Nachgefragt bei Simon Berlik, Kaufmännisches Controlling, Kliniken Dritter Orden gGbmH Bürokratie fordert zu viel

HCM gibt Mitarbeitenden aus dem Gesundheitswesen eine Stimme. Diesmal lautet das Thema: Gegenwart und Zukunft des Controllings Simon Berlik ist ausgebildete Pflegefachkraft und hat sich für eine Laufbahn im Controlling entschieden. Herr Berlik, Sie sind Krankenpfleger und haben einige Jahre am Patientenbett gearbeitet. Dann folgte ein BWL-Studium und der Wechsel ins Controlling. Warum? Berlik: Ich habe immer gerne in der Pflege gearbeitet, obwohl bereits damals die heute stark diskutierte Belastungssituation vorherrschte. Ich stand damals vor der Entscheidung mich entweder in der Pflege weiterzuentwickeln – also in Richtung Stationsleitung – oder eine Hochschulausbildung zu absolvieren und die Pflege zu verlassen. Ich habe mich für Letzteres entschieden, da ich in der Pflege mangelnde Entwicklungsmöglichkeiten sah und zudem ein Missverhältnis zwischen Zuwachs an Verantwortung und Vergütung vorfand. Wie wird Ihr Wechsel in die Verwaltung in der Pflege gesehen? Berlik: Ich hatte den Eindruck, dass bei einigen durch diesen „Lagerwechsel“ Misstrauen aufgekommen ist. Andere empfanden es als positiv, da so die Pflege die Möglichkeit bekommt, auf Verwaltungsebene mitzugestalten. Mittlerweile haben sich fast alle meiner Kolleginnen und Kollegen aus der Pflege von damals wegentwickelt. Heute sind Sie seit rund vier Jahren im Controlling tätig. Haben Sie in dieser Zeit Veränderungen in Ihrem Metier wahrgenommen? Berlik: In diesem kurzen Zeitraum sind die bürokratischen Anforderungen in alle Richtungen massiv gestiegen. Vieles davon lässt sich für eine Person gar nicht mehr überblicken. Man könnte täglich mehrere Stunden damit verbringen, sich in neue Regularien einzuarbeiten und für den Alltag aufzubereiten. Das war v.a. während der Pandemie massiv spürbar, ist es aber heute noch. Die eigentliche Tragik liegt aber darin, dass Kliniken so gezwungen werden, hochqualifiziertes Personal in den bürokratiestarken Bereichen aufzubauen, obwohl eine Personalverstärkung in den klinischen Bereichen für die Versorgung sehr viel relevanter wäre. Wie schätzen Sie die Rolle des Controllings in strategischen Prozessen in Krankenhäusern ein? Berlik: Das Controlling hat zwar eine ausgeprägte beratende Funktion und liefert jede Menge Daten und Fakten, die eine Grundlage für wichtige Entscheidungen sind, aber die Einflussmöglichkeiten sind relativ begrenzt. Wie wirken sich die aktuellen Transformationsprozesse im Gesundheitswesen auf das Controlling aus? Berlik: Das beste Beispiel ist wohl die Digitalisierung v.a. für den Bereich des Medizincontrollings. Hier könnten sehr viele Prozesse z.B. bei der Fallpauschalengruppierung vollständig automatisiert und damit auch effizienter gemacht werden. Aber derzeit fehlt es sowohl an Menschen, die solche Tools und Prozesse implementieren können, als auch an der Infrastruktur dafür. Wie wirkt sich das auf das Berufsbild im Controlling aus? Berlik: Ohne IT- und Zahlen-Affinität hat man hier keine Chance. Das sind zwingende Voraussetzungen. Wer das hat und gerne im Gesundheitswesen arbeitet, hat gute Karten, denn auch im Controlling herrscht oft Fachkräftemangel. Viele verlassen unsere Branche, denn das was den Job interessant macht – das Interpretieren von Daten und datenbasierte Beraten – kommt aufgrund der überbordenden Bürokratie zu oft zu kurz. Die Bürokratie ist also auch hier eine der größten Herausforderungen? Berlik: Die Regulierungswut des Gesetzgebers ist enorm. Ein Beispiel sind die Pflegepersonaluntergrenzen. Sie folgen einer guten Leitidee, aber die Verteilungsmechanismen sind extrem aufwendig zu monitoren und haben dennoch keinen positiven Effekt erzielt. Statt wachsender Bürokratie bräuchte es eine engere Zusammenarbeit zwischen Controlling und klinischen Bereichen, damit eine betriebswirtschaftlich vernünftige Leistungsplanung möglich wird. Das Gespräch führte Bianca Flachenecker.

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