Wege aus der wirtschaftlichen Schieflage „Am Bett wird nicht gerechnet“

Unter Rudolf Mintrop konnte die drohende Insolvenz des Klinikums Dortmund abgewendet werden. Dem Klinikmanager gelang der Spagat zwischen Wirtschaftlichkeit, Patientenorientierung und Mitarbeiterwohl. Seit Januar 2022 ist er im Ruhestand. Ein Rückblick auf seine Arbeit, die inspiriert. Rudolf Mintrop hat eines der größten Krankenhäuser in Nordrhein-Westfalen nach seinem Amtsantritt 2012 wieder auf Erfolgskurs gebracht. Dem damals stark angeschlagenen Klinikum stand die Privatisierung bevor, die Mintrop abgewendet hat. Vor Beginn der Pandemie erwirtschaftete das Haus einen Überschuss von 7,6 Millionen Euro. Im Januar 2022 übergab er Marcus Polle, seinem Nachfolger, die kaufmännische Leitung des Maximalversorgers mit rund 1.400 Betten und mehr als 4.600 Mitarbeitenden. Eine negative wirtschaftliche Ausgangssituation eines Krankenhauses kann mit dem richtigen kaufmännischen Ansatz in ein beispielhaftes Erfolgskonzept gewandelt werden. Rudolf Mintrop, bis vor Kurzem noch Vorsitzender der Geschäftsführung des Klinikums Dortmund, ist genau dies gelungen. Dabei ist das Klinikum Dortmund mit rund 4.600 Mitarbeitenden, 600 Ausbildungsplätzen und 1.400 Betten einer der Maximalversorger in Dortmund und Umgebung. Schwarze Zahlen, dank „gelebter Führerschaft“ Kurz vor Ausbruch der Covid-19-Pandemie erwirtschaftete das KlinikumDortmund einen Überschuss von 7,6 Millionen Euro und konnte damit das Geschäftsjahr 2019 erfolgreich abschließen. Ein Blick zurück zeigt, dass das Klinikum lange als Sanierungsfall galt. So konnte eine drohende Insolvenz im Jahr 2009 durch Hinzunahme einer Unternehmensberatung abgewendet werden. Als Mintrop 2012 die Führung übernahm dauerte es exakt ein Jahr, bis das Haus wieder schwarze Zahlen schrieb – bis heute. Was wie eine glückliche Fügung aussehen mag, ist für Mintrop der Erfolg von „gelebter Führerschaft“. Er verzichtete auf kostspielige Unternehmensberatungen und ersetzte die betriebswirtschaftliche Steuerung und das Controlling durch eine Unternehmensphilosophie, die geprägt ist von gelebten Werten. Mintrop erarbeitete eine interne „Kodex-Vereinbarung“: Kein Marketing-Instrument, sondern wirkungsvolles internes Kommunikationsmanagement. Die darin festgelegten Leitsätze wie „Am Bett des Patienten wird nicht gerechnet“ sind wichtiger Bestandteil der gelebten Führungs- und Unternehmenskultur. Die transparente Dialogbereitschaft, so Mintrop, sei zentraler Dreh- und Angelpunkt und ungleich wichtiger, statt nur zu rechnen und sich allein auf Zahlenwerke zu fokussieren. Mintrop beschreibt den Weg des Klinikums aus der wirtschaftlichen Schieflage als „Fieberkurve“ und erklärt: „Im Jahr 2001 wurde für die Einrichtung die Rechtsform einer GmbH gewählt. Zehn Jahre lang schrieb man damals rote Zahlen, Tendenz steigend. Im Jahr 2009 konnte eine drohende Insolvenz durch einen Kredit der Stadt Dortmund abgewendet werden und damit ebenfalls eine mögliche Privatisierung.“ Jede Person mitnehmen – so gut wirkt ein gemeinsames Ziel Mintrops erster Feldzug 2012 begann nach dem Amtsantritt als kaufmännischer Leiter mit der Prüfung von Verantwortlichkeiten. Ein vorherrschendes imaginäres Mantra wie ein Haus solcher Größe könne keine Gewinne erwirtschaften, hing wie ein Damoklesschwert über der Klinik und hatte sich zudem auch in vielen Köpfen der Mitarbeiterschaft verankert. Das damals vorherrschende Mindset „Systembedingt kann das Klinikum keine schwarzen Zahlen schreiben“ konnte Mintrop vollständig auflösen – mit einem Glaubenssatzsystem. Damit gelang es Mintrop an mehreren verschiedenen Stellschrauben gleichzeitig zu drehen. Ein wesentlicher Hebel dabei war die Kommunikation. Damit gelang es ihm, blockierende Glaubenssätze aufzulösen und diese durch positive und zukunftsweisende Kodex -Vereinbarungen zu ersetzen. Primär stellte er für alle Mitarbeitende das Ziel in den Fokus, die drohende Privatisierung des Klinikums zu verhindern. Die Beschäftigten haben dabei alle mitgezogen und so war es möglich eine Leistungssteigerung von 6,5 Prozent zu erzielen, die im Ergebnis erstmals eine schwarze Zahl schrieb. Dieses gemeinschaftliche Vorgehen sorgte sogar dafür, eine Vollauslastung zu erreichen. "Mit dem Strategiepapier gelang es uns ins ruhige Fahrwasser zu kommen. Dabei habe ich immer auf starke Mitarbeitende gesetzt."Rudolf Mintrop Interne Arbeitsgruppen statt Unternehmensberatung „Ein weiterer Bestandteil auf dem Weg zum Erfolg war unsere bewusste Entscheidung gegen eine externe Unternehmensberatung oder Organisationsentwicklung“, betont Mintrop. „Damit macht man die eigenen Mitarbeitenden zum Zug Bauer seiner Arbeit“, gesteht der erfahrene Klinikleiter. Damit ein solches Vorgehen gelingt, braucht es ein durchdachtes Strategiepapier, das alle drei Jahre angepasst wird. Damit gelang es dem Klinikum in „ruhiges Fahrwasser zu kommen“. Die zunehmend positivere Berichterstattung in der regionalen Presse, hat sich direkt positiv auf die Mitarbeiterwahrnehmung ausgewirkt.Das aktuelle Bauvorhaben des Klinikum Dortmunds mit einer Bausumme von 60 Millionen Euro konnte ohne Fördergelder aus eigener Kraftdurch die permanente Erwirtschaftung von Überschüssen und einer soliden Rücklagenbildung umgesetzt werden. Die ehemalige Rendite von 5.000.000 Euro pro Jahr liegt jetzt stabil bei sieben Prozent, diese konnte im Laufe der Zeit bei dreißig Fachabteilungen und Interdisziplinenetabliert werden. Möchte man diesen herausragenden Erfolgsweg herunterbrechen, so kristallisieren sich drei Hauptmerkmale heraus: • transparente Dialogbereitschaft mit Festlegung von Verantwortlichkeiten,• keine reine Führung des Klinikums über betriebswirtschaftliches Controlling sowie• die Initiierung und Implementierung von Kodex–Vereinbarungen. So zeigt sich im Ergebnis ein ansehnlicher Erfolg, der als Paradebeispiel für die zukünftigen Herausforderungen vieler Kliniken steht.Der Weg des Klinikums Dortmund macht deutlich, dass das Zahlenwerk allein nicht als treibende Kraft zum Erfolg beiträgt. Vielmehr folgt es alsEndprodukt einer klaren strategischen Ausrichtung. Ökonomie und Menschlichkeit sind also keine Widersprüche; sie bedingen einander und ermöglichen Wachstum. Mut und Vertrauen haben hier ein starkes Fundament für erfolgreiches Wachstum gebildet.Rudolf Mintrop ist nun im Ruhestand. Seinem Nachfolger Marcus Polle hinterlässt er große Fußstapfen. Der Kodex des Klinikums Dortmund „Unser Kodex. Was uns wichtig ist“, lautet der Titel der Kodex-Vereinbarung des Klinikums Dortmund. Darin ist für alle vereinbart, nach welchen Werten im Haus gelebt und gearbeitet wird – auf allen Ebenen. Adressiert werden die Bereiche Patientenorientierung, Mitarbeiterorientierung, Wirtschaftlicher Umgang mit Ressourcen, Strukturen und Prozesse sowie Führung. Einer der wohl maßgebendsten Sätze lautet „Am Bett des Patienten wird nicht gerechnet“. Der Kodex ist in der Digitalversion des Beitrags abrufbar. www.hcm-magazin.de Kontakt zur Autorin: Simone Maria Vossen, Kontakt: mail@simonevossen.com

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