Krankenhausreform +++aktualisiert+++ Bund und Länder für zügigere Fortschritte bei Krankenhausreform

Nach vielen Diskussionen soll jetzt eine große Krankenhausreform kommen, um die Kliniken von wirtschaftlichem Druck zu lösen und die Versorgung zu verbessern. Doch das ist eine komplizierte Operation. Geht sie voran?

Krankenhausreform
Karl Lauterbach (SPD), Bundesgesundheitsminister, und Manfred Lucha (rechts), (Bündnis 90/Die Grünen), Gesundheitsminister von Baden-Württemberg, nehmen an einer Pressekonferenz über das dritte von sechs vereinbarten Treffen der Arbeitsgruppe zur Krankenhausreform teil. Die Bund-Länder-Arbeitsgruppe mit Lauterbach berät über eine Neuaufstellung der Krankenhäuser. – © Wolfgang Kumm/dpa

Bund und Länder wollen sich bei der Neuaufstellung der Krankenhäuser in Deutschland gemeinsam um zügigere Fortschritte bemühen. Dazu soll nun ein „Basisvorschlag“ erarbeitet werden, welche Konsequenzen sich aus Kernelementen der Krankenhausreform vor Ort ergeben, wie Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach nach Beratungen mit den Ländern am Donnerstag, 23. März 2023, ankündigte. So solle man sehen können, welche Kliniken profitierten oder in Probleme kämen und wie Effekte für die Versorgungssicherheit seien. Dann kann die Debatte konkreter werden, und wir können schneller in Richtung Eckpunkte bis zur Sommerpause hinarbeiten», sagte der SPD-Politiker. Das sei nach wie vor das Ziel.

Krankenhausreform: Zuordnung der Krankenhäuser nach Angebotsstufen

Lauterbach machte außerdem deutlich, dass eine angestrebte Zuordnung der Krankenhäuser nach unterschiedlichen Angebotsstufen flexibler gehandhabt werden soll. Dies sei ein Wunsch der Länder gewesen. Hintergrund sei, dass bei einer festen Verknüpfung sonst auf dem Land und in einigen Städten eine Versorgung mit bestimmten Eingriffen nicht sicherzustellen sei. Zugleich müssten jedoch Qualitätskriterien klar definiert werden, um bestimmte Leistungen überhaupt erbringen zu können. Als Orientierung für die Entwicklung von Leistungsgruppen für die Kliniken will Lauterbach Vorarbeiten aus Nordrhein-Westfalen mit 64 Gruppen aufgreifen, die „eine sehr gute Grundlage“ darstellten.

Das Konzept einer Regierungskommission, das Basis eines Gesetzes sein soll, sieht die Definition solcher Leistungsgruppen vor. Statt grober Beschreibungen für Fachbereiche wie „Innere Medizin“ sollen Kliniken exakter gefassten Gruppen wie etwa „Kardiologie“ zugeordnet und entsprechend vergütet werden. Dafür sollen dann auch Anforderungen bei der Ausstattung mit Personal und Apparaten gelten. Dies kann etwa Behandlungen von

  • Herzinfarkten,
  • Schlaganfällen oder
  • Krebs

in zertifizierten Kliniken mit Spezialkenntnissen betreffen.

Der Vorsitzende der Länder-Gesundheitsminister, Manne Lucha (Grüne) aus Baden-Württemberg, sagte, man sei einen Schritt weitergekommen. Die Einstufungen der Kliniken sollten nicht statisch zueinandergefügt werden, zu sehen seien regionale Bedarfe und gewachsene erfolgreiche Strukturen. Gelten solle: „Am richtigen Ort das richtige Angebot.“

Die gesetzlichen Krankenkassen dringen auf solche genauer definierten Fachgebiete, in denen dann eine gute Versorgungsqualität gesichert ist. Das Vorstandsmitglied des Spitzenverbands, Stefanie Stoff-Ahnis, sagte, dies hätte zur Folge, dass sich besonders komplexe Operationen und Behandlungen an dafür geeigneten Häusern konzentrieren. „Hier gilt: Wer etwas oft macht, macht es auch besser.“ Ziel müsse sein, dass zukünftig nur dort behandelt wird, wo es auch die passende personelle und technische Ausstattung gebe. Zugleich müssten die Kliniken dann wirtschaftlich zukunftsfähig aufgestellt sein.

Die Bund-Länder-Arbeitsgruppe kam zur dritten von vorerst sechs vereinbarten Sitzungen zusammen. Im Blick steht auch, das Kliniknetz in drei Versorgungsstufen einzuordnen und entsprechend zu finanzieren – von

  • der wohnortnahen Grundversorgung über
  • eine zweite Stufe mit weiteren Angeboten
  • bis zu Maximalversorgern wie Universitätskliniken.

Übergreifendes Ziel sind auch Änderungen am Vergütungssystem über Pauschalen für Behandlungsfälle. Um nicht auf immer mehr Fälle angewiesen zu sein, sollen Kliniken mit einem größeren Anteil allein schon für das Vorhalten von Leistungsangeboten honoriert werden.

Reimann: Einheitliche Planungssprache ist wichtig

„Wenn die Krankenhausreform ein Erfolg werden soll, müssen Bund und Länder eng zusammenarbeiten und sich aufeinander zubewegen. Wir brauchen für das Gelingen der Reform eine verbindliche Planungssprache, die auf bundeseinheitlichen Leistungsbereichen und Leistungsgruppen basiert. Das ist schon deshalb notwendig, weil sichergestellt werden muss, dass künftig die Versorgungsaufträge der Krankenhausplanung mit den Kriterien für die Vergabe der Vorhaltepauschalen zusammenpassen und in die gleiche Richtung weisen“, sagte Dr. Carola Reimann, Vorstandsvorsitzende des AOK-Bundesverbandes.

Hierzu seien einheitlich definierte Leistungsgruppen als Bindeglied wichtig, weil sie eine enge Verzahnung von fallunabhängiger Vorhaltefinanzierung und Krankenhausplanung ermöglichen. Unterschiedliche Planungssystematiken in den einzelnen Bundesländern würden gleichgerichtete Anreize für die Vorhaltung guter Versorgungsstrukturen erschweren und den notwendigen Modernisierungsschub verhindern.

AOK Arzneimittel
Dr. Carola Reimann, Vorstandsvorsitzende des AOK-Bundesverbandes. – © AOK-Mediendienst

GKV: Bundesweite Leistungsgruppen sind der zentrale Baustein der Krankenhausreform

Die Leistungsgruppen sind aus Sicht des GKV-Spitzenverbandes der zentrale Baustein der Krankenhausreform. Sie sollen zukünftig die bislang geltende, unzureichend definierte Fachabteilungsstruktur ersetzen und eine zielgenauere Krankenhausplanung ermöglichen. Die bundeseinheitlich definierten Leistungsgruppen gelten als Vorbedingung, um die Krankenhäuser der jeweiligen Versorgungsstufe zuzuordnen.

„Die Krankenhausreform ist die Chance, eine bedarfsgerechte und qualitätsgesicherte Versorgung für alle Patientinnen und Patienten zu gestalten. Die Einführung von bundeseinheitlichen Leistungsgruppen ist der zentrale Baustein der Krankenhausreform. Das hätte auch zur Folge, dass sich besonders komplexe Operationen und Behandlungen an dafür geeigneten Krankenhäusern konzentrieren. Hier gilt: Wer etwas oft macht, macht es auch besser. Unser Ziel muss sein, dass zukünftig nur dort behandelt wird, wo es auch die passende personelle und technische Ausstattung gibt. Auch müssen die Krankenhäuser wirtschaftlich zukunftsfähig aufgestellt sein“, betonte Stefanie Stoff-Ahnis, Vorständin beim GKV-Spitzenverband.

GKV Krankenhausreform
Stefanie Stoff-Ahnis, Vorständin beim GKV-Spitzenverband, – © GKV-Spitzenverband

Holetschek zu den heutigen Beratungen der Bund-Länder-Arbeitsgruppe

Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek pocht bei der geplanten Krankenhausreform auf konkrete Zusagen der Bundesregierung an die Länder. Er betonte am Donnerstag, 23. März 2023, in Nürnberg mit Blick auf das Ergebnis der heutigen Beratungen der Bund-Länder-Arbeitsgruppe zur Krankenhausreform: „Der Bund ist heute ein Stück weit auf Bayern zugegangen. Es ist erfreulich, dass bestimmte Leistungsgruppen nun flexibler erbracht werden können sollen. Aber klar ist auch, dass Krankenhausplanungshoheit Ländersache ist. Deshalb brauchen die Länder auch maximale Beinfreiheit bei der Zuordnung der Leistungsgruppen an die Krankenhäuser. Das heißt: Die Länder müssen die Zuordnung der Leistungsgruppen selbst festlegen können. Aktuell will der Bund Ländern nur im Einzelfall und unter vorab definierten Voraussetzungen die Freiheit überlassen, Leistungsgruppen den Versorgungsleveln zuzuordnen. Das ist zu wenig.“

Klaus Holetschek, Gesundheitsminister von Bayern. – © Bayerisches Staatsministerium für Gesundheit und Pflege

Reinhardt: Guter Startpunkt für Krankenhausreform

„Es ist klug, dass sich Bund und Länder darauf verständigt haben, bei der geplanten Krankenhausreform von den bereits in NRW entwickelten Konzepten auszugehen. In NRW hat die Landesregierung in enger Abstimmung mit

  • den Ärztekammern,
  • der Krankenhausgesellschaft und
  • den Krankenkassen

ein praktikables Modell für eine medizinisch-fachlich fundierte neue Krankenhausplanung erarbeitet. Das ist ein guter Startpunkt auch für die bundesweite Reform. Es ist auch richtig, dass die starre Verknüpfung von Versorgungsleveln und Leistungsgruppen gelockert werden soll. Das macht die Berücksichtigung regionaler Besonderheiten möglich, ohne die jede Reform scheitern muss. Auch das Bekenntnis zu einer höheren Vorhaltefinanzierung und zur Sicherung der Daseinsvorsorge sind gute Signale. Bund und Länder müssen die weiteren Schritte nun im guten Austausch mit den Partnern in der Selbstverwaltung planen. Auch in dieser Hinsicht sollte an das erfolgreiche Vorgehen in NRW angeknüpft werden. Die Einbeziehung der Ärztekammern war ein Erfolgsfaktor bei der Erarbeitung des NRW-Krankenhausplans“, sagte Dr. Klaus Reinhardt, Präsident der Bundesärztekammer.“

Bundesärztekammer-Präsident Dr. Klaus Reinhardt. – © Die Hoffotografen