Digitalisierung
Am Krankenhaus am Naemi-Wilke-Stift im brandenburgischen Guben setzt man auf eine neue digitale Spracherkennungslösung. Damit ist der Arztbericht fertig, sobald das Diktat abgeschlossen ist. Dieser Zeitgewinn zahle sich v.a. in Notfallsituationen aus.

Ärzte und Pflegepersonal stehen permanent unter Zeitdruck, nicht zuletzt wegen des großen Verwaltungsaufwands: Bis zu 40 Prozent der Arbeitszeit eines Krankenhausarztes entfallen auf administrative Tätigkeiten – etwa das Erstellen und Verwalten medizinischer Dokumentationen.
Sprachsteuerung sorgt für Zeitgewinn beim Erstellen von Dokumentationen
Hier kann digitale Spracherkennung bzw. -steuerung wertvolle Vorteile liefern. Zum Vergleich: Auf einer Tastatur lassen sich im Schnitt 40 Wörter pro Minute tippen. In derselben Zeit können 150 Wörter gesprochen werden, also fast viermal so viel. Eine digitale Spracherkennungslösung überträgt das Gesprochene in Echtzeit in eine digitale Zeichenfolge. „Der Entwicklungsschritt von der Spracherkennung zum Sprachverstehen ist dadurch deutlich kürzer“, erläutert Andreas Kassner, Sales Leader Clinical Solution bei 3M Central Europe. Dank KI kann zudem das Sprachprofil der Anwendenden mit jeder Korrektur automatisch trainiert. „Im Normalfall muss der Text anschließend nicht noch einmal überarbeitet werden – ein deutlicher Effizienzgewinn.“
Spracherkennung am Krankenhaus am Naemi-Wilke-Stift
Die Spracherkennungslösung M*Modal Fluency Direct von 3M ist bereits in zahlreichen Krankenhäusern weltweit im Einsatz, auf dem deutschen Markt ist das Unternehmen seit 2019 aktiv. Nicht nur große Kliniken, auch immer mehr kleine Häuser wollen von dem zeitsparenden Verfahren profitieren. Ein Beispiel hierfür ist das Krankenhaus am Naemi-Wilke-Stift im brandenburgischen Guben, ein modernes Gesundheitszentrum mit 151 Planbetten, das auf Orthopädie, Unfallchirurgie und Wirbelsäulentherapie sowie Innere Medizin und Chirurgie spezialisiert ist.
„Für uns war klar, dass wir das Geld, das wir im Rahmen des Krankenhauszukunftsgesetzes erhalten, u.a. zur Verbesserung unserer klinischen Dokumentation verwenden“, erklärte Paul Schulz, IT-Leiter im Naemi-Wilke-Stift. „Denn unser bisheriges Verfahren war im Blick auf die neuen Technologien nicht mehr zeitgemäß: Der Arzt sprach seinen Bericht in das Diktiergerät, die Schreibkräfte tippten die Audio-Datei ab. Anschließend wurde der Text mit dem Arzt abgestimmt.“ Dadurch habe die Fertigstellung eines Arztberichts meist Tage gedauert – in Urlaubszeiten sogar Wochen. „Mit 3M M*Modal wird der Text direkt beim Diktieren erstellt, die Spracherkennung filtert Hintergrundgeräusche heraus, funktioniert selbst beim Tragen einer Maske einwandfrei und wird mit der Zeit immer robuster bei der Erkennung. Damit ist das Dokument inhaltlich fertig, wenn der Arzt sein Diktat beendet hat.“
Spracherkennung unterstützt auch in Notfällen
Die beschleunigte Erstellung von Befunden macht sich besonders in Notfallsituationen bezahlt, wenn Zeit knapp ist. Auch die Patienten und Patientinnen profitieren, da ihre Fälle umfassend und lückenlos dokumentiert werden – von der Aufnahme bis zur Entlassung. Nachdem der Arzt/die Ärztin den Bericht diktiert hat, kann der Patient/die Patientin diesen sofort mitnehmen, etwa bei Verlegung in eine andere Fachklinik oder zur Vorlage beim Hausarzt. Außerdem steigt die Qualität der Dokumentation, da Rückfragen von Seiten der Kodierfachkräfte und Qualitätskontrolle entfallen. Insgesamt werden die Arbeitsabläufe im Krankenhaus effizienter und die klinische Dokumentation MD-sicherer.
Neugestaltung der Prozesse angestoßen durch Spracherkennung
Der Einsatz der Lösung hat die internen Prozesse im Naemi-Wilke-Stift positiv verändert: „Die Schreibdienste müssen keine Arztberichte mehr abtippen und haben somit mehr Ressourcen für das Dokumenten-Management“, beschreibt Schulz. „Da das ärztliche Personal die Vorteile der Lösung schnell erkannte, war es kein Problem, sich an ein paar Klicks mehr zu gewöhnen.“ Die Akzeptanz war laut Schulz von Anfang an hoch: „Wir sind ein vergleichsweise kleines Krankenhaus. Die Atmosphäre ist familiär, jeder kennt jeden. Und das ist ein wesentlicher Vorteil, wenn es darum geht, Anwender zu überzeugen und Prozesse zu verändern. Alle waren hoch motiviert und haben an den Schulungen teilgenommen – vom erfahrenen Chef- bis zum Assistenzarzt.“
Weniger Admin-Aufwand im Krankenhaus am Naemi-Wilke-Stift
Die Einführung von M*Modal verlief aber auch dank der umfassenden Unterstützung durch 3M reibungslos. Die fünf Ärzte, die die Lösung in einer Pilotphase testeten, waren nach kurzer Zeit überzeugt. Und bereits nach drei bis vier Wochen war die Implementierung der neuen Lösung im Naemi-Wilke-Stift abgeschlossen. Dass die Umsetzung so reibungslos funktioniert hat, war eine Überraschung für Schulz: „Wir sind in der IT-Abteilung aktuell unterbesetzt – somit ist es nicht selbstverständlich, ein solches Projekt mit weitreichenden administrativen und organisatorischen Veränderungen in so kurzer Zeit umzusetzen.“ Dazu beigetragen habe auch, dass die Lösung in der Cloud gehostet wird: „M*Modal wird zum großen Teil durch 3M verwaltet, dadurch hat der Administrationsaufwand insgesamt abgenommen.“ Auch 3M-Manager Kassner zeigt sich erfreut über den positiven Verlauf des Projekts: „Wir unterstützen zahlreiche große Kliniken mit unserer Lösung. Dass aber ausgerechnet ein kleines Haus die Software innerhalb von drei Wochen implementiert hat, ist eine Erfolgsgeschichte.“
Die Cloud garantiert ein Höchstmaß an Datensicherheit und Verfügbarkeit
Der Betrieb erfolgt als private Cloud per VPN. Regelmäßige Risikoanalysen, Penetration-Tests, Schulungsmaßnahmen und vieles mehr sorgen für ein Höchstmaß an Datensicherheit, die bei sensiblen Informationen wie Patientendaten besonders wichtig ist. Durch die Zusammenarbeit mit AWS kann das Krankenhaus die Anforderungen der DSGVO (Datenschutzgrundverordnung) einhalten und Risiken minimieren. Alle Daten werden ausschließlich in Deutschland in der Region Frankfurt am Main gehostet und verschlüsselt übertragen. „Bislang sind die regelmäßigen Folgeabschätzungen und Tests, die in Bezug auf den Datenschutz durchgeführt wurden, immer positiv ausgefallen“, fasst IT-Leiter Schulz zusammen.
Effizienzsteigerungen, Einsparungen von Arbeitszeit sowie eine erhöhte Qualität in der Dokumentation – das Naemi-Wilke-Stift in Guben ist eines von vielen Beispielen dafür, dass die Cloud bei der Modernisierung des Gesundheitswesens mittlerweile eine zentrale Rolle spielt. Das Einsparpotenzial ist enorm, wie eine Studie des AWS Economic Centres belegt. Demnach lassen sich durch die Migration in die Cloud in den nächsten fünf Jahren in der EU und UK zusammen rund 14,4 Milliarden Euro einsparen – das entspricht 5.665 Euro pro Krankenhausbett.
Naemi-Wilke-Stift: Ausbau der Spracherkennungslösung geplant
Auch das Naemi-Wilke-Stift sieht sich für die Zukunft gut gerüstet. „Wir bieten regelmäßig Schulungen an, um die bestehenden Prozesse noch effizienter zu gestalten und neue Ärzte und Ärztinnen in die Lösung einzuweisen“, sagt Schulz. Geplant ist zudem die Nutzung der Echtzeithinweise von 3M M*Modal CDI Engage, mit denen sich die Dokumentationsqualität noch weiter verbessern lässt. Die optionale KI-Funktion prüft den Text auf Basis der digitalen Patientenakte auf Vollständigkeit und liefert während des Diktats intelligente Hinweise, um Fehler zu vermeiden oder bestehende Lücken in der Dokumentation zu schließen. Der Anwender kann per Sprachbefehl Korrekturen vornehmen.
Auch zusätzliche Einsatzgebiete der 3M-Lösung sind laut Schulz denkbar – etwa Spracheingaben während einer Operation oder die Navigation im KIS über Sprachbefehle.
Nicht zu unterschätzen ist aber auch ein weiteres Argument für die Lösung: Ihre Verwendung bietet Krankenhäusern die Möglichkeit, sich als fortschrittlicher Gesundheitsdienstleister und attraktiver Arbeitgeber zu positionieren, betont Kassner.
Kontakt zum Autor
Jens Dommel, Head of Healthcare EMEA, AWS, Aws-pr@amazon.com