Mit dem Begriff Assistive Technologien (AT) wird ein Querschnittsthema beschrieben, das allgemein technologische Lösungen zur Unterstützung von Nutzern zusammenführt. Dabei geht es vordergründig um eine gute Passung der Technik an die Bedarfe des Menschen mit einer verlässlichen und robusten Bedienbarkeit.
1. Synonyme:
Assistive Technologien sind in der Regel die technischen Realisierungen, die im Kontext von Ambient Assisted Living (AAL) neben den zu erbringenden Dienstleistungen dem Endanwender dienlich sind.
2. Kurzhistorie:
Der Begriff wurde ursprünglich wörtlich aus dem Englischen übernommen (assistive technology), was im engeren Sinne Unterstützungstechnologien heißt, um visuelle, auf das Hören bezogene, physische, kognitive und kommunikative Einschränkungen so gut wie möglich zu kompensieren. Der im Deutschen gebrauchte Begriff AT erweitert den ursprünglichen Anwendungsbereich auf Rehabilitationsmaßnahmen sowie Technologien im Bereich Smart Home und der Mobilität.
3. Ziel:
Das Ziel von AT ist es, alle Menschen durch die Technik zu befähigen, selbstbestimmt und selbstständig ihren Alltag zu bewältigen. Eine Bevormundung durch oder Abhängigkeit von Hilfsmitteln soll ausgeschlossen werden. Ebenso soll die Verfügbarkeit von AT den sozialen Umgang mit Mitmenschen nicht ersetzen oder reduzieren, sondern bestenfalls intensivieren.
4. Wesentliche Merkmale:
AT fußt auf Hard- und Softwarelösungen, die mit besonderem Blick auf Ergonomie und Gebrauchstauglichkeit (Usability) durch frühe Nutzereinbindung konzeptioniert werden. Ethische und rechtliche Aspekte zusammen mit den sozialen Implikationen spielen beim Design von AT ebenfalls eine zentrale Rolle (ELSI, Ethical, Legal and Social Implications Issues). Bezüglich der Nutzer erfolgt bewusst keine Unterscheidung nach gesund, krank, jung, alt oder ob ein Assistenzbedarf angeboren oder im Laufe des Lebens erworben wurde. Die Nutzung von AT soll nicht stigmatisieren. Für den Erfolg von AT-Lösungen ist entscheidend, dass die Zugänglichkeit zu den Funktionen von den Nutzenden ohne Fachwissen oder zusätzliche Ausbildungen möglichst einfach und intuitiv erfasst werden kann. Gestaltungshinweise zu der sogenannten Barrierefreiheit werden in der Richtlinie zur „Ergonomie der Mensch-System-Interaktion – Teil 171: Leitlinien für die Zugänglichkeit von Software [ISO9241-171]“ gegeben. AT-Lösungen sind gemäß der Definition der World Health Organisation (WHO) solche, deren Hauptzweck darin besteht, die Funktion und Unabhängigkeit eines Individuums aufrecht zu erhalten oder zu verbessern, um die Teilnahme zu erleichtern und das allgemeine Wohlbefinden zu verbessern. Sie können auch dazu beitragen, Beeinträchtigungen und sekundäre Gesundheitszustände zu vermeiden.
5. Wesentliche Einsatzgebiete:
Die Einsatzgebiete von AT sind breit. Beispiele für Hilfsgeräte und Hilfstechnologien umfassen im Bereich Mobilität Rollatoren, Rollstühle oder Prothesen; im Bereich Kommunikation Hör- sowie Sehhilfen und synthetische Sprachsysteme (Talker). In der Häuslichkeit gibt es z.B. Smart Home Lösungen, Medikamentenerinnerungssysteme sowie Lichtsysteme zur Strukturierung des täglichen Lebens.
6. Unterscheidung von ähnlichen Begriffen:
AT-Lösungen unterliegen anders als bei der Medizintechnik in der Regel nicht der Prüfung nach dem Medizinproduktgesetz.
Autor:
Prof. Dr.-Ing. Frank Wallhoff
Instituts- und Studiengangsleiter
Jade Hochschule Wilhelmshaven / Oldenburg / Elsfleth
Wallhoff F. (2020) Assistive Technologien (AT). In: Matusiewicz D. Kusch C. (Hrsg.) Digital Health Lexikon, Health&Care Management, URL: hcm-magazin.de, Holzmann Medien, 2020.