Gesundheitswesen +++aktualisiert+++ Bundestag beschließt Gesetzespaket zu Krankenhäusern

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Der Bundestag hat ein Gesetzespaket zu Krankenhäusern beschlossen, das mehr Geld für Kinderkliniken und Entlastungen bei dringend benötigten Pflegekräften bringen soll.

Gesetztespaket
Der Bundestag hat ein Gesetzespaket für eine Krankenhausreform beschlossen zur Entlastung der Krankenhäuser. – © bluedesign (stock.adobe.com)

Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) sagte am Freitag: „Nicht mehr ökonomischer Zwang, sondern medizinische Notwendigkeit soll künftig in den Kliniken über die Behandlung entscheiden.“ Patientinnen und Patienten sollten sich darauf verlassen können, durch qualifiziertes Personal betreut zu werden – und dass sie nur im Krankenhaus übernachten müssen, wenn dies wirklich nötig sei.

Die Neuregelungen zielen u.a., Arbeitsbedingungen der oft stark belasteten Pflegekräfte zu verbessern. Dafür soll ein neues Instrument der Personalbemessung kommen – ausgehend von errechneten Idealbesetzungen für die Stationen. Vorgesehen ist eine schrittweise Einführung. Zudem sollen bestimmte Klinikuntersuchungen künftig als Tagesbehandlung ohne Übernachtung möglich sein. Das soll auch mehr Kapazitäten beim Pflegepersonal schaffen.

Das sieht die Krankenhausreform vor

Tagesbehandlungen: Bestimmte Klinikuntersuchungen sollen künftig auch als Tagesbehandlung ohne Übernachtung möglich sein. Das soll zugleich mehr Kapazitäten beim knappen Pflegepersonal tagsüber schaffen, wenn Nachtschichten nicht mehr besetzt werden müssen. Deswegen soll nun geändert werden, dass Abrechnungen bestimmter stationärer Leistungen für Krankenhäuser bisher nur mit Übernachtung möglich sind.

Kinderversorgung: Für Kinderkliniken soll es 2023 und 2024 jeweils 300 Millionen Euro mehr geben, zum Sichern von Geburtshilfestandorten jeweils 120 Millionen Euro zusätzlich. Die Finanzierung soll auch unabhängiger von der jetzigen, leistungsorientierten Logik werden.

Pflegeschlüssel: Um die Arbeit häufig stark belasteter Pflegekräfte zu verbessern, soll ein neues Instrument der Personalbemessung kommen und durchgesetzt werden – ausgehend von errechneten Idealbesetzungen für die Stationen. Vorgesehen ist dann eine schrittweise Einführung.

TK: Reform bringe mehr Bürokratie

Die Techniker Krankenkasse kritisierte, das Instrument löse kein einziges Problem in der Pflege – im Gegenteil. Vorstandschef Jens Baas sagte der Deutschen Presse-Agentur: „Statt neuer Kolleginnen und Kollegen wird die geplante Pflegepersonalbemessung den Pflegekräften jede Menge zusätzlichen Bürokratieaufwand bescheren.“

BMG sieht Gesetzespaket als „kleine Krankenhausreform“

Das Ministerium sieht das Gesetzespaket als „kleine“ Krankenhausreform – eine große will Lauterbach dann am kommenden Dienstag vorstellen. Dabei geht es um den „Beginn einer Revolution“ bei der Klinikvergütung, wie der SPD-Politiker angekündigt hatte. Ziel sei, das Finanzierungssystem über Pauschalen pro Behandlungsfall systematisch zu überwinden.

Bundesgesundheitsminister Prof. Dr. Karl Lauterbach. – © BMG/Thomas Ecke

Dieses habe sich mittlerweile so verselbstständigt, dass es zulasten der Qualität der Versorgung gehe, erläuterte Lauterbach. Und zwar mit einem „Hamsterrad-Effekt“: Nur mit einer Steigerung der Fallzahl könnten Kliniken das Budget halten oder erhöhen. Und es machten jene Kliniken Gewinn, die für Leistungen möglichst wenig Geld ausgäben – höherer Aufwand und Qualität bedeuteten tendenziell Verluste.

Marburger Bund zu den neuen Regelungen

Ärztevertretungen warnen davor, die geplanten Regelungen zur häuslichen Übernachtung bei Klinikbehandlungen für ökonomische Zwecke zu missbrauchen. Das Ziel sei richtig, praktikable Möglichkeiten zur tagesstationären Behandlung zu schaffen, sagte die Vorsitzende der Ärztegewerkschaft Marburger Bund, Susanne Johna, den Zeitungen der Funke Mediengruppe am Freitag. Eine solche Regelung könne in manchen Fällen das Pflegepersonal entlasten und auch dem Patientenwunsch entsprechen. Es dürfe aber keinen Druck auf die Ärztinnen und Ärzte geben.

„Wir müssen unbeeinflusst von wirtschaftlichen Erwägungen der kaufmännischen Leitungen entscheiden können. Ökonomische Erwartungen müssen immer hinter medizinischen Erfordernissen zurücktreten.“

Susanne Johna

DBfK sieht pflegerische Versorgung in Gefahr

Der Deutsche Berufsverband für Pflegeberufe (DBfK) warnte angesichts des Fachkräftemangels vor einem Zusammenbruch des Pflegesystems. „Wenn wir nicht schnell grundlegende Reformen bekommen, kann man die pflegerische Versorgung in Deutschland nicht mehr aufrechterhalten“, sagte die Vorsitzende Christel Bienstein dem Redaktionsnetzwerk Deutschland am Freitag. Zwar sei es bereits in der Vergangenheit zu Pflegenotständen gekommen, etwa Anfang der 1990er Jahre, aber:

„Eine vergleichbare Situation hat es in den vergangenen 50 Jahren nicht gegeben.“

Christel Bienstein

Aktuell gehe man von 200.000 fehlenden Vollzeitkräften aus.

Gesetzespaket sieht Erleichterungen für ausländische Fachkräfte vor

Der Personalmangel in der Pflege wurde zuletzt besonders in den Kinderkliniken deutlich, wo ein Teil der Betten nach Angaben der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI) wegen fehlender Pflegekräfte nicht betrieben werden konnte. Für Fachkräfte aus dem Ausland plant die Bundesregierung Erleichterungen bei der Einwanderung nach Deutschland.