnen und Tester bemerkten keinen Qualitätsunterschied.“ Auch im normalen Betrieb kamen keine Beschwerden. „Im Gegenteil! Es gab Lob, da es jetzt mehr vegetarische Gerichte gibt“, zeigt sich Klinikgeschäftsführer Dr. Goepfert zufrieden.

Digitale Prozesse sparen Zeit

Ein großes Haus wie das Klinikum Braunschweig mit seinen fast 1.500 Betten und 4.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern benötigt täglich große Mengen an Lebensmitteln. Diese werden in Warengruppen aufgeteilt und je nach Marktlage teilweise alle drei/vier Monate neu ausgeschrieben. Entsprechend hoch ist die Anzahl der eingehenden und zu buchenden Rechnungen, die auch auf die Einhaltung der vereinbarten Preise geprüft werden müssen. Der Ablauf der Ausschreibungen ist durch hohe Artikeltreue und detaillierte Produktbeschreibungen soweit digitalisiert, dass quasi auf Knopfdruck die Ausschreibungen durchgeführt werden. „Durch Anpassungen der Zahlungsziele und Umstellung auf digitale Rechnungen konnte die Anzahl der Rechnungen im Lebensmitteleinkauf um 80 Prozent reduziert werden“, berichtet Salomon. Auch die Bestellung erfolgt, bis auf wenige Ausnahmen, digital über Bestellportale der Lieferanten.

Change: Menschen mitnehmen

„Doch bevor wir an den konkreten inhaltlichen Stellschrauben gedreht haben, war etwas anderes wichtig“, erklärt Salomon. „Wie so oft, wenn etwas auf den Prüfstand gestellt wird, müssen erst einmal alle Beteiligten mit auf den Weg der Optimierung genommen werden. In mehreren Workshops haben wir es geschafft, alle am Veränderungsprozess Mitwirkenden einzubeziehen und zu überzeugen.“ Gelungen sei dies durch eine klare, kontinuierliche Kommunikation, Verbindlichkeit und Transparenz, u.a. durch die Kommunikation via Blogposts und Filme im Intranet. Gleichzeitig war es für die Mitarbeitenden wichtig, dass die Krankenhaus-Geschäftsführung uneingeschränkt hinter dem Veränderungsprozess steht und die Ziele für alle Beteiligten verbindlich sind. Denn: „Nur wo Klarheit ist, herrscht Einvernehmen“, betont Goepfert. Deshalb wurden auch Anregungen der Mitarbeitenden in die Veränderungen aufgenommen.

So gelang es am Klinikum Braunschweig, den Change-Prozess in der Speisenversorgung in knapp drei Monaten abzuschließen. Nun liegt die Aufgabe im Monitoring der erreichten Ergebnisse und der Identifizierung weiterer Optimierungspotenziale zur Kompensation explodierender Lebensmittelpreise.

Kontakt zum Autor:

Michael Cammann, michael.camann@curatis.de.