Nachlese zum 11. Beschaffungskongress der Krankenhäuser Bereit für Veränderungen – aber bitte geordnet

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Auch die Klinikexperten für Einkauf und Logistik stehen zum nächsten Jahr vor enormen Veränderungen, die gemeistert sein wollen. Von IT bis Politik, der 11. Beschaffungskongress der Krankenhäuser machte die vielen Handlungsfelder deutlich, die v.a. zur Digitalisierung weiterhin herausfordern. Mehr als 600 Teilnehmer sorgten beim zweitägigen Event für rege Diskussionen und bekamen von gut 70 Referenten auch Best-Practice-Lösungen präsentiert.

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    © Carolina Heske
    Unter der Moderation von Univ.-Prof. Dr. Dr. Wilfried von Eiff (von links) diskutierten zur Kongresseröffnung sechs weitere Experten über die Zukunft des digitalen Krankenhauses: Markus Wild (Prospitalia), Prof. Dr. Karl Max Einhäupl (vormals Charité), Dr. Klaus von Dohnanyi (Wegweiser), Dr. Oliver Klöck (Taylor Wessing Rechtsanwälte), Dr. Axel Kaiser (Lohfert & Lohfert) sowie Prof. Dr. Axel Ekkernkamp (BG Klinikum Unfallkrankenhaus Berlin).
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    „Wir müssen mindestens 400 Krankenhäuser schließen, aber erst, wenn die Ambulantisierung fortgeschritten ist“, meinte Ex-Charité-Vorstand Prof. Dr. Karl Max Einhäupl. Und: „Dass die Pflege aus den DRGs rausgenommen wird, wird viele Häuser in den Ruin treiben.“
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    „Das werden wir noch sehen, ob es wirklich beim Pflexit bleiben kann“, gab Prof. Dr. Axel Ekkernkamp zu bedenken. Der Chef des Unfallkrankenhauses Berlin prophezeite: „Mit der elektronischen Patientenakte wird es auch zum Jahr 2021 nichts werden.“
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    Viele Fachforen und Best-Practice-Dialoge fanden im geschmackvollen Palm Court des Hotel de Rome statt. Hier ging es um Innovationspartnerschaften als neue Wege in der Krankenhausbeschaffung, präsentiert von Dr. Michael Brüggemann (Taylor Wessing Rechtsanwälte).
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    Wie verändern neue Technologietrends die IT-Strukturen im Krankenhaus? Alles, was sich um die zukünftige Optimierung der Prozesse drehte, stand in den einzelnen Salons hoch im Kurs – manchmal auch als Stehparty.

Das Interesse war enorm: Ob im großen Palm Court oder in drei weiteren Salons des Berliner Hotel de Rome, viele der knapp 40 Programmpunkte sorgten an beiden Tagen für volle Räume.

Dabei reichte das Angebot, das die veranstaltende Wegweiser Unternehmensgruppe unter dem Leitgedanken „Einkauf und Logistik in der digitalen Welt“ zusammengestellt hatte, von wichtigen Grundsatzdebatten bis hin zu detaillierter Unterstützung für einzelne Handlungsfelder wie Innovationspartnerschaften, Software, Datensicherheit, Textilmanagement oder effiziente Strom- und Gasbeschaffung.

Krankenhäuser am Anschlag

Dass auch dieses Berufsfeld letztlich stark von neu beschlossenen Reformen bzw. noch laufenden Gesetzgebungsverfahren abhängt, zeigte bereits das Eröffnungsplenum zum Thema „Zukunft digitales Krankenhaus: Vernetzte Technologien für Effizienz und eine bessere Patientenversorgung“.

Eine Versorgung, um die es u.a. aufgrund von Arbeitsverdichtung derzeit eng bestellt ist. „Die meisten Krankenhäuser sind am Anschlag“, analysierte etwa Prof. Dr. Karl Max Einhäupl. Zwar plädierte der Ex-Vorstandsvorsitzende der Charité – Universitätsmedizin ebenfalls für eine Reduktion der Häuser, „aber nicht in dem Umfang, wie die Bertelsmann-Studie sie prognostiziert hat.“ Man müsse mindestens 400 Kliniken schließen, jedoch erst, wenn die Ambulantisierung fortgeschritten sei.

Zu den massiven Änderungen, auf die sich die Branche laut Einhäupl jetzt einstellen muss, gehöre auch der „Pflexit“: „Dass die Pflege aus den DRGs rausgenommen wird, wird viele Häuser in den Ruin treiben.“

Nicht nur ins Ausland schielen

„Das werden wir noch sehen, ob es wirklich beim Pflexit bleiben kann“, knüpfte Prof. Dr. Axel Ekkernkamp als zweiter Impulsgeber an. Der Chef des BG Klinikums Unfallkrankenhaus Berlin (ukb) appellierte an die Zuhörer, dass alles, was digitalisiert werden könne, auch digitalisiert werden müsse. „Doch wir brauchen dazu nicht immer nach Dänemark zu schielen, sondern können zum Beispiel nach Kiel oder Leipzig gucken.“ Es gebe in Deutschland schon Häuser, die weit fortgeschritten seien.

Kritisch allerdings sieht Ekkernkamp weiterhin einzelne Aspekte. „Mit der elektronischen Patientenakte wird es auch zum Jahr 2021 nichts werden“, prophezeite der Chirurg, der u.a. Kuratoriumsmitglied des Health Innovation Hubs (hih) des Bundesgesundheitsministeriums ist.

Kurzfazit des Auftaktplenums, in dem abschließend auch Dr. Klaus von Dohnanyi (Wegweiser), Dr. Oliver Klöck (Taylor Wessing Rechtsanwälte), Dr. Axel Kaiser (Lohfert & Lohfert AG) und Markus Wild (Prospitalia GmbH) diskutierten: „Es gibt keine Patentrezepte“, hielt Moderator Univ.-Prof. Dr. Dr. Wilfried von Eiff (Centrum für Krankenhaus-Management) fest.

Flächendeckende Grundversorgung nicht möglich

Keine Patentrezepte, dafür umso mehr Baustellen – so zumindest ließe sich das Abendplenum des ersten Tages zusammenfassen, das gleichwohl konkrete Ziele mit Forderungen benannte. Da wurde es zur Frage „Sind die deutschen Krankenhäuser noch zeitgemäß?“ kurz nach 17 Uhr erneut sehr lebhaft.

Allen voran mit Prof. Josef Hecken, der als Keyynotesprecher zu einem politisch-perspektivischen Rund-um-Schlag ausholte. „Wir brauchen eine flächendeckende Grundversorgung, zukünftig eventuell auch mit mehr Geriatrie, aber das ist mit den aktuellen Finanzierungen nicht möglich“, so der unparteiische Vorsitzende des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA). In Richtung Bundesgesundheitsminister Jens Spahn schimpfte Hecken: „Strukturbereinigung durch Insolvenz nimmt er billigend in Kauf.“

Auch Personalmindestvorgaben kamen unter die Lupe: „Ich warne dringend davor, alle Abteilungen der Häuser bis zur Leichenhalle mit solchen Vorgaben zu überziehen!“

Leitbild für Gesundheitsversorgung

In puncto Organisation gab Dr. Gerald Gaß zu bedenken: „Es macht keinen Sinn zu fragen, wie sich Krankenhäuser strukturell ändern müssen, sondern wir müssen gesamt denken“, meinte der Präsident der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG), „wir brauchen ein Leitbild, wie wir uns Gesundheitsversorgung vorstellen. Dazu muss Deutschland seinen eigenen Weg finden.“

Selbstkritisch gab Gaß zu, dass nun auch die DKG begriffen habe, dass es grundsätzlich Umstrukturierungen brauche… Jedoch: „Wir sind bereit zu Veränderungen – aber politisch geordnet.“

Mehr Informationen

Lesen Sie zum diesjährigen Kongress auch das Gespräch mit Univ.-Prof. Dr. Dr. Wilfried von Eiff, dem Leiter des Beirats, der für HCM die aktuell wichtigsten Herausforderungen aufgezeigt hat.

Darüber hinaus gibt es in der HCM 1-2/2020, das Anfang Februar erscheint, eine Nachlese mit den an zwei Tagen erarbeiteten Ergebnissen.

Der 12. Beschaffungskongress der Krankenhäuser findet am 2. und 3. Dezember 2020 wiederum in Berlin statt.