Krankenhauslogistik Autonomer Warentransport

So klein die Befehls- und Meldegeräte „Sirius Act“ von Siemens an den Fahrerlosen Transportfahrzeugen der Bleichert Automation sind, so wichtig sind sie für den Erfolg des neuen Infrastrukturprojekts. Vor allem Kliniken profitieren vom effizienten, automatisierten innerbetrieblichen Warentransport.Der innerbetriebliche Warentransport hat in Healthcare-Einrichtungen noch nicht den Stellenwert erreicht, der ihm zusteht. Was heute noch viel „Manpower“ erfordert, könnte morgen schon von intelligenten Automatisierungslösungen übernommen werden. Neben der klassischen Elektrohängebahn, wie man sie hier und da sieht, kommen auch Fahrerlose Transportsysteme (FTS) zum Einsatz. „Die Krux ist jedoch“, so die Erfahrung von B. Eng. Andreas Neubert, Vertriebsingenieur bei der Bleichert Automation, „dass die Investitionskosten in die FTS-Technik inklusive der baulichen Anpassungen nicht selten immens sind.“ Das soll sich nun ändern, denn der mittelständische Sondermaschinenbauer hat Fahrzeuge entwickelt, die speziell auf die Anforderungen in Kliniken optimiert worden. Durch Verzicht auf Magnetnavigation bzw. Schleif- oder Induktionsleitungen reduziert sich der Investitionsbedarf immens. Der größte Vorteil besteht jedoch darin, dass Siemens als Generalunternehmer auftritt und den innerbetrieblichen Warentransport gewissermaßen „schlüsselfertig“ projektiert. Dipl.-Ing. (BA) Steffen Watzal, Leiter der mechanischen Konstruktion bei Bleichert, erklärt: „Unsere Kooperation zwischen dem weltweit tätigen Großkonzern und uns als flexibles Mittelstandsunternehmen schafft hinsichtlich Nachhaltigkeit und Zukunftssicherheit beste Vorausaussetzungen für Rationalisierungsprojekte im Gesundheitswesen.“ Strenge HygienerichtlinienSelbst wenn die FTS-Fahrzeuge von Siemens/Bleichert, Siemens Autonomous Transportation („Siatrans“) äußerlich den Altbekannten ähneln, so erkennt das professionelle Auge die wesentlichen Detailunterschiede. Sichtbar sind die Befehls- und Meldegeräte Sirius Act, die als Standard die Schutzklasse IP69K haben und auch die geforderte Schutzklasse IP67 erfüllen. Neubert betont: „Das ist sehr wichtig, weil in Gesundheitseinrichtungen auch hohe Hygieneanforderungen gestellt werden.“ Die Befehls- und Meldegeräte sind technisch und optisch „state-of-the-art“ und zeigen im Detail ihre besonderen Eigenschaften. So haben deren Entwickler darauf geachtet, dass die Leuchtintensität von Meldern besonders hoch ist und sie so auch in langen Klinkgängen von der Ferne wahrgenommen werden. Watzal: „Dadurch erkennen Klinikpersonal und Techniker schon von weitem wichtige Statusmeldungen an den Fahrzeugen.“ Neubert ergänzt: „Anwender legen zusehends hohen Stellenwert auf Optik, Haptik und Ergonomie, was Sirius Act rundum erfüllt.“ Durch entsprechende Zertifizierungen dürfen die Geräte auch in der Lebensmitteltechnik eingesetzt werden, was ihre Eignung für den Healthcare-Sektor unterstreicht. Für die in den FTS-Fahrzeugen verbauten Schlüsselschalter gibt es spezielle Schutzkappen, um das Eindringen von Wasser oder Schmutz zu verhindern und so die hygienischen Anforderungen zu erfüllen. Watzal: „Aufgabenstellung war zwar, dass die FTS-Geräte in unreinen Räumen wie den typischen Verbindungstunneln im Keller fahren, aber die Warenversorgung von Pflegestationen ist damit genauso gut vorstellbar.“ „Lernen“, wie und wo sie fahrenDie moderne FTS-Technik funktioniert ohne großen Aufwand, weil die Siatrans-Fahrzeuge Laserscanner nutzen, um die Umgebung „auszuleuchten“. Das heißt, bei der Inbetriebnahme führen Techniker gewissermaßen Referenzfahrten im Teach-in-Verfahren durch. Dabei „lernen“ die Fahrzeuge den Gebäudeplan und speichern ihn quasi wie eine „Landkarte“ ab. Während der Transportfahrten passieren sie dann immer wieder Markierungspunkte, an denen sie leit- und steuerungstechnische Informationen erhalten bzw. abgefragt werden. Die Fahrzeuge erkennen über die Laserscanner Hindernisse und können so bei Bedarf ausweichen, Warnsignale geben oder anhalten bis das Hindernis den Sicherheitsbereich des Fahrzeugs wieder verlassen hat. Neubert beschreibt: „Diese Systemlogik aus Gebäudeplan und stetiger Gebäudekommunikation macht unsere Lösung so einfach, transparent und flexibel.“ Watzal ergänzt: „Hierzu sind lediglich an markanten Stellen innerhalb der Einrichtung WLAN-Knoten notwendig, die in vielen Fällen vorhanden sind – oder sich gerade in der Planung befinden.“ Bauliche Zusatzmaßnahmen sind meist nicht notwendig. Lediglich die Kommunikationstechnik innerhalb der Gebäude muss vorhanden sein. Da Siemens auch dieses Gewerk in der Funktion als Generalunternehmen durchführen kann, bleibt auch hier alles in einer Hand. Das ist ein weiterer Vorteil der neuen FTS-Lösung für diesen innerbetrieblichen Warentransport: „Standardisierte und robuste Industrielösungen aus einer Hand“. Standard-IndustrietechnikDas Innenleben jedes Fahrzeugs bildet eine standardisierte Automatisierungslösung bestehend aus bewährten und leistungsfähigen Komponenten wie Siemens sie in der Industrie und in der Gebäudetechnik einsetzt. Die Versorgung erfolgt über eine nicht brennbare und nichtgasende Batterie mit 48V Ausgangsspannung. Weil die Automatisierungskomponenten stabile 24 Volt benötigen, werden DC/DC-Wandler dazwischen geschaltet. Die eingesetzten Hutschienengeräte Sitop PSU3400 liefern auch bei großen Spannungsschwankungen die exakte Steuerspannung. Das Herz bildet die speicherprogrammierbare Standardsteuerung Simatic S7-1500 Open Controller auf Basis Simatic ET200SP. Sie sind robust und besitzen dennoch eine enorm hohe Leistungsfähigkeit. Zudem arbeitet sie fehlersicher, was bedeutet, dass selbst in Einrichtungen, in denen sich unterschiedlichste Personengruppen und Patienten bewegen, die notwendige Sicherheit gegeben ist. „Die Steuerung kann sämtliche Signale sowie automatisierungstechnische und bauliche Informationen in Echtzeit, fehlersicher verarbeiten“, erklärt Watzal. Ein so hohes Leistungsniveau in der Prozessorleistung ist wichtig, weil die typischen Orientierungslösungen wie Indoor-GPS oder Real Time Locating System (RTLS) bezüglich der geforderten Positioniergenauigkeit nicht genügen würden. Die FTS-Systeme erreichen eine Genauigkeit der Zielposition von plus/minus einem Zentimeter und plus/minus 0,2 Grad. Die Gesamtkonstruktion ist kompakt, so dass die Fahrzeuge ohne weiteres kleine Lastenträger aufnehmen und transportieren können, wie z.B. Speisen- und Wäschecontainer, Sterilgutbehälter oder Behälter für medizinische Bedarfe. Neubert zeigt sich begeistert: „Die Kombination von 600 mm Baubreite, 280 mm Unterfahrhöhe, 70 mm Hubhöhe und bis zu 500 kg Traglast habe ich bisher noch nirgends gesehen.“ Dabei könnte ein weiteres Detail der Fahrzeuge zu noch größerer Anwendungsbreite führen: Sie sind modular aufgebaut und in die drei Zonen Batterie, Antrieb und Steuerungseinheit unterteilt. Vorstellbar ist also auch, dass die rund 2,0 m langen Fahrzeuge modular übereinander angeordnet werden und so noch weniger Grundfläche abdecken. Neubert wagt einen Ausblick in die Zukunft: „Vorstellbar wäre, dass FTS-Fahrzeuge mit einer Grundfläche von 70 x 70 cm teils mit verschließbaren Schränken bestückt werden, die in Laboren den Probentransport oder auf Pflegestationen die Medikamentenversorgung übernehmen.“ Rationalisierung im TransportViel Technik auf wenig Platz – so lassen sich die automatischen Transporteinheiten für den innerbetrieblichen Warentransport charakterisieren. Sie ermöglichen die sichere Abschaltung der Antriebskomponenten ebenso wie die autonome Navigation ohne zusätzliche Infrastruktur. Dank der bewährten Industrie-Hard- und -Software erfüllen sie die hohen technischen und hygienischen Anforderungen im Gesundheitswesen. Nicht zuletzt auch wegen der Befehls- und Meldegeräte mit hoher Schutzart IP69K „Sirius Act“ ist die gesamte Technik so robust, dass sie manuell – und künftig vielleicht sogar maschinell – gereinigt werden kann. Die entscheidenden Punkte bei den Lösungen für den Healthcare-Sektor sind Kompaktheit, einfacher standardisierter Aufbau, Robustheit und Langlebigkeit sowie einfache Anpassung an die baulichen Gegebenheiten. Meist sind die Bestandscontainer in Kliniken nicht automationsfähig. Laut Watzal kein Problem: „Wir machen das passend, so dass unsere Kunden nicht in neue Ausrüstung investieren müssen – und trotzdem vom rationellen Warentransport der Zukunft profitieren.“

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