Robotik für die stationäre (Intensiv-)Pflege Aufgaben für Roboter

Robotische Assistenzsysteme zur Unterstützung in der stationären Pflege gelangen stärker in den Fokus, wenngleich die Intensivpflege noch nicht im Speziellen adressiert wird. Mögliche Einsatzbereiche sind u.a. Warentransport, Reinigung, Service und Interaktion sowie intelligente Pflegehilfsmittel. Automatisierungslösungen für das Gesundheitswesen haben v.a. bei der Unterstützung von Operationen oder in der Rehabilitation bereits Produktreife erlangt. Der Roboter übernimmt hochpräzise, nicht ergonomische, monotone oder unattraktive Aufgaben. Das Personal arbeitet dort, wo es mit emotionaler Feinfühligkeit, Flexibilität und Lösungskompetenz die wertvollsten Ergebnisse erzielt. Die Robotik könnte auch für die stationäre und im Speziellen die Intensivpflege einen Mehrwert bringen. Robotische Assistenzsysteme haben das Potenzial, das Personal körperlich, zeitlich oder informatorisch zu entlasten. Aber welche Aufgaben bieten sich dafür an und was ist am Markt erhältlich? Warentransport und Logistik Pflegeutensilien dort zur Verfügung zu haben, wo sie gebraucht werden, bedeutet für die Pflege Laufwege und Zeitaufwand. Zwar gibt es in großen Krankenhäusern bereits seit den 90er Jahren fahrerlose Transportsysteme (FTS), die Container z.B. von Wäscherei oder Küche auf die Stationen bringen. Diese können aber meist nur in separaten Bereichen navigieren. FTS entlasten also nur in Teilen, da sie Materialien höchstens bis zur Station bringen, wo sie manuell verteilt werden. Zusätzlich zu den FTS gibt es kompakte, vollintegrierte Transportplattformen, die Pflegematerialien, Blutproben oder Ähnliches in Schubladen transportieren. Das Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung PA hat für dieses Einsatzszenario im Forschungsprojekt „SeRoDi“ mit Partnern einen intelligenten Pflegewagen entwickelt. Der Roboter kann autonom navigieren, Pflegeutensilien vor den Patientenzimmern bereitstellen und den Materialverbrauch dokumentieren. Eine Weiterentwicklung zum universalen Transportroboter erfolgte 2021 im Projekt „MobDi“. Dieser kann beliebige Handwagen innerhalb der Station oder zwischen Station(en) und dem Zentrallager autonom mitführen und bereitstellen. Buchtipp Im Buch „Die digitale Intensivstation. Handlungsfelder, Erfordernisse, Umsetzung“ vermitteln die Autoren und Autorinnen technologisches Basis- und Praxiswissen für mehr Digitalität auf Intensiv. Zum Buch: www.mwv-berlin.de Reinigung und Desinfektion Obwohl inzwischen verschiedene Reinigungsroboter auf dem Markt sind, werden sie nur in wenigen Kliniken und oft testweise eingesetzt. Dies liegt daran, dass die Produkte meist für den Einsatz in einer großflächigen Umgebung und weniger für die engen Gänge auf den Stationen ausgelegt sind. Außerdem kann keines der existierenden Produkte Hindernisse beiseite räumen oder Türen öffnen. Forschungsseitig hat das Fraunhofer IPA im Projekt „BakeR“ einen Reinigungsroboter entwickelt, der saugen und wischen kann. Indem er Verschmutzungen automatisch erkennt, setzt er die ergebnisorientierte Bodenreinigung um. Dank des Manipulators kann er Türen öffnen und z.B. Papierkörbe leeren. Einen Boom erleben seit der Corona-Pandemie die Desinfektionsroboter. Diverse Produkte für die UV-Desinfektion sind seitdem auf dem Markt verfügbar. Im Projekt „DeKonBot“ ist am Fraunhofer IPA 2020 ein Desinfektionsroboter aufgebaut worden, der zu reinigende Objekte automatisch erkennt und diese dann per Wischdesinfektion säubert. Im „MobDi“-Projekt wurde die Roboterhardware weiterentwickelt und optimiert. Dazu gehört auch der Aufbau neuer Desinfektionswerkzeuge z.B. für die Desinfektion mit Bürsten, UV oder Plasma. Gemeinsam mit der Firma Metralabs wird diese Version des Roboters aktuell zur Marktreife gebracht. Parallel dazu wird der Roboter im Projekt „RoReBo“ weiterentwickelt. Dabei erhält er Fähigkeiten speziell für Aufgaben im Gesundheitswesen wie das Abwischen von Tischen oder Handläufen. Service und Interaktion Roboter für Service und Interaktion sollen mit Patienten und Patientinnen direkt interagieren und z.B. Informationen bereitstellen. Allerdings ist der Nutzen in der Intensivmedizin eher eingeschränkt, da die Patienten und Patientinnen hier oft nicht ansprechbar sind. Am Fraunhofer IPA sind zwei Assistenzroboter für Service und Interaktion entwickelt und im Pflegekontext getestet worden: Der mobile Kommunikationsassistent MobiKa nutzt ein höhenverstellbares Tablet, um mit Pflegebedürftigen zu interagieren. Der robotische Serviceassistent kann Personen erkennen und ihnen Snacks oder Getränke anreichen, deren Ausgabe er protokolliert. Bei mobilen Telepräsenzrobotern kann der Nutzer sich zusätzlich von einem anderen Ort steuernd durch ein Gebäude bewegen. Telepräsenzroboter könnten es erleichtern, mit Angehörigen in Kontakt zu sein. Fachärzte an anderen Orten können für Diagnosen hinzugezogen werden. Dafür sind die Geräte teilweise mit Diagnosegeräten wie einem Stethoskop ausgestattet. Intelligente Pflegehilfsmittel Intelligente Pflegehilfsmittel sollen das Pflegepersonal unterstützen. Dabei geht es nicht um menschenähnlich gestaltete Assistenzroboter. Vielmehr werden Technologien entwickelt, die herkömmliche Pflegehilfsmittel mit (teil-)autonomen Assistenzfunktionen erweitern und deren Bedienung vereinfachen. Insgesamt gibt es für die Intensivpflege noch keine Serienprodukte, dafür diverse Forschungsaktivitäten. Kontakt zur Autorin: Dr.-Ing. Birgit Graf, Leiterin Produktionstechnik und Automatisierung IPA am Fraunhofer-Institut, birgit.graf@ipa.fraunhofer.de

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