Mangel an rechtfertigender Indikation bei Röntgenuntersuchungen Abrechnungsbetrug

Ein Kerngedanke der Leistung und auch der Kompetenz der Fachärzte für Radiologie – als auch anderer Röntgenanwender wie Orthopäden, Zahnärzten – ist die Stellung der sogenannten rechtfertigenden Indikation nach §§ 119, 83 Abs. 3 StrlSchV (früher § 23 Abs. 1 RöV).Dort heißt es: „Der die rechtfertigende Indikation stellende Arzt oder Zahnarzt hat neben der Einhaltung der Anforderungen nach § 83 Absatz 3 des Strahlenschutzgesetzes zu prüfen, ob es sich bei der vorgesehenen Anwendung ionisierender Strahlung oder radioaktiver Stoffe um ein anerkanntes Verfahren nach den Erfordernissen der medizinischen Wissenschaften oder um einen Heilversuch handelt, dessen Durchführung durch den Arzt oder Zahnarzt besonders zu begründen ist.“ Danach muss der gesundheitliche Nutzen für Patienten gegenüber dem Strahlungsrisiko überwiegen. Ebenso darf es nicht nur ein Heilversuch sein. Dies gilt auch, wenn die Untersuchungen auf Anforderungen eines anderen Arztes erfolgen. Der Strahlungsanwender ist immer in der Verantwortung und muss den Patient ggf. untersuchen können. Wer dies nicht tut, handelt schon röntgenrechtlich mindestens ordnungswidrig. Jedoch kann es auch zu anderen Konsequenzen kommen. Das Landgericht Saarbrücken verurteilte am 19. Novemer 2019 (Az.: 2 KLs 5/18) einen Radiologen wegen Betruges zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr auf Bewährung. In der radiologischen Praxis wurden Patienten vom Personal anhand eines vorher vom Arzt unterzeichneten Erklärungsbogens, der auf die entsprechende CT- bzw. Röntgenanforderung zugeschnitten war, aufgeklärt und erhielten dann die radiologische Untersuchung, die angefordert worden war. Der Angeklagte befundete im Anschluss. Dann sah der Patient zum ersten Mal einen Arzt. Bei diesem Praxisablauf konnte eine rechtfertigende Indikation also schon gar nicht gestellt werden. AbrechnungsbestimmungenDas Gericht wertete es als Täuschung, dass der Arzt in der Abrechnungssammelerklärung behauptete, alle Leistungen unter Einhaltung der Abrechnungsbestimmungen des EBM erbracht zu haben. Die Einreichung der Quartalsabrechnungen, in denen der Angeklarte jeweils bewusst wahrheitswidrig versichert hat, die abgerechneten Leistungen seien nach dem EBM abrechnungsfähig gewesen, begründet jeweils die Täuschungshandlung im Sinne des § 263 Abs. 1 StGB. Der EBM verlangt, dass alle Maßnahmen nach geltendem Strahlenschutzrecht erbracht werden. Dabei hatte er keine Stellung der rechtfertigenden Indikationen vorgenommen. Dies sei Betrug. Die Kammer hat sämtliche Einzelstrafen dem Strafrahmen des § 263 Abs. 3 S. 2 Nr. 1 StGB entnommen, weil der Angeklagte jeweils zur Schaffung einer nicht nur vorübergehenden Einnahmequelle von einigem Umfang, mithin gewerbsmäßig im Sinne der Vorschrift gehandelt hat. Rechtfertigende IndikationDas Urteil macht deutlich, dass die Stellung der rechtfertigenden Indikation zu einer Kernkompetenz jedes Strahlenanwenders gehört. Wer die entsprechende Fachkunde zum Strahlenschutz hat, wird darin auch ausgebildet. Wer betriebswirtschaftlich seine Abläufe so optimiert, dass derartiges vor Röntgen- und CT-Untersuchungen nicht stattfindet, handelt laut Gericht betrügerisch. Die Stellung der rechtfertigenden Indikation sollte immer stattfinden und entsprechend dokumentiert werden. Ist das nicht der Fall, muss ein Arzt neben einer Betrugsverurteilung immer noch mit zulassungs- und approbationsrechtlichen Konsequenzen rechnen – und einer Regressforderung, die im obigen Fall 230.000 Euro betrug. Falschabrechnungen, die institutionalisiert werden und über mehrere Jahre hinweg erfolgen, führen in der Summe meist zu erheblichen Schäden, die strafrechtlich entsprechend sanktioniert werden. In diesen Fällen ist ein Approbationsentzugsverfahren die logische Folge. Oft trifft dies die Betroffenen unvorbereitet, weil sie davon ausgingen, dass mit dem Abschluss des Strafverfahrens die Angelegenheit erledigt ist. Dies ist bei der Verfahrenstaktik im Strafverfahren zu berücksichtigen, damit das Verhalten im Strafverfahren später nicht zum Bumerang wird.

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