Kunstprojekt an der Universitätsklinik Köln Auf Wiedersehen Tristesse!

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70 m voller Träume, Phantasien, Erinnerungen und Sehnsüchte begleiten die Patienten der Uniklinik Köln auf ihrem Weg zur Strahlentherapie. 70 m auf denen sie eintauchen können in die phantasievolle Welt der Utopien. 23 Tondi laden ein zum Gedanken schweifen lassen und Abschalten – ganz im Sinne einer menschlichen Medizin.

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    Das Kunstprojekt an der Uniklinik Köln.
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    Bei der Planung der Wandmalereien.
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    Gemalt wurde während des Klinikbetriebes.
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    Zur Fertigstellung blieben nur zwei Wochen.

„Mein Tondo ist die abstrakte Darstellung einer Baumrinde. Der Baum ist und war schon seit jeher immer ein Zeichen der Fruchtbarkeit, der Unendlichkeit, der Vergänglichkeit und des Lebens sowie der Erkenntnis. Er dient sowohl als Ruhepol sowie als Verbindung zwischen Himmel und Erde. Die Rinde ist die Haut des Baumes, sie ist stark und fest und schützt den Baum. Für mich stellt die Rinde etwas Prachtvolles und Unzerstörbares dar. Sie wirkt tot, doch erneuert sie sich stetig und ist wie ein Panzer. Ihre Farbvielfalt bleibt vielen Menschen stets unsichtbar, dabei ist sie allgegenwärtig und ein Zeichen des Lebens und des Wandels um uns herum, welches ich auch in der Uniklinik für alle Menschen sichtbar machen wollte“, erklärt Michaela Krystof, Lehramtstudentin der Fächer Geschichte, katholische Religionslehre und Kunst fürs Gymnasium. Sie ist eine der insgesamt 23 Künstler, die an dem bisher einzigartigen Kunstprojekt an der Uniklinik Köln, realisiert gemeinsam mit dem Institut für Kunst und Kunsttheorie an der Universität zu Köln, mitgearbeitet haben. „Painted Dreams & Abstract Greens“, gemalte Träume und abstraktes Grünzeug, so heißt es. Damit verabschiedete sich die Uniklinik von den tristen, kalten, weißen Wänden des langen Ganges im Untergeschoss, der das Bettenhaus mit der Strahlentherapie verbindet. Hier werden Tag für Tag zahlreiche schwerstkranke Patienten von den Krankenhausmitarbeitern zu ihrer Behandlung gefahren. Bisher spendete das Ambiente dort kaum Trost, es wirkte beinahe leblos. Doch das ist nun vorbei, der Gang ist trotz des Krankenhauscharakters zu einer Oase für Augen und Gedanken geworden. Anstoß dazu gab der Einfall einer Mitarbeiterin der Uniklinik, Birgit Metzen. Sie meldete sich im Rahmen des Ideenmanagements bei Cosima Jakubzig mit ihrem Vorschlag, den langen Gang im Untergeschoss farblich zu gestalten. Dass an der Uniklinik Köln das Ideenmanagement ernst genommen und die Umsetzung der Ideen der Mitarbeiter aktiv angegangen wird, zeigt die Realisierung des Beitrages von Metzen. „Sie war der Grundstein für ein einzigartiges gemeinsames Kunstprojekt der Uniklinik Köln mit dem Institut für Kunst und Kunsttheorie der Universität zu Köln“, sagt Günter Zwilling, kaufmännischer Direktor der Uniklinik Köln. Er war es, der letztendlich auch die Finanzierung des Projektes möglich gemacht hat – „Sponsoren konnten wir leider nicht finden“, erklärt Vera Lux, Pflegedirektorin der Einrichtung und begeisterte Unterstützerin dieser künstlerischen Arbeit. Insgesamt wurden dafür rund 25.000 Euro fällig – Geld für die Materialien, die Farben, die Grundierung der Wände, das Projektbooklet und ein Anerkennungshonorar für die teilnehmenden Studenten sowie das Honorar für die Mitarbeit der Künstlerin Birgit Jensen.

Die Konzeption für die Wandgestaltung entwickelten Gesine Kikol, Künstlerin und Mitarbeiterin von Prof. Silke Leverkühne vom Institut für Kunst & Kunsttheorie der Universität Köln, Leverkühne und Jensen mit den Studenten. „Schnell war klar, dass sie schön, heiter und optimistisch wirken sollte und so näherten wir uns inhaltlich den Themen Paradies und Utopie“, erklärt Kikol. Daher auch das übergeordnete Ziel, Tondi (Rundbilder) zu schaffen, in denen Motive von Utopie, Paradies, der Schönheit von Arkadien und Träumen aufgegriffen werden.

Zum Nachdenken anregen und Emotionen erzeugen

„Dafür mussten sich die Studenten mit der Utopie in der Kunstgeschichte auseinandersetzen und sich erarbeiten, was Utopie im Kontext der Medizin, der Religion und der Philosophie bedeutet“, erklärt Kikol. Man wollte „eine gute inhaltliche Basis“ schaffen mit meditativen Inhalten, die Geschichten von Menschen und Tieren erzählen, Emotionen wie Sehnsucht hervorrufen, aber auch dabei helfen, zur Ruhe zu kommen. Dafür war es wichtig, dass sich die der Medizin fachfremden Lehramtstudenten mit Mitarbeitern der Uniklinik darüber austauschen, welche Motive bei Patienten eine positive Konnotation auslösen. „Es war extrem wichtig für uns, dass die Patienten nicht erschrecken vor dem, was sie sehen, oder vor dem, was sie in das Bild auf den ersten Blick hineininterpretieren“, erklärt Lux. Welche Themen sind hier wichtig, worauf kommt es an, was beschäftigt die Menschen im Krankenhaus? Alles Fragen, mit denen sich die Künstler auseinandersetzen mussten. Ein besonderer Lerneffekt für die angehenden Lehrer entstand dadurch, „dass sie mit ihrem Werk Verantwortung für das, was sie geschaffen haben, übernehmen mussten“, erklärt Leverkühne.

Eine große Herausforderung dabei war für Studenten, Künstler und Krankenhausmitarbeiter das Aufeinanderprallen verschiedener Akteure, vom Künstler bis hin zum Facility Management der Uniklinik, das dafür gesorgt hat, dass die Rahmenbedingungen und Ausstattung vor Ort perfekt waren. Aber genau das war es laut Leverkühne auch, was das Projekt für alle Beteiligten so wertvoll gemacht hat.

Die Kunst zeigt ihre Wirkung: Ablenkung

Insgesamt dauerte die Realisierung drei Semester und wurde von drei Seminaren begleitet, dabei wirkte auch Künstlerin Jensen mit. Für das Aufbringen der Tondi an die Gangwände hatten die Studenten am Ende nur zwei Wochen und das bei laufendem Klinikbetrieb. Die Patienten haben es genossen, zu sehen, wie sich die Bilder entwickeln. „Eine Patientin hat sich bewusst jeden Tag vorbeischieben lassen, damit sie beobachten kann wie die Kunstwerke entstehen“, erinnert sich Leverkühne. „Eine andere Patientin hat sogar bei uns angerufen und gefragt, ob beim Bild des jungen Mädchens, das auf eine Insel blickt, nicht die Farbe an den Beinen fehle. Das ist natürlich Absicht und Teil des Bildes, aber es zeigt, dass die Bilder ihre Wirkung auf die Patienten haben und diese sich damit auseinandersetzen“, meint Lux (Kunstwerk siehe Bildergalerie online).

Sowohl für die Mitarbeiter der Uniklinik, aber in erste Linie für deren Patienten, ist so ein Raum entstanden, dessen unpersönliche Sterilität gegen ein freundliches, inspirierendes Ambiente eingetauscht wurde. „Die vielen schwerkranken Menschen, die im Krankenhaus kaum Möglichkeiten zur Abwechslung finden, haben dort die Chance, in Traumwelten einzutauchen und Kraft zu tanken – wenn sie sich auf die Bilder einlassen“, erklärt Lux, „Medizin soll menschlich sein, aber es ist nicht einfach, diese Menschlichkeit in ein so großes Haus zu transportieren. Doch mit diesem Projekt gelingt es ein Stück weit.“ Bianca Flachenecker

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    An der Uniklinik Köln ist in einem Gang im Untergeschoss zwischen Bettenhaus und Strahlentherapie ein beeindruckendes Kunstwerk entstanden. 23 Tondi (Rundbilder) mit Motiven, die zum Träumen und Nachdenken anregen, sind dort in Zusammenarbeit mit der Kunsthochschule Köln entstanden.
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    Insgesamt drei Semester hatten die Lehramtstudenten der Universität Köln Zeit, sich mit ihren Motiven zum Thema Utopie zu befassen. Dabei standen sie im engen Austausch mit den Krankenhausmitarbeitern.
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    Entwürfe des Zusammenspiels der einzelnen Tondi auf der gesamten Wandfläche.
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    Nach nur zwei Wochen und trotz laufendem Klinikbetrieb waren die Kunstwerke fertig.
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    Janina Noe, LA BA Sonderpädagogik: „Ein junges Mädchen blickt auf eine Insel. Sie ist mit dem Rücken zu uns gekehrt und das Gesicht ist nicht zu erkennen. Durch dieses Stilmittel, welches auch in der Romantik eingesetzt wurde, kann sich der Betrachter in die Figur hineinversetzen. Es kommt das Gefühl der Verbundenheit zur Natur auf. Die Berglandschaft der Insel stellt eine unwirkliche Welt dar, die einer Art Paradies ähnelt. Genießt das Mädchen den Blick und die Verbundenheit oder möchte sie die Insel erreichen und sehnt sich nach ihr? Das Bild möchte dazu einladen, die Geschichte des Mädchens weiterzuführen und sich selbst über seine eigenen Sehnsüchte und Ziele bewusst zu werden. Durch die Teilnahme an dem Projekt konnte ich mich über einen längeren Zeitraum mit einem bestimmten Thema künstlerisch auseinandersetzen. Besonders interessant fand ich dabei, wie sich nicht nur mein eigenes Motiv, sondern auch das der anderen Teilnehmer immer wieder weiterentwickelte.“
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    Luisa Maria Antes, LA MA Grundschule: „Die Ansicht eines sich kreisförmig nach Futter schnappenden an die Oberfläche drängenden Schwarms tropischer Fische bietet sich dem Beobachter von einem Boot aus, welches im übertragenen Sinn als Insel begriffen werden darf. Ich malte also nicht den Menschen im Boot, sondern vermittle die ihm sichtbare Perspektive. Das sonnendurchflutete flirrende Wasser inszeniert den Fischschwarm in heiteren Farben. Wasser bedeutet Leben, Fische sind eine in den Religionen verwendete Symbolik. Mein Motiv kann als Sehnsuchtsort, Erinnerung oder in der Vorstellung mit paradiesischen Zügen begriffen werden und damit jedem Menschen unabhängig von Religionen zugänglich sein, ihn gedanklich einfangen, um eigene Assoziationen zu entwickeln und Interpretationen zu suchen. Fischschwarm, mein Lieblingsrundbild aus der malerischen Serie meiner Examensarbeit ‚Inselmotive‘, habe ich für den farbigen Kunstweg gewählt, weil es als Motiv der Hoffnung und Gemeinschaft Zuversicht und Lebenslust vermittelt.“
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    Paula Geier, LA BA Gymnasium Geschichte Kunst Biologie: „Der Tondo ist aus mehreren Elementen und zwei Ebenen aufgebaut: Geometrische Formen bilden den Hintergrund, der von außen mit dunklen Farbtönen nach innen zu hellen Farben verläuft. Diese sind angelehnt an die Farben von Aufnahmen des Universums. Im Vordergrund befinden sich Pflanzen mit Luftwurzeln. Abgebildet ist die Kannenpflanze Nepenthes sp. Das Projekt ‚Painted Dreams & Abstract Greens‘ bietet uns eine wunderbare Möglichkeit, sich mit der Malerei zu beschäftigen, diese auszustellen und einen sinnvollen Beitrag zu leisten.“
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    Benedikt Senden, LA BA HRG Kunst, Deutsch: „Als Naturliebhaber haben mich tropische Regenwälder mit ihrer bunten Flora und Fauna schon immer fasziniert. Daher begann ich früh Orchideen vieler Arten zu kultivieren. Mein Tondo porträtiert eine Cattleya Orchidee im Regenwald. Eigene Bilder und Zeichnungen und das Buch ‚Orchideen‘ von dem Zoologen Ernst Haeckel, das eine Fülle unterschiedlicher Orchideenblüten zeigt, dienten als Inspiration, als Vorlage Naturfotografien. Die leuchtenden Farben und das Motiv sollen Lebensfreude und Glücksgefühle vermitteln. Der Tondo ist aber auch politisch: Die Erde als Paradies ist einzigartig und wunderschön! Tue alles für ihren Erhalt!“
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    Stefan Heithorst, LA MA Gymnasium Geschichte, Kunst: „Das Bild zeigt einen Wanderer, der inmitten einer Landschaft, einer Behausung und einem Waldstück einen Weg abschreitet. Im Unwissen über sein Herkommen und sein Ziel sehen wir ihn in einem momenthaften Ausschnitt seiner Reise. In Anlehnung an Hieronymus Boschs ‚Der Wanderer‘ (1490–1505) sehen wir auf dem Bild eine Person, die sich auf dem Weg befindet. Auch nach 500 Jahren finden wir einen Zugang zu dieser Situation, die uns an Mühen und Entbehrungen einer Reise, aber auch an Erfahrungen, an neue Zugänge zu unsrer Umwelt und zu uns selbst erinnert. Als Schlüsselfigur öffnet uns der Wanderer gleichzeitig den Raum in eine Landschaft, die den Blick weitläufig in die Ferne schauen lässt.Dieses Arbeiten im Kollektiv ist eine Herausforderung. Es ist keine Instant-Zufriedenheit die sich hier schnell erzeugen lässt, sondern eine, die sich erst mit dem Beschluss der Gruppe ergibt. Auch wenn ich das Endergebnis noch nicht kenne, war diese Erfahrung der Gruppenarbeit für mich bereichernd.“
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    Im neu gestalteten Gang der Uniklinik Köln können sich die Patienten nun von den Bilder ablenken lassen, zu träumen beginnen, sich an ihre Sehnsüchte erinnern und so Kraft tanken.